- Paraty
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-23.219444444444-44.7097222222225Koordinaten: 23° 13′ S, 44° 43′ W
Paraty Paraty auf der Karte von Brasilien
Basisdaten Staat Brasilien Bundesstaat Rio de Janeiro Einwohner 37.575 (2010) – im Ballungsraum 27.717 Stadtinsignien Detaildaten Fläche 933,8 km² Bevölkerungsdichte 29 Ew./km² Höhe 5 m Postleitzahl 23.970-000 Vorwahl 24 Zeitzone UTC-3 Website Blick vom Meer auf Paraty Detail eines typischen kolonialen Hauses in Paraty Paraty (auch Parati) (brasilianische Aussprache: [paɾatʃi]) ist eine Stadt in Brasilien im Bundesstaat Rio de Janeiro und hat heute etwa 37.600 Einwohner.[1] Sie liegt zwischen Rio de Janeiro und São Paulo, etwa zwei Kilometer abseits der Straße von Santos nach Rio. Im Jahre 1958 wurde die historische Altstadt unter Denkmalschutz gestellt. Die Innenstadt ist weitgehend für den Verkehr gesperrt. Die Stadt besticht durch ihre fast vollständig erhaltene historische Architektur aus dem 17. Jahrhundert. Die Häuser sind alle weiß gestrichen mit bunten Fenster- und Türumrandungen. Die Straßen haben ein sehr unebenes Kopfsteinpflaster, das von Sklaven verlegt wurde. Bei Hochwasser reinigt die Flut einige Gassen. Eines der weißgekalkten Landhäuser, die Villa Boa Vista, ist das Geburtshaus der Mutter von Thomas Mann, Julia Mann, die hier die ersten sieben Jahre ihres Lebens verbrachte.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Paraty befindet sich in einem Gebiet, welches von jeher von den Guaianá- Indianern bevölkert wurde. Die Küste mit kleinen stillen Buchten und üppiger Vegetation bot günstige Lebensbedingungen. Fisch, Wild und Früchte waren im Überfluss vorhanden. Das Wort „Parati“, auch „Paratii“ bezeichnete eine dort vorhandene Fischart.
Als Nomadenvolk haben die Guaianás einige Wege im Urwald angelegt, auch um die besonders steil aufragenden Berge des Küstengebirges -Serra do Mar - zu überwinden und so die Verbindung zum Hochland (ca. 800 m ü. NN) herzustellen. Paraty entstand als Endpunkt dieses Weges welcher im 16. Jahrhundert von Sao Paulo (gegründet 1554) durch das Paraíba- Tal führte und dann in Paraty als Landweg endete. Von dort fuhr man mit dem Schiff weiter nach Rio de Janeiro.
Kolonisierung
Das Gründungsdatum Paratys ist nicht bekannt. Einige Historiker gehen davon aus, dass zwischen 1540 und 1560 ein Dorf auf dem Berg am Fluss Pereque-Acu existiert habe - das deshalb Vila Velha („Altes Dorf“) genannt wird. Der Berg heißt heute Morro do Forte. Bekannt ist, dass nach der Schaffung des Generalgouvernements Rio de Janeiro die Verbindung zwischen der Stadt Rio de Janeiro und der Kapitanie Sao Vicente intensiviert wurde (zwischen 1574 und 1578) und Teile der Bevölkerung aus der Kapitanie Sao Vicente sich an der zwischen beiden Städten liegenden Küste ansiedelten. Die Guaianás waren zu dieser Zeit bereits Verbündete der Kolonisten und unterstützten diese bei der Jagd und Versklavung anderer Indianerstämme, um diese beim Zuckerrohranbau einzusetzen. Die erste urkundliche Erwähnung des Hafens Paraty erfolgte durch den Engländer Anthony Knivet, ein Mitglied der Expedition von Martim Correa de Sá, in 1597.
Paraty im 17. Jahrhundert
Jedenfalls existierte das Dorf Paraty bereits anfangs des 17. Jahrhunderts; 1646 erfolgte die Verlegung auf den heutigen Standort zwischen den Flüssen Pereque- Acu und Patitiba. Das Gebiet wurde durch die Dame Maria Jácome de Mello mit der Auflage geschenkt, dort eine Kapelle zu Ehren der Nossa Senhora dos Remédios zu errichten. In 1667 wurde die Ortschaft durch Begehren der Bevölkerung als selbständige Gemeinde „Villa Nossa Senhora dos Remédios de Paratii“ von der Stadt Angra dos Reis getrennt. Trotz der erlangten Selbstverwaltung handelte es sich zu diesem Zeitpunkt noch um eine kleine Gemeinde mit ca. 50 bescheidenen Häusern, gebaut aus Lehm mit Strohdächern.
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts werden Gold und Edelsteine in Minas Gerais entdeckt. Wieder werden die von den Indianern angelegten Verbindungswege genutzt, um die Serra da Mantiqueira zu überwinden und in das Landesinnere Brasiliens vorzustoßen. Es dauerte nicht lange, und der alte Weg der Guaianás mit dem Hafen Paraty war in den Goldweg „Caminho do Ouro“ integriert. Nachdem die portugiesische Verwaltung die Entstehung anderer Wege unterband, um sicherzustellen, dass die geförderten Güter unter Kontrolle transportiert wurden, wurde Paraty zum Umschlagplatz in beide Wegesrichtungen - zum Gütertransport nach den Minen und zum Rücktransport des Goldes und zur Verladung auf die Schiffe. Ein Fort auf dem alten Berg sicherte die Stadt vor Angriffen.
Solange diese strategische Lage erhalten werden konnte, nahm Paraty aktiv an der wirtschaftlichen Entwicklung des seinerzeitigen Brasiliens teil. Der Goldzyklus trug erheblich zur Einwanderung portugiesischer Siedler bei, und ein beträchtlicher Anteil derselben ist über Paraty nach Brasilien gekommen. Die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts wird somit zur Blütezeit des Städtchens Paraty. Wichtige Bauten fallen in diese Zeit, wie der Bau des Hafenkais, die Kirchen Santa Rita, Nossa Senhora do Rosário, Sao Benedito und Nossa Senhora da Conceicao.
Auch der Sklavenhandel trug zum Reichtum der Stadt bei. Neben den hier ankommenden Siedlern wurden auch Sklaven ausgeladen und in das Landesinnere geschafft.
Mit der Erweiterung der Bevölkerung in den Minengebieten wurde die ausreichende Versorgung mit preiswerten Lebensmitteln zu einem Problem. Die Bevölkerung Paratys begann daraufhin mit der Herstellung von Lebensmitteln für die Minen wie auch für die Stadt Rio de Janeiro. Diese Wirtschaftsgrundlage half der Stadt nachdem 1728 der direkte Weg von Minas Gerais nach Rio de Janeiro, der „Caminho Novo“ (Neuer Weg) gebaut wurde, und Paraty vom Goldtransport ausschloss.
Desgleichen war der Zuckeranbau eine wesentliche Stütze der Wirtschaft. Zucker war seinerzeit auf dem Weltmarkt wesentlich teurer als heute, und so wurden gegen Ende des 18. Jahrhunderts erhebliche Summen in Anbau und Verarbeitung von Zuckerrohr investiert. Während des Höhepunkts der Zuckerproduktion wurden in Paraty über 250 Mühlen (Engenhos) und Destillen gezählt; die hier produzierte „Aguardente“ (Schnaps) war als eine der besten Brasiliens bekannt und wurde zeitweise auch exportiert. „Paraty“ wurde zum Synonym für „Cachaça“.
Renaissance und Niedergang im 19. Jahrhundert
Auf Grund der napoleonischen Besetzung Portugals 1807 siedelte der gesamte königliche Hofstaat mit einem Großteil des portugiesischen Adels und dem Kronschatz von Lissabon nach Rio de Janeiro über; Rio de Janeiro wurde so zeitweise zur Hauptstadt des portugiesischen Weltreichs, was eine erhebliche Veränderung der Verhältnisse in Brasilien zur Folge hatte. Mit dem plötzlichen Zuwachs von ca. 10.000 Personen bestand in Rio de Janeiro ein weitaus höherer Bedarf an Lebensmitteln, und so wurde Paraty kurzfristig wieder als Umschlagplatz für diesen Handel benötigt.
Gleichzeitig beginnt der Kaffeeanbau an Bedeutung zu gewinnen und ersetzt so die durch den versiegten Goldstrom entgangenen Handelsmöglichkeiten. Im Paraíba-Tal wird nun vermehrt Kaffee angebaut und der alte Goldweg wird wieder für den Kaffeeexport genutzt. Der neue Wirtschaftszweig ermöglicht ein weiteres Stadtwachstum; es werden die Kirche Nossa Senhora das Dores und das Krankenhaus Santa Casa de Misericórdia gebaut. Seit 1830 ist Kaffee das Haupt-Umschlagsgut des Hafens Paraty neben der Cachaça. Die Plantagenbesitzer oder „Kaffeebarone“ verluden ihren Kaffee und kauften Sklaven, Lebensmittel, Gewürze, Kleider und jene verfügbaren Luxusgüter, die vorhanden waren.
Das Entstehen von beträchtlichen Geldmitteln in Händen der Kaffeebarone führte dazu, dass diese eben diese Mittel zur Verbesserung der Infrastruktur zur schnelleren und sichereren Beförderung des Kaffees einsetzten. Mit der Fertigstellung der Eisenbahnverbindung Sao Paulo-Rio de Janeiro in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts durch das Paraíba-Tal war der beschwerliche Transport mit Mulis über den alten Goldweg überflüssig geworden. Der Warenstrom benötigte Paraty nicht mehr; der Goldweg hatte ausgedient.
Die in der Region hergestellten Produkte mussten nach wie vor per Schiff transportiert werden und wurden deshalb zu teuer. Nach endgültiger Befreiung der Sklaven 1888 kam die Landwirtschaft nahezu zum Stillstand. Zum Ende des 19. Jahrhunderts zählte Paraty nur noch ca. 600 Einwohner, vornehmlich „Alte, Frauen und Kinder“; 1851 lebten noch 16.000 Einwohner in Paraty. Isoliert und verarmt, wurde Paraty von der modernen Entwicklung Brasiliens abgeschnitten.
Wiederentdeckung im 20. Jahrhundert
In den 1950er Jahren wurde der Bau einer befestigten Straße von Rio nach Santos in Angriff genommen. Die Straße erschloss die Region. Der atlantische Regenwald Mata Atlântica blieb dabei teilweise erhalten. Das fast in Vergessenheit geratene Paraty entwickelte sich aufgrund seiner Lage zwischen Regenwald und vielfältiger Atlantikküste und aufgrund seiner noch vorhandenen Kolonialarchitektur zu einem touristisch sehr wichtigen Ort im Südosten Brasiliens. Ein großer Teil der Gemeinde Paraty ist heute Naturschutzgebiet, wovon zwei Drittel zum Nationalpark Serra da Bocaina gehören. Die Grenze zum Bundesstaat São Paulo ist von hier nicht weit entfernt.
Es gibt mehrere Nationalparks in der Umgebung, die heute zu einer Touristenattraktion geworden sind. Es werden Schoner- und Bootstouren aus der Stadtmitte angeboten, die während ein bis sechs Stunden auf die umliegenden Inseln führen. Hier ist das Baden und Tauchen in kristallklarem Wasser möglich. Eine weitere Naturattraktion der Umgebung sind diverse Wasserfälle an der Straße nach Cunha (São Paulo). Erwähnenswert sind auch die Strände Paraty-Mirim und Trindade. Trindade ist nur über eine steile Straße durch den Regenwald zu erreichen.
Kultur
Paraty ist in die Literaturveranstaltungen wie in Toronto in Kanada und Mantua in Italien, eingebunden. Die Festa Literária Internacional de Paraty (FLIP) bietet alljährlich in einem historischen Rahmen Lesungen und Fachdiskussionen zwischen nationalen und internationalen Autoren. Es ist jedes mal einem herausragenden verstorbenen Schriftsteller gewidmet. Beim ersten Festival 2003 war dies Vinicius de Moraes, der breiteren Öffentlichkeit wohl am besten bekannt als Autor des Originaltextes zum Bossa Nova-Welthit "Garota de Ipanema", dem "Girl from Ipanema", wenngleich sein Gesamtwerk wesentlich darüber hinaus geht. Seit der touristischen Erschließung haben sich viele Kunstschaffende aller Art angesiedelt. So gibt es eine Vielzahl von Galerien mit Werken von der Volkskunst bis zur Moderne. Live-Musik ist häufig anzutreffen. Traditionelle katholische Feste runden das kulturelle Geschehen ab.
Umgebung und Natur
Paraty ist von einer ausgesprochen schönen Natur umgeben. Im Westen befindet sich der Südatlantik mit der Baia da Ilha Grande. Eine Inselwelt, die man per Boot von Paraty erforschen kann. Hier finden insbesondere Freunde des Tauchsports unberührte Küstengebiete, an der Fische und Meeresschildkröten beobachtet werden können. Im Osten erstreckt sich die Serra da Bocaina ein Nationalpark mit großer Ausdehnung. Eine Fahrstraße führt hinauf in den tropischen Küstenwald (Mata Atlantica) mit vielen natürlichen Wasserfällen und vielfältiger Fauna und Flora. Die asphaltierte Straße endet am Eingang zum Nationalpark. Von hier aus kann man mit Führung Wanderungen durchführen. Hier oben gibt es eine Reihe kleinerer Pensionen. Nur geländegängige Fahrzeuge können die Weiterfahrt nach Cunha im Bundesstaat São Paulo wagen. Der Pfad ist der ehemalige Caminho do Ouro (Weg des Goldes), auf dem Sklaven ins Hinterland nach Minas Gerais transportiert wurden und Bodenschätze, Edelsteine und Gold zur Verschiffung nach Paraty gelangten.
Richtung Norden erstreckt sich von Paraty eine grüne Küstenlandschaft mit vielen ausgedehnten Stränden. Richtung Süden geht es nach kurzer Fahrt vorbei an Paraty-Mirim und Trindade durch den Nationalpark Serra da Bocaina nach Ubatuba. Dieser Ort liegt bereits im Bundesstaat São Paulo. An dieser Strecke kann man noch einige Quilombos sehen, Dörfer, die von geflüchteten Sklaven und Ureinwohnern errichtet wurden. Sie sind von schönen Stränden umgeben, die oft Ziel von Surfern sind, da sie über eine direkte Atlantikbrandung verfügen.
Schreibweise
Vor wenigen Jahrzehnten führte Brasilien eine Rechtschreibreform durch. In dieser wurden auch einige "exotische" Buchstaben eliminiert. Zu diesen gehörte beispielsweise neben dem "W" auch das "Y". Eigennamen, wie auch geographische Namen, wurden jedoch von der Umstellung ausdrücklich ausgenommen. Die richtige Schreibweise bleibt daher Paraty, die Schreibweise, die auch von der Gemeinde selbst verwendet wird. Seit Anfang 2009 ist das Alphabet in Brasilien "komplett" mit 26 Buchstaben wieder eingeführt worden.
Einzelnachweise
- ↑ População por município, IBGE, 2010
Weblinks
Commons: Paraty – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienKategorien:- Ort in Rio de Janeiro
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