Pauschalreise

Pauschalreise

Pauschalreise ist eine Reise, bei der ein Reiseveranstalter eine Gesamtheit von Reiseleistungen zu einem einheitlichen Gesamtpreis und im eigenen Namen zu erbringen verspricht.

Erstmals organisierte der Baptistenprediger Thomas Cook am 5. Juli 1841 eine Bahnreise für englische Arbeiter von Leicester nach Loughborough, in der die Kosten für die Fahrt und die Verpflegung im Preis inbegriffen waren - der Beginn der Pauschalreisen, eines frühen Vorläufers des Massentourismus[1]. Die erste Auslandspauschalreise organisierte Cook am 17. Mai 1861 für englische Arbeiter per Bahn und Schiff nach Paris[2].

Inhaltsverzeichnis

Definition

Eine präzise, aber nicht allgemeinverbindliche Definition enthält Art. 2 der EU-Richtlinie 90/314/EWG vom 13. Juli 1990:

„Die im Voraus festgelegte Verbindung von mindestens zwei der folgenden Dienstleistungen, die zu einem Gesamtpreis verkauft oder zum Verkauf angeboten wird, wenn diese Leistung länger als 24 Stunden dauert oder eine Übernachtung einschließt:

  • Beförderung
  • Unterbringung
  • andere touristische Dienstleistungen, die nicht Nebenleistungen von Beförderung oder Unterbringung sind und einen beträchtlichen Teil der Gesamtleistung ausmachen.“

Die Umsetzung in nationales Gesetz erfolgte jedoch dann unterschiedlich: In Deutschland gibt es keine eindeutige Definition von „Pauschalreise“ im Gesetz. Und im österreichischen Recht wurde der Begriff „Pauschalreise“ in den beiden wesentlichen gesetzlichen Grundlagen unterschiedlich definiert, was noch nicht vom Gesetzgeber saniert wurde: Im §31b KSchG wird der Begriff der „Reiseveranstaltung“ abweichend von der genannten EU-Richtlinie definiert. Im §1 Z2 der Ausübungsvorschriften für das Reisebürogewerbe hingegen wird der Begriff der „Pauschalreise“ im Sinne des Abs. 1 der Richtlinie ohne Abweichung übernommen.

In der Entscheidung ClubTour/Gonçalves Garrido, Rs. C-400/00, vom 30. April 2002, hat der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass auch die individuelle Zusammenstellung mehrerer Einzelleistungen durch ein Reisebüro auf Wunsch des Kunden den Begriff der Pauschalreise erfüllt. Dieses Urteil stützt sich jedoch auf die Umstände, dass portugiesische Reisebüros eine andere Rechtsstellung haben und im konkreten Fall das Reisebüro im eigenen Namen die Leistungen erbracht hatte.

Es kommt also auf das Auftreten eines Reisebüros an, ob es Reiseveranstalter oder Reisevermittler ist. Somit hat das Urteil nur bedingte Auswirkungen auf deutsche und österreichische Rechtsprechung im Reisebereich.

Das Gegenteil der Pauschalreise ist die Individualreise, bei der der Kunde die einzelnen Leistungen wie Beförderung, Unterkunft oder Verpflegung in eigener Regie bei den jeweiligen Leistungsträgern bucht. Werden diese einzelnen Leistungen über einen so genannten Mittler gebucht und zumeist auch zentral abgerechnet, handelt es sich um eine Bausteinreise.

Rechtliche Behandlung

Auf Pauschalreisen findet in Deutschland das Reisevertragsrecht Anwendung, das die bei Individualreisen anwendbaren dienst-, werk- und mietvertragsrechtlichen Vorschriften verdrängt;

Abweichungen ergeben sich insbesondere hinsichtlich Vertragsanpassung, Gewährleistung, Kündigung, Verjährung, Schadensersatz etc.; so gilt das Reiserecht nur eingeschränkt (z. B. fällt eine solche Reise nicht unter das Pauschalreiserecht, das beispielsweise eine Entschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit).

Maßgebliche Rechtsquelle ist hierfür in Deutschland primär §§ 651a ff. BGB, daneben gibt es aber auch Nebenvorschriften wie die Verordnung über die Informationspflichten von Reiseveranstaltern vom 14. November 1994 (BGBl. 3436).

In Österreich sind die gesetzlichen Regelungen für Pauschalreisen im Konsumentenschutzgesetz (KSchG) §31 ff sowie in den Ausübungsvorschriften für Reisebüros festgeschrieben.

Die genannten Vorschriften sind in starkem Maße von der bereits erwähnten EU-Richtlinie geprägt, deren Umsetzung sie in den nationalen Gesetzen auch sein sollten (was nicht in jedem EU-Land gleich gut gelungen ist).

Reisesicherungsschein

Reiseveranstalter müssen den Reisenden bei Buchung, spätestens vor der ersten Zahlung einen Reisesicherungsschein aushändigen, auf dem die gesetzlich festgelegten Informationen über eine Versicherung gegen das Risiko einer Insolvenz des Veranstalters stehen müssen. Diese Versicherungspflicht gegen Insolvenz besteht für alle Reiseveranstalter innerhalb der Europäischen Union.

Wirtschaftliche Bedeutung

2004 hatten Pauschalreisen laut der FUR Reiseanalyse in Deutschland einen Marktanteil von 32%, bei den Auslandsreisen sogar von 41%. Da sich derartige Reiseanalysen aber immer nur auf bestimmte Quellen beziehen, stellen sie sicherlich nicht das tatsächliche Verhältnis dar.

In Fachkreisen sprach man bis Anfang 2006 davon, dass die klassische Pauschalreise, gebucht aus einem Katalog immer weiter an Bedeutung verlieren wird. Jedoch scheint sich 2006 der Trend umgekehrt zu haben, denn erste Analysen des Reisejahres 2006/07 haben eine zweistellige Zunahme von Pauschalreisen ergeben (die großen Reiseveranstalter bilanzieren in der überwiegenden Zahl nicht Kalenderjahre, sondern jeweils November/Oktober).

Im Gegensatz zu einer privat gebuchten Reise, bei der meist nur eine Unterkunft fix im voraus gebucht wird, ergibt sich bei einer Pauschalreise durch die Verkettung mehrere Leistungserbringer (Flug, Bus, Bahn, Schiff, Hotel, Busunternehmen usw.) auch ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor.

Vor- und Nachteile

Vorteile:

  • Die mit der Delegierung der Organisation und Verantwortung an den Veranstalter verbundene größere Bequemlichkeit für den Kunden.
  • Durch den standardisierten Charakter der Leistungen ergeben sich oft Preisvorteile gegenüber einer individuellen Buchung.
  • Eine bessere rechtliche Absicherung durch Insolvenzschutz (Sicherungsschein), Pauschalreiserecht u.a.
  • Bei Rundreisen sieht man meist alles Wesentliche, ohne sich vorher zeitaufwändig ein Bild über die zu besuchenden Sehenswürdigkeiten machen zu müssen.
  • Ein gesellschaftlich-sozialer Aspekt: Man reist nicht alleine und kann Kontakt zu Mitreisenden aufnehmen.
  • Außerdem bieten Pauschalreisen dem Reiseveranstalter und der lokalen Wirtschaft Planungssicherheit. Gemeinden, Länder und Planungsverbände können die Flächennutzung und den Raum im Allgemeinen besser planen.

Nachteile:

  • Pauschalreisen sind oft wenig flexibel.
  • Transfers und Aufenthalte sind im Voraus genau festgelegt.
  • Möglichkeiten individueller Gestaltung sind erheblich eingeengt.
  • Viele Reiseziele werden im Rahmen von Pauschalreisen gar nicht angeboten.
  • Kurzfristig verfügbare Angebote von Hotels können nicht (sofort) an Kunden weitergegeben werden.
  • Die Leistungen sind bereits vor Abreise komplett zu honorieren.

Ein Nachteil bei Charterflügen sind die unverbindlichen Flugzeiten sowie die meist gesetzlich zulässig vereinbarte Möglichkeit des kurzfristigen Wechsels von Fluggesellschaften;

Pauschalreisende können sich daher nur im Rahmen der reiserechtlichen Bestimmungen gegen Änderungen wehren. Denn nicht jeder Fluglinienwechsel bzw. jede Flugzeitenänderung muss hingenommen werden. Individualreisende sind durch ihren direkten Beförderungsvertrag mit der Fluggesellschaft in einer rechtlich eindeutigeren Situation. Beide Gruppen von Reisenden haben aber Anspruch auf Erfüllung des Transportvertrages und bei Nicht- oder Schlechterleistung Anspruch auf Gewährleistung. Davon unberührt kann natürlich auch bei erlittenen Schäden Schadenersatz verlangt werden. Als Grundlage dient hier die Kemptener Reisemängeltabelle.

Einzelnachweise

  1. Thomascook.de, abgerufen 12. November 2010
  2. Heute vor 147 Jahren... in Märkische Oderzeitung, Frankfurter Stadtbote 17./18. Mai 2008, S. 1
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