Rabehl

Rabehl
Bernd Rabehl 2009

Bernd Rabehl (* 30. Juli 1938 in Rathenow) ist ein deutscher Autor und war eines der bekanntesten Mitglieder des Sozialistischen Deutschen Studentenbunds (SDS).


Inhaltsverzeichnis

Leben

Über Kindheit und Jugend Bernd Rabehls im Nationalsozialismus und in der beginnenden DDR sind bislang kaum Quellen verfügbar gemacht worden. In dem selbstverfassten Biogramm zu seiner Dissertation (Marx und Lenin, 1973) schrieb er, die "antifaschistische Grundschule, die Mitgliedschaft in der FDJ, die Oberschule" und die "Tätigkeit als Hilfsarbeiter" hätten nachhaltigen Einfluss auf seine Erziehung gehabt.

Im Rückblick (2007), in einem Interview mit dem häufig wegen geschichtsrevisionistischer Film-Produktionen kritisierten Michael Vogt (für secret TV), erinnert sich Rabehl an frühe Prägungen zur nationalen Frage. Er zitiert in dem Interview ein Lied von Bertolt Brecht, das zu seiner FDJ-Zeit gesungen wurde: "Adenauer, Adenauer zeig Deine Hand, für 30 Silberlinge verkaufst Du unser Land."[1]

1960 nahm er für zwei Semester ein Studium der Agronomie an der Humboldt-Universität zu Berlin auf, ging jedoch noch vor dem Mauerbau nach Westberlin und begann an der Freien Universität Berlin Soziologie und Philosophie zu studieren. Als Fluchthelfer schleuste er - so sagen es später von ihm selbst verfasste Lebensläufe - nach dem Mauerbau Freunde und Bekannte aus der DDR. Damit und auch mit seinen politischen Schriften handelte er sich ein langjähriges Einreiseverbot in den Ostblock ein.

Der Mauerbau 1961 war ein entscheidendes Ereignis nicht nur für Rabehls Haltung zum Osten, sondern auch für seine Haltung zum Westen. In einem 1968 publizierten Aufsatz, schrieb er, dass „die gutgläubigen Studenten und die Arbeiterjugend“ versucht hätten die Mauer zu stürmen(er selbst und Dutschke seien mit dabei gewesen). „Sie fälschten Pässe, gruben Tunnel, zerschnitten Zäune oder malten ihre Parolen von der Freiheit an den Zement ... Die Ernüchterung folgte schnell und zog die Erkenntnis nach sich, dass der Mauerbau mit Zustimmung der USA stattgefunden hatte.“ Die Vereinigten Staaten von Amerika hätten sich mit dieser Bestätigung der Verabredungen von Teheran, Jalta und Potsdam gleichzeitig darauf festgelegt, „ungestört die Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt zu zerschlagen“. Auch die Haltung der bundesdeutschen Politiker zum Mauerbau habe erkennen lassen, „dass sie nicht zur ‘entscheidenden Tat’ bereit waren“, das Mittel des Krieges sei ihnen „durch die innerkapitalistische Machtaufteilung nach dem Zweiten Weltkrieg verwehrt“ gewesen. [2]

Rabehl war in den Sechziger Jahren ein enger Freund und Wegbegleiter Rudi Dutschkes. 1962 stießen sie gemeinsam zur Gruppe "Subversive Aktion", die von Dieter Kunzelmann u. a. in München gegründet worden war. Die Gruppe hatte Außenstellen in Tübingen, Stuttgart, Frankfurt am Main und in Westberlin. Sie machte mit künstlerisch-provokatorischen Aktionen auf sich aufmerksam.

Im Rückblick (1988) schilderte Rabehl seine eigene Situation und die Dutschkes in dieser Gruppe so: "... wir lesen jetzt hier im Westen erst einmal die Kritiken an der DDR, weil wir noch zu sehr DDR´ler sind. Wir lesen Trotzki, wir lesen Bakunin, wir lesen Carola Stern; kurzum alle Sachen, die sich mit der Frage auseinandersetzen, was das eigentlich für eine Gesellschaft ist, aus der wir kommen. Und gleichzeitig bemühen wir uns, den Westen kennenzulernen. So treffen sich also ästhetisch-künstlerische Eklektiker mit politisch-entwurzelten Eklektikern. Denn Eklektiker waren wir auch, d. h., wir hatten keine feste Weltanschauung, wir haben uns nur Bruchstücke genommen. Und wir diskutieren jetzt darüber, was eigentlich zu machen ist oder ob nichts zu machen ist.".[3]

Sozialistischer Deutscher Studentenbund (SDS)

1965 trat Rabehl zusammen mit Dutschke dem SDS bei. Wie Reinhold Strecker in einem kürzlich publizierten Interview zeigt, führte der Einfluß von Dutschke, Rabehl u. a. im SDS dazu, dass dessen Initiativen, die NS-Vergangenheit der Bundesrepublik zu bearbeiten, mehr oder minder aufgegeben wurden.[4] Peter Schneider berichtet in seinem Buch "Rebellion und Wahn", wie Rudi Dutschke damals auf die Frage antwortete, ob der SDS nicht stärkere Initiativen zur Aufarbeitung des Nationalsozialismus unternehmen solle. Dutschke sagte: "Wenn wir das anfangen, verlieren wir unsere ganze Kraft. Eine solche Kampagne ist von unserer Generation nicht zu verkraften, aus dieser Geschichte kommen wir nicht mehr heraus. Man kann nicht gleichzeitig den Judenmord aufarbeiten und die Revolution machen. Wir müssen erst einmal etwas Positives gegen diese Vergangenheit setzen."[5]

1967/68 war Rabehl im Bundesvorstand des SDS tätig. Intern ließ Rabehl bereits 1967 ein Papier zirkulieren, in dem er die Übertragung des so genannten "Befreiungsnationalismus" Frantz Fanons auf die deutschen Verhältnisse vorschlug. In diesem Papier hieß es: "Die marxistische Linke muß Ansätze des Nationalismus weitertreiben, gerade auf den neuralgischen Punkt, daß Deutschland geteilt wurde durch den Bundesgenossen USA, der diese Teilung ab Teheran sanktionierte. ... Der Nationalismus in dieser Form ist eine Art Sammlung, schafft ein Bündnis zwischen den einzelnen Sozialisten, die dadurch politisch wirksam werden können."[6]

Auch Dutschke dachte national. Er entwickelte 1967 Ideen für eine Strategie zur Vereinigung der beiden deutschen Staaten. Westberlin sollte eine Räterepublik werden, aus seiner Verbindung mit Westdeutschland herausgelöst werden und so auf West- und Ostdeutschland ausstrahlen, dass am Ende ein aus den Blöcken NATO und Warschauer Pakt herausgelöstes sozialistisches vereintes Deutschland herauskäme.

1969/70 war Rabehl einer der Initiatoren der sogenannten "Ruhrkampagne". Dies war zunächst nur ein Lesezirkel, der das Ruhrgebiet für die revolutionären Studenten erobern wollte, allerdings wollte man erst ein Lenin- und Stalin-Lektüreprogramm absolvieren, vor Ort Erkundigungen einziehen und eine Orts- und Klassenanalyse anfertigen. In diesem Kontext entstand u. a. Rabehls Schrift über die DKP. Die Ruhrkampagne kam nie im Ruhrgebiet an. Ein Teil der Aktivisten, nicht Rabehl, gründeten später die KPD/ML.[7]

1973 schloss Rabehl seine Dissertation ab. Dutschkes Witwe Gretchen Dutschke berichtet in ihrer Rudi-Dutschke-Biografie, es sei über die Arbeit zu einem schweren Konflikt mit Dutschke gekommen, der darauf bestand, Rabehl habe von ihm für seine Dissertation die Idee der Analyse der Sowjetunion als zeitgenössische „Asiatische Produktionsweise“ mehr oder minder abgeschrieben. Rabehl bestreitet das.[8]

In den 1970er Jahren war Rabehl Mitglied der Redaktionskonferenz der Zeitschrift „Probleme des Klassenkampfs“ und des Rotbuchkollektivs. Zwischen 1973 und 1984 arbeitete er zunächst als Mitarbeiter und Dozent am Soziologischen Institut der Freien Universität Berlin. Danach war er mehrere Jahre als Gastprofessor an der Bundesuniversität von Campina Grande (Brasilien) tätig. Neben zahlreichen Artikeln veröffentlichte er mehrere Monographien zu Marxismus und Arbeiterbewegung. Nach seiner Rückkehr lehrte und forschte er viele Jahre am Zentralinstitut für sozialwissenschaftliche Forschung (ZI 6), zuletzt am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin.

Nach dem Zusammenbruch der DDR arbeitete Rabehl im Forschungsverbund SED-Staat unter anderem zur Einflussnahme des MfS auf den SDS. Zusammen mit Siegwart Lönnendonker und Jochen Staadt veröffentlichte er in diesem Zusammenhang Beiträge zu einer Geschichte des SDS. Rabehl beschrieb in den Beiträgen zu diesem Projekt den SDS vor allem als "Provokationselite". Er stellte auch die Verschiedenheit der Interessen von Flüchtlingen aus der DDR und Westlern im SDS heraus. Rudi Dutschkes Hauptinteresse habe demnach nicht, wie bei den Westlern, dem „Internationalismus“, sondern der „Deutschen Frage“ gegolten. Deutschland sei für Dutschke und andere „DDR-Abhauer“ im SDS ein von den Besatzungsmächten in Unfreiheit gehaltenes Land gewesen

"Danubia-Rede"

Ende 1998 hielt Bernd Rabehl in München eine Rede vor der Burschenschaft Danubia. Dort warnte er unter anderem vor einer kulturellen „Überfremdung“ Deutschlands, die bereits jetzt bürgerkriegsähnliche Zustände und den Terrorismus in Deutschland und Europa befördere. Darüber hinaus behauptete er in seinem Vortrag, dass die "Antifa-Linke" und "bestimmte Medien im In- und Ausland" dieses Thema tabuisierten. Auf der Internetseite der Burschenschaft wird der umstrittene Redetext wie folgt wiedergegeben: "Dieses Problem der Überfremdung und der Auflösung einer nationalen Kultur soll nicht besprochen werden. Die Antifa-Linke steht hier bewusst in einem Bündnis mit bestimmten Medien im In- und Ausland, die deutsche Kulturintelligenz in die Schuldfrage der Verbrechen im II. Weltkrieg einzubinden. Würde dieses Anliegen einer Tabuisierung der deutschen Frage aufgehen, wären auch die herrschenden Eliten handlungsunfähig, die auf die Kritik und die Stimmungen im Lande angewiesen sind. Erst bei dieser Unbeweglichkeit in der nationalen Frage würden Extrempositionen wie ein Rettungsanker wirken: etwa auf die Ausweitung eines Sozialstaates in die Prämissen eines traditionellen Sozialismus zwischen Fürsorge und Polizeistaat hinzuarbeiten. Dann würden die landespolitischen Bündnisse zwischen SPD und PDS Zielpunkte signalisieren." [9]

Über Horst Mahler gelangte die Rede an die Wochenzeitung „Junge Freiheit“ und wurde dort mit etlichen inhaltlichen Änderungen veröffentlicht, ohne dass von Seiten der „Jungen Freiheit“ auf diese Veränderungen hingewiesen worden wäre. Rabehl kritisierte in einem Brief an die Redaktion die unautorisierte Veröffentlichung. Die wesentlichen Inhalte des Redetextes selbst bestritt er nicht. In der Folge schrieb er weiterhin zu verschiedenen Themen in der „Jungen Freiheit“. Nach der Publikation der Rede wurde Rabehl "völkischer Nationalismus" und "sekundärer Antisemitismus" vorgeworfen. Er wies dies als "Denunziation" zurück. Die in der Rede enthaltene nationalrevolutionäre Deutung der Revolte von 68 und insbesondere der Person Dutschkes wurde von Kollegen, Freunden und Antifa-Linken als rechtsradikales „coming out“ von Rabehl interpretiert.

Die "Berliner Zeitung" berichtete am 8. März 1999, Rabehl habe bei einer Diskussion mit SDS-Veteranen gesagt, er habe selbst festgestellt, dass der Text der Nazi-Sprache sehr nahe käme. Die Zeitung zitierte Rabehl mit den Worten: "Oh, das ist ja LTI-Sprache, die Sprache des Dritten Reichs." Er wolle jedoch, so die Berliner Zeitung, von diesem Text inhaltlich nichts zurücknehmen.[10]

Nach dem Vortrag vor der Burschenschaft "Danubia" radikalisierte Rabehl seine Anschauungen zusehends. Insbesondere rückte eine angebliche "Auschwitz-Keule" immer mehr ins Zentrum seiner Überlegungen. In einem Interview mit der "Jungen Freiheit" (28. Mai 2004) bezeichnete Rabehl das "Antisemitismus-Tabu" als das "Meistertabu" der gegenwärtigen deutschen Gesellschaft, das insbesondere vom Staat Israel gegen Europa und Nordamerika eingesetzt würde, um Kritiker mundtot zu machen, aber auch von den Regierungen Nordamerikas und Europas verwendet würde, um Opponenten in den eigenen Ländern zum Schweigen zu bringen. Wörtlich sagte Rabehl: "Mittels des Antisemitismus-Tabus läßt sich der Gegner am leichtesten stigmatisieren, isolieren und gesellschaftlich vernichten. Die sogenannte „Auschwitz-Keule“ ist die Superwaffe im Arsenal der politisch korrekten Linken in Europa und Nordamerika. Dazu gesellt sich leider die Instrumentalisierung des Antisemitismus-Tabus durch den Staat Israel."[11]

Rabehl sah und sieht sich absichtlich missverstanden. Man wolle ihn, so formulierte er es in mehreren Veröffentlichungen, zerstören. In einem Essay zu Rudi Dutschke deutete er die heftige Kritik, der er sich seit seinem Vortrag vor der Burschenschaft "Danubia" ausgesetzt sah, als üble Kampagne, an der sich "Spitzel und Zuträger von MfS und HVA" sowie "Profiteure und Parasiten aus dem Kulturbetrieb" beteiligten. "Die Regie", so schreibt Rabehl, "verwies nicht auf Antifa-Sekten, sondern auf ausländische Geheimdienste."[12]

Nachdem ihn die gewerkschaftliche Hans-Böckler-Stiftung, ohne Anhörung, von seiner Funktion als Vertrauensdozent entbunden hatte - den Anstoß dazu gab ein offener Brief des Politologen Andrei S. Markovits in der gewerkschaftsnahen Zeitschrift "Express" [13] -, verließ er 2000 den DGB und schloss sich später dem Deutschen Handels- und Industrieangestellten-Verband (DHV) im CGB an. Aus diesem wurde er 2005 ausgeschlossen.[14] An der Freien Universität Berlin unterrichtete er jedoch weiter.

NPD, DVU und Querfront

Bernd Rabehl (Podium, 2. v. r. zwischen dem NPD-Vorsitzenden Udo Voigt und dem JN-Bundesvorsitzenden Stefan Rochow) am 5. August 2006, Diskussion im Rahmen des Pressefestes der Deutschen Stimme in Dresden-Pappritz

In einem Interview mit der NPD-Zeitung „Deutsche Stimme“ vom März 2005 sagte Bernd Rabehl zu der Kritik, dass er sich, ähnlich wie Horst Mahler, von einem linksradikalen Kritiker der Bundesrepublik zu einem rechtsradikalen Opponennten entwickelt habe: „In letzter Konsequenz bin ich meinem Denken von damals treu geblieben, nur daß sich inzwischen die politischen Positionen verschoben haben. Was früher als ‚links‘ angesehen wurde, gilt heute als ‚rechts‘.“ Rabehl wiederholte in dem Interview außerdem viele seiner Thesen aus der Danubia-Rede.

Das Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin versuchte ihm als Reaktion auf dieses Interview die Lehrbefugnis zu entziehen. Die NPD kritisierte diesen Versuch sofort. In einer Presseerklärung der Partei vom 18. Mai 2005 hieß es, man sähe nach "den Kampagnen gegen den Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann, den Brigadegeneral Reinhard Günzel und den ehemaligen stellvertretenden Bundeskanzler Jürgen Möllemann" in den "Drohungen" gegen Bernd Rabehl "ein weiteres besorgniserregendes Zeichen für die dramatische Krise der Meinungs- und Gewissensfreiheit in Deutschland."

Der Geschäftsführer des Otto-Suhr-Instituts, Bodo Zeuner, begründete dagegen diesen Versuch in einem von der Berliner Tageszeitung "Der Tagesspiegel" teilweise wiedergegebenen Brief vom 20. Mai 2005 an Rabehl. Er sagte dort u. a., dass Rabehl "rechtsextreme und völkisch-nationalistische Thesen zur angeblichen Überfremdung, zu angeblichen Verschwörungen internationaler Geheimdienste und Geheimgesellschaften, zur angeblich planmäßigen Zerstörung einer deutschen nationalen Identität und Kultur" übernehme. Wer wie Rabehl über völkisch-nationalistische Konzeptionen nachdenke und die wissenschaftlichen Kenntnisse über den Zusammenhang dieses Denkens mit der mörderischen NS-Herrschaft nicht reflektiere, betreibe "keine Politikwissenschaft auf dem ethischen und kognitiven Standard, den der FB Politik- und Sozialwissenschaften von seinen Dozenten verlangen muss und zu Recht verlangt."

Am 8. Juni 2005 verteidigte Rabehl seine politischen Positionen während eines Vortrages vor der Landtagsfraktion der NPD in Sachsen und am 9. Juni 2005 auf einer Pressekonferenz mit der NPD-Landtagsfraktion. Als sich der Entzug der Lehrbefugnis als juristisch unmöglich herausstellte, beschloss das Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin, Rabehl keine Lehraufträge mehr zu erteilen und ihn nicht mehr an Prüfungen teilnehmen zu lassen. Die Rechtsabteilung der Universität erwirkte jedoch, Lehrveranstaltungen Rabehls wieder zuzulassen. Sie fanden dann allerdings außerhalb des prüfungsrelevanten Kanons statt.

2006 war Rabehl bei der DVU-Fraktion im Landtag Brandenburg zu Gast und trat auf einer Fraktionssitzung auf. Thema: Theorie und Praxis der 68er. Bei der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft 2007 kandidierte Rabehl auf dem 6. Listenplatz der rechtskonservativen Liste Bremen muß leben von Joachim Siegerist erfolglos für die Bremische Bürgerschaft.

2005/6 wirkte Rabehl auch als Interviewpartner an einem Film anläßlich des 60. Jahrestages der Nürnberger Prozesse mit. Der Film wurde von Michael Vogt (s.o.) produziert. In einem Interview, das der DVD als Bonusmaterial beigegeben ist, äußert sich Rabehl zu den Nürnberger Prozessen. Hier seien, so sagt er dort wörtlich, "Killer über Killer zu Gericht" gesessen. Der Prozeß sei lediglich eine "Farce" gewesen.[15] In den anderen Interviews zu diesem Film kommen durchweg Publizisten zu Wort, die für ihre geschichtsrevisionistischen Thesen bekannt sind: Alfred de Zayas, Franz W. Seidler und auch Alexander von Stahl.

Rabehl trat seit 2005 bei verschiedenen Veranstaltungen der NPD auf. In Sachsen und Mecklenburg Vorpommern wurde er von den jeweiligen Landtagsfraktionen der Partei auch als Sachverständiger für Fragen der Landesverfassung benannt. Befragt, was diese Auftritte bei der NPD zu bedeuten hätten, sagte er gegenüber Spiegel-Online, er plane eine wissenschaftliche Arbeit über die NPD und wolle sich auf diese Weise seinem Forschungsobjekt nähern. Den Titel dieser Arbeit gab Rabehl mit Die Faschismusjäger, der "europäische Faschismus" und die NPD an. Einen Aufsatz Rabehls mit diesem Titel publizierte die NPD-Landtagsfraktion Sachsen 2005.[16] Wie weit Rabehl sich inzwischen mit der NPD identifiziert, wurde am 10. Januar 2009 sichtbar. Rabehl hielt beim Neujahrsempfang der NPD Landtagsfraktion in Sachsen eine der Festreden. Er kritisierte dort das internationale Finanzsystem und konstatierte den Untergang der deutschen Sprache, Kultur, des Bildungssystems und sogar der deutschen Stadt. [17]

Rabehl tritt jedoch auch bei rechtlastigen Organisationen in anderen europäischen Ländern auf. Am 8.2.2009 referierte er zum Beispiel vor der Ortsgruupe Langenthal der Partei National Orientierter Schweizer (PNOS), die 2001 vom Schweizer Bundesamt der Polizei als rechtsextreme Organisation eingestuft wurde, mittlerweile jedoch als Gruppierung der "Neuen Rechten" gilt.[18] Rabehl führte in seinem Vortrag aus, so referiert es die Website der Organisation, dass es "natürlich ein erklärtes Ziel der Herrscher" sei, "jene Kräfte gegeneinander aufzuhetzen, die sich gegen die US-amerikanische Hegemonie zur Wehr setzten. Eine Querfront, so Rabehl, wäre einzig und allein in der Lage, überhaupt etwas zu bewegen."[19]

Experiment: Bundespräsident ?

NPD und DVU hatten ursprünglich auch bereits die Zusage, dass Bernd Rabehl als ihr gemeinsamer Kandidat für das Bundespräsidentenamt ins Rennen ziehen werde. Rabehl zog seine Zusage jedoch kurz vor der am 8.3.2009 geplanten Nominierung zurück.[20] Holger Apfel - stellvertretender Bundesvorsitzender der NPD - erläuterte in einem Internetforum, Rabehl habe seine ursprüngliche Zusage zur Kandidatur aus gesundheitlichen Gründen zurückgezogen. Die in verschiedenen Medien veröffentlichten politischen Begründungen Rabehls, in denen er grundlegende Differenzen zu NPD und DVU hervorhob und erklärte, er wolle nicht in einer "Marionettenrolle" auftreten, seien nachgeschoben, Rabehl habe offenbar der Mut verlassen. Noch am 6. März habe Rabehl der NPD einen Beitrag zugesandt, der auf einer für seine Kandidatur vorbereiteten Internetseite veröffentlicht werden sollte. [21]

In dem Beitrag für die geplante Internetseite, den Holger Apfel zugänglich machte, schrieb Rabehl wörtlich: "Als DVU und NPD auf mich zutraten, für das Amt des Bundespräsidenten zu kandidieren, zögerte ich lange Zeit. Ich fürchtete Schikanen und Medienkampagnen. Nach 1989 zeigt sich diese Republik unfrei, rücksichtslos und gewalttätig. Das Recht auf freie Meinung wird nicht gewahrt und mancher Verweis auf den Verlust von Recht und Gerechtigkeit in diesem Land wird mit dem Faschismusvorwurf gekontert. Um mich nicht in die Sprachlosigkeit oder in einen stummen Opportunismus zu flüchten, nahm ich schließlich das Angebot der beiden Außenseiterparteien an. Außerdem war wichtig, daß ein ehemaliger „Ostler“ sich für dieses Amt bewarb."[21]

Trotz seines Rückzuges von der Kandidatur zum Bundespräsidentenamt, hat Rabehl sich offenbar mit NPD und DVU nicht überworfen. Die DVU veröffentlicht in ihrer "National Zeitung" mehrere Aufsätze von ihm. [22] Die NPD äußert Verständnis für seinen Rückzug. In einer Pressemitteilung der Partei wird der NPD-Vorsitzende Udo Voigt zitiert, er habe "Verständnis für die Absage von Professor Rabehl, da dieser durch eine Kandidatur seine persönlichen Sicherheit sowie die seiner Familie gefährdet sah (...)."[23] Rabehl, der bislang auf die Frage nach den Gründen seiner Auftritte bei DVU und NPD immer geantwortet hatte, er wolle schließlich genau kennen, was er erforsche, bezeichnet in seinem Beitrag für die "National Zeitung" vom 17.4.2009 die Zusammenarbeit mit NPD und DVU und die dann letztlich doch zurückgezogene Kandidatur für das Bundespräsidentenamt nun ausdrücklich als "Experiment". [24]

Bernd Rabehl ist pensioniert und lebt als freier Autor in Berlin. Er unterhält einen eigenen Blog im Internet.[25] Dort werden regelmäßig neue Beiträge des Autors veröffentlicht. Texte und Referate Rabehls, die er für rechtslastige Publikationen (z. B. "National Zeitung") schreibt, oder vor rechtslastigen Organisationen hält (z. B. NPD, DVU, PNOS u. a.), findet man dort allerdings nicht.

Publikationen

  • Notizen zum Problem: Marxismus und Nationalismus. o. O. u. J.
  • Von der antiautoritären Bewegung zur sozialistischen Opposition. In: Uwe Bergmann u. a. (Hrsg.): Rebellion der Studenten oder Die neue Opposition. Reinbek 1968.
  • Parlamentarismusdebatte 2, Die DKP eine neue sozialdemokratische Partei. Underground Press 1969.
  • Marx und Lenin. Berlin 1973.
  • Geschichte und Klassenkampf. Berlin 1973.
  • Preobrashenskijs Theorie der „neuen Ökonomik“ beim Aufbau des Sozialismus. In: E. Preobrashenskij: Die sozialistische Alternative: Berlin 1974.
  • Der „neue“ Staat und die Keimformen einer „neuen“ Klasse in der Sowjetunion. In: Rudi Dutschke u. a. (Hrsg.): Die Sowjetunion, Solschenizyn und die westliche Linke. Reinbek 1975.
  • Die Kontroverse innerhalb des russischen Marxismus über die asiatischen und westlich-kapitalistischen Ursprünge der Gesellschaft, des Kapitalismus und des zaristischen Staates in Russland. In: Karl Marx: Die Geschichte der Geheimdiplomatie des 18. Jahrhunderts. Berlin 1977.
  • Auf dem Wege in die nationalsozialistische Diktatur. In: M. Scharrer (Hrsg.): Kampflose Kapitulation. Hamburg 1984.
  • Demokratisierung als Redemokratisierung. In: Liberal: Heft 1, Berlin 1984.
  • (u. a.:) Arbeiterbewegung, Populismus und neue soziale Bewegungen. In: Rolf Ebbighausen u. a. (Hrsg.): Das Ende der Arbeiterbewegung in Deutschland. Opladen 1984.
  • Bedeutung der Bundesassistentenkonferenz aus der Sicht der Studentenbewegung. In: S. Freyer, U. Groß und C. Oehler (Hrsg.): Wissenschaftlicher Nachwuchs ohne Zukunft. Kassel 1986.
  • Marxismus heute, toter Hund oder Pudels Kern?. Frankfurt am Main 1986.
  • (u. a.:) Provokationselite. Manuskript, Berlin 1986.
  • „Geschichte wird gemacht, es geht voran“. In: Verein Kritische Sozialwissenschaft und Politische Bildung (Hrsg.): Linke Spuren. Wien 1987.
  • Der Sozialistische Deutsche Studentenbund. In: Haus der Gewerkschaftsjugend (Hrsg.): Zwischen Kooperation und Konfrontation. Marburg 1988.
  • Am Ende der Utopie. Berlin 1988.
  • National-revolutionäres Denken im antiautoritären Lager der Radikalopposition von 1961 bis 1980. In: Junge Freiheit 18. Dezember 1998, wir selbst 3-4/1998, Mitteilungen der Gesellschaft für Kulturwissenschaft, Juni 1999.
  • Feindblick, Der SDS im Fadenkreuz des „Kalten Krieges“. Berlin 2000.
  • Rudi Dutschke. Edition Antaios, Dresden 2002.
  • (u. a.:) Die antiautoritäre Revolte. Wiesbaden 2002.
  • Die Faschismusjäger, der "europäische Faschismus" und die NPD. In: NPD-Fraktion im sächsischen Landtag (Hrsg.), Die ganz linke Tour (Beiträge zur sächsischen Landespolitik, Heft 7), o.O. o.J. (Dresden 2005), S. 31ff (Referat vor der NPD-Landtagsfraktion Sachsen, 8. Juni 2005)
  • Linke Gewalt, Edition Antaios, Schnellroda 2007.
  • Apocalypse Now – der Niedergang der nordamerikanischen Großmacht, in: Luge, Heiko (Hrsg.): Grenzgänge - Liber amicorum für den nationalen Dissidenten Hans-Dietrich Sander, Ares Verlag, Graz 2008.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Zeile stammt aus dem "Spottlied" von Bertolt Brecht. Zitiert in: Herrnburger Bericht. Textausgabe von Bertolt Brecht u. Paul Dessau. Hrsg. vom Zentralrat d. Freien Deutschen Jugend/Zentrale Kulturkommission zur Vorbereitung der III. Weltfestspiele der Jugend u. Studenten für den Frieden 1951 in Berlin, S. 30
  2. Bernd Rabehl, Von der antiautoritären Bewegung zur sozialistischen Opposition, in: Uwe Bergmann u. a. (Hrsg.): Rebellion der Studenten oder Die neue Opposition, Reinbek 1968, S. 153ff
  3. Haus der Gewerkschaftsjugend (Oberursel) (Hrsg.): Zwischen Kooperation und Konfrontation. Beiträge zur Geschichte von außerparlamentarischer Opposition und Gewerkschaften. SP-Verlag Norbert Schüren, Marburg 1988. ISBN 3-924800-75-8, S. 88/89
  4. Dorothea Hauser im Gespräch mit Reinhard Strecker über die SDS-Aktion "Ungesühnte Nazijustiz", in: Ästhetik & Kommunikation, Heft 140/141, 39. Jg., 2008 (Hefttitel: Die Revolte. Themen und Motive der Studentenbewegung), S. 147-154.
  5. Peter Schneider, Rebellion und Wahn, Köln 2008, S. 190.
  6. Günter Bartsch: Revolution von rechts? Verlag Herder KG Freiburg, Freiburg 1975. ISBN 3-451-07518-0, S. 124
  7. Zu einer detaillierteren Beschreibung der Ruhrkampagne und Rabehls Rolle dabei siehe die Geschichte des SDS in Bochum: http://www.mao-projekt.de/BRD/NRW/ARN/Bochum_Ruhr-Universitaet_SDS.shtml
  8. Gretchen Dutschke-Klotz: Rudi Dutschke. Wir hatten ein barbarisches, schönes Leben. Eine Biographie. Kiepenheuer und Witsch, Köln 1996. ISBN 3462025732, S. 312ff.
  9. Zitat aus der 1. Version der Danubia-Rede Rabehls vom 6. Dezember 1998 auf http://www.danubia-muenchen.de/texte/Vortrag/rabehlbernd.pdf
  10. http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/1999/0308/none/0007/index.html
  11. http://www.staatspolitik.de/pdf/040526_interviewrabehl.pdf
  12. Bernd Rabehl,Rudi Dutschke Revolutionär im geteilten Deutschland, Edition Antaios, Dresden 2002, ISBN 3-935063-06-7, S.119
  13. http://www.labournet.de/diskussion/rechten/markovits.html
  14. http://www.agrexive.de/cms/upload/pdf/rechte_gespenster/Rechte_Gespenster_DHV.pdf
  15. Michael Vogt, "Death by Hanging", DVD, Polarfilm, 2006
  16. http://npd-fraktion.sachsen.npd.de/broschuere/broschuere_antifa.pdf
  17. http://www.news4press.com/NPD-Fraktion-begrue%C3%9Fte-mehr-als-200-Gaeste_421117.html
  18. http://de.wikipedia.org/wiki/Partei_National_Orientierter_Schweizer
  19. http://www.pnos.ch/?seite=meldungen_detail.php&sprache=37&meldungid=747html
  20. http://endstation-rechts.de/index.php?option=com_content&view=article&id=3018:bernd-rabehl-lehnt-bundespraesidentschaftskandidatur-fuer-npd-und-dvu-ab&catid=115:bundespartei&Itemid=384
  21. a b http://patriotischesforumsueddeutschland.wordpress.com/2009/03/10/holger-apfel-npd-wie-das-mit-der-rabehl-absage-wirklich-war/
  22. Bernd Rabehl, Warum Pubertätspsychosen heute zu Massakern führen, in: National Zeitung, 20.3.2009, S. 3; ders., Präsident und Verfassung, in: National Zeitung, 17.4.2009, S. 3
  23. http://www.npd.de/html/1/artikel/detail/552/
  24. http://www.news4press.com/Praesident-und-Verfassung_450120.html
  25. http://rabehl.wordpress.com/

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