Parallelogrammgleichung

Parallelogrammgleichung

Die Parallelogrammgleichung (oder das Parallelogrammgesetz) ist ein mathematischer Satz, der seine Ursprünge und seinen Namen von der elementaren Geometrie hat, aber in sehr ähnlicher Formulierung auch für komplexe Zahlen und Vektoren in Innenprodukträumen gilt.

Inhaltsverzeichnis

Anwendung in der Geometrie

Bezeichnungen am Parallelogramm

Satz

In einem Parallelogramm gilt mit den Seitenlängen a, b und den Diagonalen e, f:

 2\left(a^2+b^2\right)=e^2+f^2.

Beweis

Der Beweis ist mit dem Kosinussatz sehr einfach:

\begin{align}e^2+f^2 &= (a^2+b^2-2ab\ \cos(\beta))+(c^2+b^2-2cb\ \cos(\gamma)) \\
&= 2(a^2+b^2)\end{align},

da c = a und cos(γ) = cos(π − β) = − cos(β) ist.

Verallgemeinerung und Umkehrung

Für ein beliebiges ebenes Viereck gilt mit den angegebenen Bezeichnungen:

a2 + b2 + c2 + d2 = e2 + f2 + 4x2,

wobei x den Abstand der Mittelpunkte der beiden Diagonalen bezeichnet.

Ist das Viereck ein Parallelogramm, so stimmen die beiden Diagonalenmittelpunkte überein. Somit ist x = 0 und es ergibt sich die Parallelogrammgleichung als Spezialfall.

Umgekehrt folgt: Gilt die Parallelogrammgleichung, so ist x = 0. Die beiden Diagonalen halbieren sich also gegenseitig, das Viereck ist ein Parallelogramm.

Anwendung für komplexe Zahlen

Satz

Für zwei komplexe Zahlen z,w gilt:

 2\left(|z|^2+|w|^2\right) = |z+w|^2 + |z-w|^2.

Beweis

Die Gültigkeit des Satzes ist offensichtlich, wenn man die Zahlen in der Gauß'schen Zahlenebene interpretiert, in der z und w dann ein Parallelogramm mit den Diagonalen z+w und z-w aufspannen. Trotzdem soll an dieser Stelle ein kurzer Beweis geliefert werden, der den Satz rechnerisch herleitet. Es seien  z,w \in \mathbb{C}, z=a+iu, w=b+iv. Dann gilt:


\left|z+w\right|^2 + \left|z-w\right|^2 = \left|a+iu+b+iv\right|^2 + \left|a+iu-b-iv\right|^2

=\left|(a+b)+i(u+v)\right|^2 + \left|(a-b)+i(u-v)\right|^2

=\left(\sqrt{(a+b)^2+(u+v)^2}\right)^2+\left(\sqrt{(a-b)^2+(u-v)^2}\right)^2
  (Definition des Betrags)

= \left(a+b\right)^2+\left(u+v\right)^2+\left(a-b\right)^2+\left(u-v\right)^2

= a^2+2ab+b^2+u^2+2uv+v^2 + a^2-2ab+b^2+u^2-2uv+v^2\,
  (Binomische Formel)

= 2a^2 + 2b^2 + 2u^2 + 2v^2\;

= 2\left(a^2 + u^2\right) + 2\left(b^2 + v^2\right)

= 2 \left(\sqrt{a^2 + u^2} \right)^2 + 2 \left(\sqrt{b^2 + v^2} \right)^2

= 2 |a+iu|^2 + 2 |b+iv|^2 = 2\left(|z|^2+|w|^2\right).

Die Gleichung in Vektorräumen

Die Betrachtung in Prähilberträumen stellt die am meisten abstrahierte Betrachtung dar. Selbstverständlich lassen sich die Aussagen der beiden vorhergehenden Abschnitte mit dem nun folgenden Satz beweisen (zum einen mit den Mitteln der analytischen Geometrie, zum anderen durch die Zurückführung von \mathbb{C} auf einen zweidimensionalen \mathbb{R}-Vektorraum unter Definition einer Multiplikation und einer Norm), dennoch sind die jeweiligen Beweise mit den je zur Verfügung stehenden Mitteln sicher nicht überflüssig.

Satz

In Prähilberträumen, also Vektorräumen, in denen ein Skalarprodukt definiert ist, (oder in Vektorräumen mit zumindest einem positiv semidefiniten inneren Produkt) gilt:

\|x+y\|^2+\|x-y\|^2=2(\|x\|^2+\|y\|^2)

wobei \|x\| = \sqrt{\langle x, x\rangle} die durch das Skalarprodukt (positiv semidefinite innere Produkt) definierte Norm (Seminorm) ist.

Beweis

Zum Beweis benötigt man nur die Tatsache, dass ein Innenprodukt eines jeden Innenproduktraums bezüglich der Addition für beide Argumente linear ist (siehe Definition des Innenprodukts und Sesquilinearform). Dann erhält man:

\|x+y\|^2+\|x-y\|^2 = \langle x+y, x+y\rangle + \langle x-y, x-y\rangle

= \langle x, x+y\rangle +\langle y, x+y\rangle \ +\  \langle x, x-y\rangle - \langle y, x-y\rangle

= \langle x, x \rangle +\langle x, y\rangle + \langle y, x \rangle +\langle y, y\rangle
  \ +\  
  \langle x, x\rangle - \langle x, y\rangle - \langle y, x\rangle + \langle y, y\rangle

= 2\langle x, x \rangle + 2\langle y, y\rangle = 2(\|x\|^2+\|y\|^2)

Umkehrung

Die Parallelogrammgleichung gilt nicht in normierten Vektorräumen, deren Norm nicht durch ein Skalarprodukt definiert wird. Es gilt nämlich der Satz von Jordan-von Neumann:

Gilt in einem normierten Vektorraum (V, \|{\cdot}\|) die Parallelogrammgleichung, so gibt es ein Skalarprodukt \langle {\cdot},{\cdot}\rangle, das die Norm erzeugt, das heißt, für alle x \in V gilt \|x\| = \sqrt{\langle x, x \rangle}.

Dieses Skalarprodukt kann durch eine Polarisationsformel definiert werden, im reellen Fall zum Beispiel durch

\langle x, y\rangle = \frac 14\left({\|x+y\|^2-\|x-y\|^2}\right),

im komplexen durch

\langle x,y \rangle = \frac{1}{4}\left(\|x+y\|^2-\|x-y\|^2\right)+\frac{i}{4}\left(\|x+iy\|^2-\|x-iy\|^2\right).

Quellen

  • Dirk Werner: Funktionalanalysis. 6., korrigierte Auflage, Springer-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-540-72533-6, Seite 203-204.

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