Peter Walter (Politiker)

Peter Walter (Politiker)

Peter Walter (* 10. November 1952 in Niedermarsberg/ Sauerland[1]) ist ein deutscher Kommunalpolitiker. In der Zeit vom 1. März 1998 bis 28. Februar 2010[2] war er Landrat des Kreises Offenbach in Hessen.

Inhaltsverzeichnis

Werdegang

1963 zogen seine Eltern aus dem Sauerland in das hessische Dreieich. Dort besuchte er bis 1968 die Heinrich-Heine Schule. Nach seinem Abitur 1971 am Dreieichgymnasium in Langen begann er eine Ausbildung bei der Kriminalpolizei in Langen. 1975 wurde der 23-Jährige jüngster hessischer Kriminaldirektor im Rauschgiftdezernat Offenbach. 1984 wurde er an der Polizeischule in Wiesbaden stellvertretender Abteilungsleiter für Fort- und Weiterbildung. Nach zwei Jahren wechselte er in die Kriminalinspektion 10 (Kinder- und Jugendkriminalität, Mord, Raub und Rauschgiftdelikte). 1988 wurde er stellvertretender Leiter der Frankfurter Kriminalpolizei.[1]

Politische Karriere

Kommunalpolitischer Aufstieg

Als Schüler trat er den Jusos bei, die er aber bald wieder verließ. 1976 trat der damalige stellvertretende Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamten (BDK) in die CDU ein. 1977 wurde er Stadtverordneter in Dreieich und wirkte im Haupt-, Finanz- und Sozialausschuss mit. Kurze Zeit später wurde er Vorsitzender der CDU-Fraktion und Vorsitzender der CDU Dreieich. 1993 wurde er Erster Kreisbeigeordneter des Kreises Offenbach.[1] Am 1. März 1998 wurde er in direkter Wahl als Nachfolger von Josef Lach (SPD) zum Landrat des Kreises Offenbach gewählt. Er erhielt 55 Prozent der Stimmen.

„Arbeitsgruppe Wohlfahrt“

Landrat Walter unterhielt seit Ende 2005 eine sogenannte Arbeitsgruppe Wohlfahrt, bestehend aus Polizei und Ausländerverwaltung, die in Fällen von Asylmissbrauch und Sozialbetrug ermittelte. Im Februar 2008 eröffnete Walter, dass die Verwaltungen von Stadt und Kreis Offenbach um über 5,7 Millionen Euro Sozialleistungen betrogen worden seien. Vor allem Menschen aus Jordanien hätten falsche Angaben zu ihrer Herkunft gemacht und sich als Palästinenser ausgegeben.[3] Einrichtung und Methoden der Ermittlungsgruppe stießen weithin auf Kritik. Stefan Saemann von der FR kritisierte in einem Kommentar, Walter konterkariere durch sein Vorgehen Integrationsbemühungen und forderte: „Wenn einer abgeschoben gehört, dann ist es der Herr Landrat höchstpersönlich – und zwar auf einen anderen Posten.“[4] Walters Nachfolger Oliver Quilling (CDU) kündigte im März 2010 an, die „AG Wohlfahrt“ auflösen zu wollen. Als Grund nannte er, die AG habe ihren Zweck erreicht. Alle weiteren Untersuchungen würden von der fortbestehenden AG Ermittlungen betrieben. Quilling sprach von einem „schwelenden politischen Problem“.[5]

Finanzaffären und Anklage

Im Mai 2010 wurde bekannt, dass Bündnis 90/Die Grünen im Kreis Offenbach gegen Walter Strafanzeige wegen Untreue gestellt haben. Die Vorwürfe betreffen Anwaltskosten von gut 110.000 Euro im Zusammenhang mit dem Verkauf des ehemals kreiseigenen Flugplatz Egelsbach, außerdem 90.000 Euro für die Rechtsberatung der Kreisversorgungsbeteiligungsgesellschaft. Walter soll die Summe an den Gremien des Kreises vorbei bewilligt haben. Weitere Vorwürfe betrafen die private Strothoff International School, die angeblich auf Versprechen Walters hin in einem kreiseigenen Gebäude in Dreieich für ein Jahr keine Miete bezahlen musste. Es sei nur ein Vorvertrag über das Mietverhältnis, aber kein endgültiger Mietvertrag abgeschlossen worden.[6][7] Es geht dabei um Mietkosten in Höhe von 480.000 Euro.[8]

Im Juni 2011 einigten sich Kreis und Schule in einem Mediationsverfahren in einem ersten Schritt darauf, dass die Schule für die Nutzung der ihr überlassenen Räume seit ihrer Eröffnung im August 2009 eine monatliche Miete von 67.000 Euro zahlen solle. In einem weiteren Schritt des Verfahrens soll eine Einigung darüber zustandekommen, wer die Sonderausstattungskosten in Höhe von 3,3 Millionen Euro zu tragen hat. Landrat Quilling erklärte, die unter Zeitdruck entstandenen Entscheidungen seines Vorgängers Walter seien „sehr holprig“ gewesen. Das Regierungspräsidium Darmstadt kritisierte Walters Gebaren, weil die Sonderausstattung nicht vom Beschluss des Kreistags gedeckt gewesen sei, der hierüber auch nicht informiert worden war.[9]

Im Juli 2011 erschienen Presseberichte über die finanziellen Risiken, die mit einer Beteiligung des Kreises an einem Freizeit- und Urlaubsresort Land Fleesensee in Göhren-Lebbin an der Müritzseenplatte in Mecklenburg-Vorpommern sowie an einer Wohnanlage Sonnengarten Glienicke in der Nähe von Berlin verbunden sind. Im Jahr 2000 waren 78,7 Millionen Euro, die die Kreisversorgungsbeteiligungsgesellschaft aus dem Verkauf ihrer Anteile an der Energieversorgung Offenbach erlöst hatte, auf Initiative Peter Walters zum Teil in diese Projekte investiert worden. Die Beteiligungsgesellschaft erwarb für 13,4 Millionen Euro Anteile an acht Fonds der Wohnanlage, um Steuervorteile zu nutzen. In das Ferienresort flossen acht Millionen Euro. Seit 2003 waren solche Geschäfte nicht mehr zulässig. Die Investitionen liefen bis 2009 bzw. 2010 fest. Ein Gewinn war zu keinem Zeitpunkt erwirtschaftet worden. 2005 wurden an den Kreis 1,2 Millionen Euro zurückgezahlt; es stellte sich aber heraus, dass es lediglich eine Rückzahlung aus dem Stammkapital war. Im Jahr 2008 wies das Resort einen Verlust in Höhe von 13,7 Millionen Euro aus. Das Defizit belief sich im Wirtschaftsplan 2011 auf insgesamt 95 Millionen Euro. Es liefen Verhandlungen, um die Insolvenz abzuwenden. In diesem Fall müsste der Kreis 1,2 Millionen Euro nachschießen.[10][11][12]

Ende Juli 2011 hat die Staatsanwaltschaft Darmstadt wegen des Verdachts der Untreue Anklage gegen Peter Walter erhoben. Dabei geht es um die Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Verkauf des Flugplatzes Egelsbach[13] Walter habe ohne Zustimmung der hierzu zuständigen Gremien entschieden, die Rechtsberatungskosten der Gemeinde Egelsbach zu übernehmen. Die Staatsanwaltschaft beziffert den insoweit in Rede stehenden Betrag nunmehr auf 78.000 Euro. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft erklärte, die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung sei höher als die der Einstellung des Verfahrens.[14]

Im September 2011 beschloss der Kreistag auf Antrag der Grünen, prüfen zu lassen, ob der Landkreis einen Anspruch auf Schadensersatz gegen Walter habe. Nur die Freien Wähler stimmten dagegen.[15]

Persönliches

Walter ist verheiratet und hat eine Tochter. Er wohnt in Dreieich.[1]

Einzelnachweise

  1. a b c d walter-waehlen.de, Wahlkampfbroschüre von Peter Walter - offline am 24. Juli 2011.
  2. KPV Informations-, Bildungs- und Beratungswerk e.V: kpv-ibb.de: Verabschiedung von Landrat Peter Walter. In: Hessenbrief. Ausgabe 1/2010. Abgerufen am 24. Juli 2011.
  3. http://www.fr-online.de/frankfurt_und_hessen/nachrichten/hessen/?em_cnt=1290299 - offline am 24. Juli 2011.
  4. http://www.fr-online.de/frankfurt_und_hessen/meinung/?em_cnt=1281179 - offline am 24. Juli 2011.
  5. Michael Eschenauer: „Zunehmend unglücklicher Eindruck“. In: Offenbach Post. 3. März 2010. Abgerufen am 24. Juli 2011.
  6. Michael Eschenauer: op-online.de: Landrat Quilling ringt mit Walters Erbe. In: Offenbach Post. 5. Mai 2010.
  7. Achim Ritz: Druck auf Ex-Landrat Walter wächst. In: Frankfurter Rundschau. 4. Mai 2010. Abgerufen am 24. Juli 2011.
  8. Maurice Farrouh: Untersuchung zu Strothoff-Schule. In: Frankfurter Rundschau. 30. April 2010. Abgerufen am 24. Juli 2011.
  9. Achim Ritz: Kreis und Strothoff vorm Schiedsgericht. In: Frankfurter Rundschau. 22. Juni 2011. Abgerufen am 24. Juli 2011.
  10. Eberhard Schwarz: Nach Fehlinvestitionen drohen weitere Verluste. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 15. Juli 2011. Abgerufen am 4. August 2011.
  11. Eberhard Schwarz: Teure Sünden der Vergangenheit. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 15. Juli 2011. Abgerufen am 4. August 2011.
  12. Christoph Manus: Altlasten der Ära Walter: Kreis will Wohnungen verkaufen. In: Frankfurter Rundschau. 15. Juli 2011. Abgerufen am 6. August 2011.
  13. kö: Anklage gegen Peter Walter. In: Dreieich-Zeitung. 4. August 2011. Seite 2. Abgerufen am 6. August 2011.
  14. aim.: Staatsanwaltschaft klagt Walter an. In: Frankfurter Rundschau vom 9. August 2011. Abgerufen am 11. August 2011.
  15. Christoph Manus: Quilling prüft Klage gegen Walter. In: Frankfurter Rundschau. 8. September 2011. Abgerufen am 9. September 2011.

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