Patientenorientierte Rettung

Patientenorientierte Rettung

Patientengerechte Rettung oder patientenorientierte Rettung beschreibt das Zusammenwirken von medizinischer und technischer Rettung zur schonende Befreiung Verletzter aus Zwangslagen, wie Einklemmungen oder Verschüttungen, etwa bei Naturkatastrophen, Verkehrs- oder Betriebsunfällen.

In der Regel wird die patientenorientierte Rettung bei einem Verkehrsunfall angewandt. In diesem Artikel werden die dabei angewandten Maßnahmen am Beispiel eines Verkehrsunfalls erklärt, wobei die Grundprinzipien auch in anderen Situationen entsprechend gelten.

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen und Abstimmung zwischen medizinischem und technischem Personal

Hauptziel der Rettung ist es, die verunglückte Person in kürzestmöglicher Zeit einer intensivmedizinischen Betreuung in einem Krankenhaus zuzuführen. Dabei wird jedoch in jedem Einzelfall genau, aber trotzdem schnell abgewogen, ob der verunglückten Person möglicherweise eine etwas längere Rettung zugemutet werden kann, wenn dadurch eine Verschlimmerung eventueller Verletzungen vermieden werden kann. Dies erfordert eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Feuerwehr und Rettungsdienst.

Im Gegensatz zur Crashrettung, bei der der Patient schnellstmöglich befreit wird, steht bei der patientenorientierten Rettung im Vordergrund, Folgeschäden des Patienten zu vermeiden. Daher wird schonend und immer in Absprache mit dem Rettungsdienst und dem Notarzt vorgegangen. Dabei wird während der gesamten Rettungsarbeiten darauf geachtet, dass die möglicherweise verletzte Wirbelsäule möglichst wenig bewegt wird und eine Entklemmung ohne Notarzt stattfindet.

Ist der Patienten schwerwiegend verletzt oder ist sogar ein Herz- oder Atemstillstand eingetreten, bleibt zur patientenorientierten Rettung keine Zeit; der Patient muss dann so schnell wie möglich gerettet werden, um sein Leben zu erhalten. Dabei müssen Folgeschäden wie eine Querschnittlähmung in Kauf genommen werden (Crashrettung, besser „im Rollstuhl als tot“).

Ausführung

Erstöffnung

Vor der Erstöffnung steht die Erkundung durch den Gruppenführer oder den Einsatzleiter. In Absprache mit dem Rettungsdienst wird eine schnelle Erstöffnung durchgeführt, durch welche der Notarzt oder der Rettungsdienst die Vitalfunktionen überprüfen und das weitere Vorgehen und die Gefährdung des Patienten mit der Feuerwehr absprechen können. Möglichkeiten der Erstöffnung eines Fahrzeuges sind etwa offene Türen oder die Seiten- und besonders die Heckscheibe. Die Frontscheibe besteht meist aus Verbund-Sicherheitsglas und ist schwerer zu öffnen als andere Scheiben und deshalb, auch wegen der zusätzlichen Verletzungsgefahr für den Patienten mit Glassplittern, unüblich. Die Erstöffnung soll ermöglichen, zum Patienten vorzudringen, damit der Notarzt entscheiden kann, ob eine patientengerechte Rettung möglich oder eine Crashrettung angebracht ist. Nebenher sichert ein weiterer Trupp der Feuerwehr die Unfallstelle gegen den Straßenverkehr und andere Gefahrenquellen und stellt den Brandschutz sicher, während ein dritter Trupp die benötigten Geräte bereit legt.

Verhalten im Wageninneren

Hat der Rettungsdienst die Erstversorgung abgeschlossen bzw. parallel zur Erstversorgung geht ein sogenannter „innerer Retter“ in das Fahrzeug vor. Er hat die Aufgabe, den Patienten zu beruhigen und über das Vorgehen zu informieren und den Innenraum zu erkunden. Durch die Vielzahl von aktiven Sicherheitseinrichtungen ist es wichtig zu wissen, wo diese verbaut sind. Der innere Retter erkundet das Fahrzeug nach Airbags. Dabei sollte auf Symbole wie „SRS“ oder „Airbag“-Zeichen geachtet werden. Außerdem überprüft der innere Retter, ob das Fahrzeug noch Strom führt. Ist dies der Fall, schaltet er zur Kenntlichmachung die Warnblinkanlage ein. Je nach Situation wird die Möglichkeit in Betracht gezogen, das Fahrzeug stromlos zu machen.

Fahrzeugsicherung

Parallel zur Erstöffnung und zur Überprüfung der Vitalfunktionen wird das Fahrzeug gegen Bewegung gesichert. Dies geschieht mit Rüstholz, speziellen Unterbauklötzen oder Sicherungssystemen. Man kann zur weiteren Stabilisierung des Fahrzeuges die Reifen luftlos machen, indem man die Ventile mit einer Zange zieht, abschneidet oder mit Spezialwerkzeug herausdreht. Durch diese Maßnahme liegt das Fahrzeug fast nur noch auf der Unterbauung, und nicht mehr auf den Reifen, was zu erschütterungsfreiem Arbeiten führt. Die Reifen sollten nicht aufgestochen werden, da sie der Polizei als Spurenträger dienen können.

Arbeitsöffnung

Ist das Fahrzeug stark deformiert, sodass die Versorgung des Patienten nicht oder nur eingeschränkt möglich ist, muss die Karosserie des Fahrzeugs mechanisch bearbeitet werden. Hierzu werden die Türen sowie das Dach des Fahrzeugs entfernt. Dabei wird auch die Front-Scheibe zersägt, wofür man in der Regel eine Glassäge oder ein Spreizer (Blechaufreißer) benötigt.

Rettungsöffnung

Der finale Schritt ist die Rettung des Patienten. Hierbei wird eine achsengerechte Rettung nach hinten über den Kofferraum mit der Schaufeltrage oder einem Rettungsbrett vom Rettungsdienst präferiert, da die Wirbelsäule des Patienten so am wenigsten belastet wird. Hierzu wird die Bodenkarosserie seitlich des Fahrer- und Beifahrersitzes eingeschnitten. Anschließend wird der Motorraum mit einem Rettungszylinder nach vorn weggekippt, so dass der Fahrer frei kommt. Außerdem ist es oft notwendig, die Pedale zu entfernen oder zu verbiegen, um auch die Füße zu befreien. Ist eine Rettung nach hinten nicht möglich oder eine Verletzung der Wirbelsäule ausgeschlossen, wird der Patient durch die Tür gerettet. In Absprache mit dem Rettungsdienst wird der Patient vorsichtig gedreht und herausgezogen. Anschließend wird der Patient mit Hilfe eines Rettungskorsetts, einer Schaufeltrage oder eines Spineboards gerettet.

Beteiligte Organisationen und Einsatzkräfte

Die technische Rettung erfolgt in Deutschland meist durch die Feuerwehr, bei größeren Schadensereignissen kommt auch das Technische Hilfswerk (THW) zum Einsatz.

Durch die Kombination aus medizinischer Versorgung und technischer Rettung, kommen Angehörige von Rettungsdienst und technischen Hilfsorganisationen (Feuerwehr, THW) gemeinsam zum Einsatz.

Gerätschaften der patientengerechten Rettung

Technische Rettung

Die wichtigsten Geräte der patientenorientierten Rettung sind hydraulische Rettungsgeräte wie etwa

Außerdem sind Gerätschaften zur Abstützung und Sicherung wichtig, da Fahrzeugbewegungen minimiert werden sollen. Hierzu zählen

  • Rüstholz und spezielle Sicherungssysteme, sowie
  • Mehrzweckzug,
  • Leinen und Unterlegkeile.
  • Fest eingebaute Winden (z.B.: RW/HLF)

Medizinische Versorgung und Transport

Neben der Ausrüstung zur Stabilisierung der Vitalfunktionen (Notfallmedikamente, Beatmung usw.) die nach Möglichkeit noch im Unfallfahrzeug zur Anwendung kommt, werden nach Bedarf verschiedene Gerätschaften zur mechanischen Stabilisierung insbesondere der Wirbelsäule eingesetzt (KED-Systeme, Schaufeltragen, HWS-Schienen, Vakuummatratzen usw.).

Siehe auch


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