Pappritz-Archiv

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Erica Pappritz

Erica Pappritz (* 1893 in Berlin; † 4. Februar 1972 in Bonn) in der Bundeshauptstadt Bonn, zuweilen irrtümlich als Gräfin geführt, war in der Adenauer-Ära stellvertretende Protokollchefin im Auswärtigen Amt und löste in den 1950ern und 1960ern eine Diskussion des Ehrenkodexes aus, den sie der Bonner Republik zu verordnen suchte.

Inhaltsverzeichnis

Biographie

Erica Pappritz war Tochter eines Offiziers. Sie wollte ursprüngliche Krankenpflegerin, Krankenschwester oder Ärztin werden. Ihre Eltern waren aber dagegen, so dass sie diese Karriere nicht einschlug.

Nach einer kaufmännischen Ausbildung nahm Erica Pappritz 1919 eine Tätigkeit im Bürodienst der neu eingerichteten Außenhandelsstelle des Auswärtigen Amts an und wurde später Mitarbeiterin des Leiters der Annahme- und Ausbildungsabteilung des diplomatisch-konsularischen Nachwuchses. Bis Kriegsende blieb sie in verschiedenen Positionen im Auswärtigen Amt in der Wilhelmstraße (Berlin-Mitte), zuletzt als Leiterin des Referats "Zeremonial- und Rangfragen". Zu ihren Aufgaben gehörte nach eigenen Angaben auch die Betreuung des Diplomatischen Corps auf den Reichsparteitagen in Nürnberg.

  • Vor Kriegsende setzte sie sich auf dienstliche Anweisung mit anderen Staatsbeamten nach Bayern ab. 1948 erhielt Sie einen Ruf von Konrad Adenauer, dem sie anfang der 30er Jahre bereits in Berlin begegnet war.
  • 1949 wurde sie Referentin und persönliche Stellvertreterin des damaligen Protokollchefs im Bundeskanzleramt, Hans Herwarth von Bittenfeld; 1950 erfolgte die Übernahme in die dem Bundeskanzleramt unterstehende Dienststelle für Auswärtige Angelegenheiten, dem späteren Auswärtigen Amt. Ein Jahr später wurde sie zur Legationsrätin erster Klasse ernannt, ein Rang, der erstmals in der Geschichte des deutschen Auswärtigen Amts einer Frau verliehen wurde. Bis zu ihrem Ruhestand im Jahre 1958 blieb die 1952 schließlich zur Vortragenden Legationsrätin erster Klasse ernannte Pappritz als Referatsleiterin in der Protokollabteilung in der Funktion der sogenannten "Vize-Protokollchefin" und war - zunächst in der Ausbildungsstätte des Auswärtigen Amts in Speyer, später in Bonn - für die Ausbildung des Diplomatennachwuchses auf dem Gebiet des Protokollwesens verantwortlich.

Bis in die Gegenwart reicht die Erinnerung an sie, die nicht zuletzt die protokollarischen Angelegenheiten der jungen Bundesrepublik prägte. Ihre umfassenden Kenntnisse waren speziell beim Wiederaufbau der bundesrepublikanischen Protokollabteilung hilfreich, da ein Teil der Aufzeichnungen über das staatliche Protokollwesen während des Zweiten Weltkriegs verloren gegangen war.

Noch während ihrer Diplomatenzeit nahm Erica Pappritz mit Kenntnis von Bundeskanzler Konrad Adenauer das Amt der Vize-Großmeisterin der Gemeinschaft "Alexander Orden pour le Mérite" an. Ordenspatron Griechenlands König Paul hatte dies bei einem Staatsbesuch in Bonn angeregt, um seine Schwiegermutter, Prinzessin Viktoria Luise, in dieser Aufgabe zu entlasten. Die Tochter des letzten Deutschen Kaisers Wilhelm II. übertrug schließlich 1968 das Ehrenamt der „Großmeisterin“ an die deutsche Diplomatin. Später übernahm der französische Schriftsteller Roger Peyrefitte das Amt des „Grandmaster“ und berief 1990 Konsul B. John Zavrel zum Kanzler des internationalen Ordens.

1956 erschien das erste "Das Buch der Etikette", an dem sie mitgeschrieben hatte, zum Preis von 26 Deutschen Mark. Es galt in den 1950er Jahren als "Bibel der guten Sitten" und gab Benimmregeln bis ins kleinste Detail vor. Neben den Regeln für gutes Benehmen und passende Kleidung reichte es dabei sogar soweit, dass vorgeschrieben wurde, in welcher Häufigkeit die Toilettenspülung zu betätigen sei.

Der Deutsche Bundestag beschäftigte sich sogar in einer Debatte mit dem Buch. So kritisierte die SPD-Politikerin Annemarie Renger insbesondere die Tatsache, dass Pappritz dem Buch durch ihre Mitautorenschaft einen amtlichen Charakter verliehen hätte. Die damalige Alterspräsidentin des Bundestags, Marie Elisabeth Lüders, bezeichnete es als arrogant, anrüchig und taktlos. Ihrer Meinung passte die Kombination, dass Pappritz populäre Bücher schreibe und gleichzeitig im Auswärtigen Amt in verantwortlicher Position tätig sei, nicht zusammen. Das Auswärtige Amt antwortete auf eine entsprechende kleine Anfrage, dass Pappritz ausschließlich privat schriftstellerisch tätig gewesen, und das Buch nicht Grundlage der Diplomatenausbildung sei. Auch der Hauptautor Karlheinz Graudenz nahm sie in Schutz, und betonte, dass Pappritz dabei primär als Beraterin gewirkt habe. Ungeachtet dieser offiziellen Kritik wurden auch die darauf folgenden unter ihrer wesentlichen Mitarbeit erweiterten Neuauflagen des nunmehr unter dem Titel "Etikette neu" erschienenen Buches zu einem Bestseller und blieben noch bis in die 1970er populär. "Die Pappritz" gilt über ihren Tod hinaus als eine Art Markenzeichen für den guten Ton in der Gesellschaft.

Die Diplomatin blieb in der internationalen Gesellschaft ein gern gesehener Gast. Ihre Autorenarbeit setzte sie bis zu ihrem Tod als Kolumnistin für Zeitungen und Zeitschriften fort. Ihr Autorenbüro in Bonn leitete der Diplomatische Korrespondent Joe F. Bodenstein. Sie publizierte regelmäßig in Schriften des Bauer-Verlages Hamburg. U.a. widmete ihr die Illustrierte Stern medienwirksame Aufmerksamkeit.

Pappritz-Archiv

Das nach ihrem Ausscheiden aus dem Auswärtigen Dienst 1959 gegründete Erica Pappritz-Archiv bewahrt das Erbe der Protokoll- und Etikette-Expertin. Seither tritt das Archiv für die Erhaltung der guten Sitten beim Umgang mit Menschen ein. Es sorgt sich um den Erhalt des Ehrenkodexes, den die Diplomatin für das Protokoll und die Umgangsformen aufgestellt hat. Die Autorin wird in der Nachfolge des deutschen Adeligen Adolph Freiherr Knigge (1752–1796) gesehen. Das Pappritz-Archiv nimmt seither auch die Urheber- und Folgerechte wahr. Eine Neuauflage ihres Buches war unter dem Arbeitstitel "Der Neue Pappritz" vorbereitet, durch den Tod jedoch bisher nicht realisiert worden.

Im Archiv befindet sich folgendes Zitat der Etikette-Expertin: "Ich kann nur darlegen, wie durch ein rücksichtsvolles und "gutes" Benehmen das Leben in der menschlichen Gesellschaft angenehmer und leichter verläuft. Jeder ist frei, Ratschläge, die auf langen Erfahrungen beruhen, anzunehmen. Wer sich an solche Lebensweisheiten nicht hält, für den muss gelten: Jeder blamiere sich wie er kann."

Literatur

  • Karlheinz Graudenz, Das Buch der Etikette, unter Mitarbeit von Erica Pappritz (Marbach am Neckar: Perlen-Verlag, 1956).
  • Karlheinz Graudenz/ Erica Pappritz, Etikette neu, 12., völlig neu bearb. Aufl. (München: Südwest-Verlag, 1971), ISBN 3-517-00026-4.
  • Erica Pappritz, "Etikette neu – Der Knigge aus den Wirtschaftwunderjahren", aktuelle Aufl., Verlagsanstalt Handwerk Düsseldorf 2008 /Pappritz-Archiv Bonn, ISBN 978-3-87864-919-9.

Sekundärliteratur

  • Biographie in Gewandt, geschickt und abgesandt. Frauen im diplomatischen Dienst, herausgegeben von Ursula Müller und Christiane Scheidemann (München: Olzog Verlag, 2000), ISBN 3-7892-8041-0.
  • Das erica-pappritz-archiv bewahrt ihr schriftstellerisches Erbe.

Weblinks


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