- Produktmaß
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Ein Produktmaß ist in der Maßtheorie ein Maß auf dem Produkt zweier Maßräume.
Inhaltsverzeichnis
Konstruktion des Produktmaßes
Einleitung
Wenn man an die gewohnten reellen Zahlengeraden (also die x- und y-Achse) mit dem Lebesgue-Borel-Maß λ denkt, so ist es naheliegend, den als den gemeinsamen Produktraum zu definieren. Das zweidimensionale Lebesguemaß (also ein Flächeninhalt) ist hier dadurch gegeben, dass ein Rechteck mit Kantenlängen (d. h. eindimensionalem Lebesguemaß) a und b der Flächeninhalt haben soll, also das Produkt der Maße auf den Projektionen.
Für zwei beliebige Messräume und ist zunächst die Produkt-σ-Algebra zu definieren. Diese ist die vom Produkt von und erzeugte σ-Algebra, also die kleinste σ-Algebra, welche enthält. (Dieser technische Schritt ist nötig, weil das Produkt selbst im Allgemeinen keine σ-Algebra ist, sondern nur ein Halbring.)
Produkte zweier Maße
Seien nun und zwei Maßräume. Man möchte dann analog zum obigen Beispiel auf der Produkt-σ-Algebra ein Maß μ definieren, welches erfüllt für alle . Ein Maß μ, das diese Bedingung erfüllt, wird dann Produktmaß genannt. Um zu zeigen, dass μ ein Maß ist, kann man es etwa als Integral auf darstellen:
Solch ein Maß μ existiert stets, wie man etwa mit dem Fortsetzungssatz von Carathéodory zeigen kann.
Allerdings ist ein solches Maß nicht notwendigermaßen eindeutig bestimmt. Wenn es sich jedoch um zwei σ-endliche Maßräume handelt, dann ist auch σ-endlich und auf existiert genau ein Produktmaß μ.
Produkte endlich vieler Maße
Sei mit und eine Familie von Maßräumen. Das auf der dazugehörigen Produkt-σ-Algebra definierte Maß heißt dann Produktmaß von wenn für alle
gilt. Die Existenz von μ zeigt man mittels vollständiger Induktion über das Produkt zweier Maße. Analog hierzu erhält man die Eindeutigkeit von μ nach dem Fortsetzungssatz, wenn μi für alle σ-endlich ist.
Entsprechend definiert man mit den Produktmaßraum von .
Bemerkungen
- Mit Hilfe dieser Definition kann das Prinzip von Cavalieri in seiner allgemeinsten Form auf dem für jede (fast überall) Lebesgue-messbare Teilmenge formuliert werden.
- Auch die Sätze von Fubini und Tonelli gelten unter der Voraussetzung σ-endlicher Maßräume ganz allgemein (also nicht unbedingt nur für den euklidischen Raum) für messbare Funktionen.
- Für die Eindeutigkeitsaussage von ist wirklich notwendig, dass beide Maßräume σ-endlich sind. Setzt man nämlich (die auf [0,1] eingeschränkte borelsche σ-Algebra) und wählt für μ1 das Lebesguemaß, für μ2 das nicht σ-endliche Zählmaß, so gibt es mindestens drei verschiedene Produktmaße auf , obwohl immer noch einer der Maßräume σ-endlich ist.
- Das Produktmaß zweier vollständiger Maße ist im Allgemeinen nicht wieder vollständig, beispielsweise ist für jede Teilmenge eine λ2-Nullmenge, aber nur für liegt diese Menge in , d.h. es gilt
- Im Gegensatz dazu gilt für die Borelsche σ-Algebra für alle .
Literatur
Schmidt, Klaus D.: Maß und Wahrscheinlichkeit. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2009, ISBN 978-3-540-89729-3.
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