Plesianthropus

Plesianthropus
Australopithecus africanus
Nachbildung des Schädels eines A. africanus („Mrs. Ples“) im Transvaal Museum in Pretoria
Zeitraum
Pliozän
3,5 bis 2 Mio. Jahre
Fossilfundorte
Systematik
Altweltaffen (Catarrhini)
Menschenartige (Hominoidea)
Menschenaffen (Hominidae)
Hominini
Australopithecus
Wissenschaftlicher Name
Australopithecus africanus
Dart, 1925

Australopithecus africanus ist eine Vormenschen-Art der Gattung Australopithecus. Sie entstand vor etwa 3,5 Millionen Jahren [1] im südlichen Afrika – also ungefähr zur gleichen Zeit wie Australopithecus bahrelghazali im westlichen Afrika und Australopithecus garhi im nordöstlichen Afrika – und existierte bis vor ca. 2 Millionen Jahren. [2]

Typusexemplar von Australopithecus africanus ist das 1924 entdeckte „Kind von Taung“. Es war zugleich das erste Fundstück der 1925 von Raymond Dart eingeführten Gattung Australopithecus. Einige ab 1936 in Sterkfontein entdeckte Fossilfunde, die heute dieser Art zugerechnet werden, wurden zunächst als Plesianthropus transvaalensis („Fastmensch aus Transvaal“) bezeichnet, so der 1947 publizierte Fund „Mrs. Ples“ (Inventarnummer STS 5).

Der gültige Name der Art ist abgeleitet von lateinisch australis („südlich“) und griechisch pithekos („Affe“) sowie von lateinisch africanus und bedeutet somit „südlicher Affe aus Afrika“. Die Art wird häufig – als Gegenpol zu den sogenannten „robusten Australopithecinen“ – auch als graziler Australopithecus bezeichnet.

Von welchen Vorläufer-Arten Australopithecus africanus abstammt und in welcher Nähe er zu den unmittelbaren Vorfahren des Menschen steht, ist ungeklärt. Einige Funde, die heute Australopithecus africanus zugeordnet werden, wurden anfangs von Raymond Dart als Australopithecus prometheus ausgewiesen.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung und Lebensweise

Plastische Lebendrekonstruktion

Der in Südafrika heimische Australopithecus africanus besaß im Vergleich zu dem zur gleichen Zeit im östlichen Afrika lebenden Australopithecus afarensis eine steilere Stirn- und eine weniger schimpansen-ähnliche Kieferregion, wies also menschenähnlichere Gesichtszüge auf als A. afarensis. [3] Die Eckzähne sind wesentlich kleiner als bei fossilen und rezenten Affen und insoweit menschenähnlich. Das Hinterhauptsloch, durch das hindurch sich der hinterste Gehirnteil zum Beginn des Rückenmarks erstreckt, ist zudem unterhalb des Schädels angeordnet, nahe am Schwerpunkt. Hieraus kann geschlossen werden, dass Australopithecus africanus aufrecht gehen konnte. [4] Allerdings besaß Australopithecus africanus noch relativ lange Arme, so dass sein Gang mit dem der modernen Paviane vergleichbar gewesen könnte, wenngleich er häufiger aufrecht gegangen sein dürfte als diese. [5]

Das Gehirnvolumen wird in der Fachliteratur mit 400 bis 500 Kubikzentimetern angegeben, was ungefähr dem des Schimpansen entspricht. Die Körpergröße erwachsener Individuen wird auf ca. 1,10 bis 1,40 Meter und ihr Körpergewicht auf 30 bis 60 Kilogramm geschätzt. Begleitfunde deuten darauf hin, dass Australopithecus africanus – wie andere Australopithecinen – „bewaldete Habitate“ im Übergang zu Savannen bevorzugte und „eine enge Verbindung zu den breiten Uferzonen der Flüsse und Seen“ aufrechterhielt [6]

Die im Vergleich zum Menschen relativ großen Backenzähne können als Anpassung an eine relativ harte Pflanzennahrung gedeutet werden.

Fundgeschichte

Das „Kind von Taung“ (Replika, Naturmuseum Senckenberg

Das zuerst entdeckte und zugleich bekannteste Fossil ist das „Kind von Taung“, von dem der Gesichtsschädel mit Unterkiefer und Milchzähnen, die Stirnregion und ein natürlicher Schädelausguss gefunden wurden. Dieses Fossil wurde im Herbst 1924 von einem Steinbrucharbeiter nahe der Kleinstadt Taung im damaligen British Bechuanaland (heute Südafrika) entdeckt und Raymond Dart übergeben, der es 1925 mit dem von ihm neu gebildeten Gattungs- und Artnamen Australopithecus africanus benannte. Das „Kind von Taung“ lebte vor ungefähr 2,3 bis 2,5 Millionen Jahren. Nachdem Jahrzehnte lang die Zuordnung der Gattung zu den Vormenschen stark umstritten waren, konnte u.a. der Fund des Schädels von „Mrs. Ples“ (der möglicherweise ein „Mr. Ples“ war [7]) diese Zuordnung bestätigen. Der bei Sterkfontein entdeckte Schädel wird heute auf ein Alter von ca. 2,6 Millionen Jahre datiert. [8]

Das bisher vollständigste Skelett, das in seiner Erstbeschreibung „Australopithecus africanus oder einer anderen frühen Hominiden-Art“ zugeordnet wurde, kam ab 1995 ebenfalls in einer der Sterkfontein-Höhlen zu Tage. Es erhielt die Inventarnummer StW 573 und den Spitznamen „Little Foot“, weil anfangs (1994) nur vier Knochen vom linken Fuß entdeckt worden war. [9] 1997 wurden von Ronald J. Clarke in der Höhle weitere Knochen und 1998 schließlich ein gut erhaltener Schädel entdeckt. Die Knochen sind aufgrund ihrer betonartig festen Einbettung in Brekzie bislang noch nicht vollständig freigelegt worden.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Friedemann Schrenk, Timothy G. Bromage: Adams Eltern. Expeditionen in die Welt der Frühmenschen. München, C.H. Beck, 2002, S. 196
  2. Robert Foley: Menschen vor Homo sapiens. Wie und warum unsere Art sich durchsetzte. Thorbecke, 2000, S. 61
  3. Steve Jones u.a.: The Cambridge Encyclopedia of Human Evolution. Cambridge, Cambridge University Press, 1992, S. 236
  4. Raymond A. Dart: Australopithecus africanus: The man-ape of South Africa. Nature, Band 115 (1925), S. 195–199 (Der Artikel als pdf)
  5. Steve Jones u.a.: The Cambridge Encyclopedia..., S. 237 Die Autoren spekulieren, die Kombination dieser Merkmale könne darauf hindeuten, dass A. africanus tagsüber am Boden nach Nahrung suchte und sich nachts noch auf Bäumen zurückzog.
  6. F. Schrenk, T. G. Bromage: Adams Eltern...., S. 196
  7. www.stern.de „Urmensch bekommt Unterleib“
  8. Smithsonian Institution Daten und Fundgeschichte zu „Mrs. Ples“
  9. Ronald J. Clarke, Phillip Tobias: Sterkfontein member 2 foot bones of the oldest South African hominid. Science, Band 269, 1995, S. 521-524

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