Praeses (Statthalter)

Praeses (Statthalter)

Praeses (Plural: praesides, von lateinisch prae-sidere „vor-sitzen“) war in der römischen Kaiserzeit und der Spätantike der Titel für den Statthalter einer römischen Provinz.

Inhaltsverzeichnis

Definition und Rangeinteilung

Seit Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. wurde die Bezeichnung praeses (etwa bei Plinius dem Jüngeren[1], Tacitus[2] oder Sueton[3]) unpräzise auf Statthalter angewendet, deren offizieller Titel zu dieser Zeit proconsul oder legatus Augusti pro praetore lautete. Praeses wurde aber erst ab dem 3. Jahrhundert zu einem offiziellen Titel der Reichsverwaltung.

Nach der diokletianischen Verwaltungsreform am Ende dieses Jahrhunderts bildeten die praesides die unterste Stufe der Provinzstatthalter. Spätantike Statthalter waren untereinander nicht ranggleich. Die

  • Proconsuln galten am Hof als viri spectabiles (höchste Rangklasse), die
  • consulares als viri clarissimi (Senatoren) und die
  • praesides als viri perfectissimi (Ritter).

Am Ende des 4. Jahrhunderts wurden, mit einer Ausnahme[4], aber auch die praesides zu clarissimi.

Aufgaben

Um das Jahr 400 gab es im gesamten römischen Reich etwa 70 praesides. Sie bekleideten richterliche wie auch administrative Funktionen und waren (mit Ausnahme der Provinzen Isauria und Mauretania Caesariensis) im Gegensatz zu früheren römischen Statthaltern nur noch für die zivile Verwaltung zuständig. Bis Diokletian unterstanden ihnen noch die Grenztruppen, danach hatten sie kein militärisches Kommando mehr inne. Sie amtierten als Richter für alle Provinzialen, die nicht Militärangehörige, Geistliche oder Senatoren waren. Für untergeordnete Fälle ernannte der Praeses einen eigenen Richter, den iudex pedaneus.

Die Praesides sorgten für die Einbringung von Geld- und Naturalsteuern, sowohl von Domänen als auch Privatleuten, kontrollierten die Staatspost (cursus publicus) und alle Arbeiten an der öffentlichen Infrastruktur (Straßen, Brücken, Wasserleitungen etc.) Auch die Magistrate der Städte wurden von ihnen überwacht sowie alles, was in den Bereich der öffentlichen Ordnung fiel. Sie hielten nicht nur die Verbindung zu den Vikaren und Präfekten aufrecht, sondern wandten sich oft auch direkt an den Kaiser selbst, da es keinen geregelten Instanzenweg gab.

Normalerweise hatten diese Praesides im praetorium (oder regia) der Provinzmetropole ihren Amtssitz, es gehörte aber zu ihren Pflichten, alle Städte ihrer Provinz regelmäßig aufzusuchen und Gerichtstage abzuhalten. Diese Sitzungen waren öffentlich.

Ernennung und Amtsdauer

Ernannt wurden die Praesides auf Vorschlag des Praefectus praetorio vom Kaiser, konnten aber bei schweren Amtsmissbrauch auch vom Praefectus praetorio wieder abgesetzt werden. Die Amtszeit betrug für gewöhnlich ein oder zwei Jahre. Diese hohe Stellungen (dignitas) wurde deswegen nur für wenige Jahre vergeben, da der Kaiser bestrebt war, die damit verbundenen Einnahmen und Privilegien auf möglichst viele seiner Günstlinge zu verteilen. Viele ehemalige Amtsträger blieben auch nicht im Staatsdienst, sondern kehrten nach Ende ihrer Amtszeit wieder ins Privatleben zurück.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Plinius, Panegyricus 70.
  2. Tacitus, Annales 12, 45.
  3. Sueton, Augustus 23.
  4. Notitia Dignitatum occ XLV

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Praeses — (von lateinisch prae sidere „vor sitzen“) steht für: den leitenden Geistlichen in einigen evangelischen Landeskirchen (anstelle eines Bischofs), siehe Präses den zivilen Statthalter in zahlreichen römische Provinzen, siehe Praeses (Statthalter) …   Deutsch Wikipedia

  • Praeses — (lat.), 1) Vorsitzender; 2) Statthalter einer römischen Provinz; 3) später Statthalter in Provinzen von geringerem Umfang; 4) der die Aufsicht führende akademische Lehrer bei einer Disputation, s.d. 4); 5) der bei Studentencommercen Vorsitzende,… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Statthalter — Ein Statthalter ist ursprünglich ein Verwalter für eine bestimmte Region, der stellvertretend für (anstatt) einen Vorgesetzten (z. B. König, Kaiser, Präsident, usw.) Verwaltungsaufgaben in seinem Verwaltungsbezirk übernimmt.… …   Deutsch Wikipedia

  • Dux Pannonia Prima et Noricum Ripenses — Der Dux Pannoniae Primae et Norici Ripensis war ab dem 3. Jahrhundert n. Chr. Kommandeur der Limitanei und von Flotteneinheiten an der mittleren Donau. Inhaltsverzeichnis 1 Definition und Funktion 2 Die Donaugrenze vom 3. bis zum 5. Jahrhundert 2 …   Deutsch Wikipedia

  • Dux raetiae — Der Dux Raetiae war ein hoher Offizier der spätrömischen Armee in der Provinz Rätien. Das Amt wurde im Zuge der umfassenden Staatsreform seit Diokletian um 310 n. Chr. eingerichtet.[1] Am kaiserlichen Hof zählte der Dux zur höchsten Rangklasse… …   Deutsch Wikipedia

  • Raetia prima — Churrätien im Frühmittelalter Churrätien ist ab dem Frühmittelalter bis in die frühe Neuzeit eine Bezeichnung für denjenigen Teil der spätrömischen früheren römischen Provinz Raetia prima, der in der Zeit der Völkerwanderung seinen sprachlichen… …   Deutsch Wikipedia

  • Raetien — Lage der Provinz Raetia (gelb) auf einer Historischen Karte. Droysens Historischer Handatlas, 1886 Raetia (Rätien) war eine römisch …   Deutsch Wikipedia

  • Rhätien — Lage der Provinz Raetia (gelb) auf einer Historischen Karte. Droysens Historischer Handatlas, 1886 Raetia (Rätien) war eine römisch …   Deutsch Wikipedia

  • Rätia — Lage der Provinz Raetia (gelb) auf einer Historischen Karte. Droysens Historischer Handatlas, 1886 Raetia (Rätien) war eine römisch …   Deutsch Wikipedia

  • Rätien — Lage der Provinz Raetia (gelb) auf einer Historischen Karte. Droysens Historischer Handatlas, 1886 Raetia (Rätien) war eine römisch …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”