Präventivkrieg

Präventivkrieg

Mit Präventivschlag wird allgemein ein militärischer Angriff (mitunter auch der Polizei gegen geplante Verbrechen) bezeichnet, der einem objektiv drohenden (oder auch nur vermuteten oder propagandistisch vorgeschobenen) Angriff des Gegners zuvorkommen soll.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Der Präventivschlag führt

  • entweder zu einem so genannten Enthauptungsschlag, der dezidiert die Führung der gegnerischen Streitmacht schwächt oder vernichtet (bzw. die des Landes, dem aggressive Absichten unterstellt werden) oder
  • zu einem (regulären) Krieg, einem Präventivkrieg, der unter anderem verhindern soll, dass Kampfhandlungen auf dem eigenen Territorium ausgetragen werden

Ein Stillstand der militärischen Aktionen ist in der Regel nicht Ziel des Vorgehens.

Präventivkriege werden als vorweggenommene Verteidigung gerechtfertigt, da der bevorstehende Angriff des Gegners nur vorweggenommen werde, um den Vorteil des Angreifers der eigentlich bedrohten Seite zukommen zu lassen. Gegner dieser Argumentation führen an, dass sich auf diese Art fast jeder Angriffskrieg in eine Verteidigungshandlung umdefinieren ließe.

Präemptivschlag

Der amerikanische Präsident George W. Bush verwendet in der Bush-Doktrin häufig den Begriff "Präemptivschlag (pre-emptive strike)" in Abwandlung des Konzepts des Präventivschlags. Meint ersterer eine Militäraktion zur Ausschaltung einer zukünftigen Gefahr (beispielsweise die Zerstörung von vermuteten Giftgasfabriken), so setzt letzter erst bei einem unmittelbar bevorstehenden Angriff an. Abgrenzung und Definition des "pre-emptive strike" sind sehr umstritten.[1]

Historische Präventivkriege und -schläge

Ein bekanntes Beispiel für einen Präventivkrieg ist der Einmarsch Friedrichs des Großen in Sachsen 1756, der Auslöser für den Siebenjährigen Krieg war. Obwohl Friedrich in Dresden Belege für die gegen ihn geschmiedete Koalition fand, galt er durch den Überfall als Aggressor.

In der Militärgeschichte sind zahlreiche weitere Beispiele für Präventivschläge bekannt:

  • Während der Balkanfeldzüge des Maurikios zwischen 591 und 602 stoßen römische Heere in die Gebiete der Slawen und Awaren nördlich der Donau vor, um deren Angriffsvorbereitungen zu stören.
  • 1801 und am 5. September 1807 greift Großbritannien das neutrale Dänemark an, um die Durchfahrt von der Nordsee zur Ostsee sicherzustellen, die durch ein mögliches Bündnis Dänemarks mit Napoléon blockiert gewesen wäre.
  • Russisch-Japanischer Krieg (1904 - 1905) - Angriff einer Flotte von japanischen Torpedobooten gegen das Russische Pazifikgeschwader im Hafen von Port Arthur noch vor der offiziellen Kriegserklärung.
  • Die These, der Angriff Nazi-Deutschlands auf die Sowjetunion sei präventiv erfolgt, ist unter Historikern sehr umstritten.
  • Der bis heute einzige unter dem modernen völkerrechtlichen Gewaltverbot oft als gerechtfertigt angesehene Präventivschlag war der Sechstagekrieg zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn im Juni 1967. Es ist jedoch auch in diesem Fall umstritten, ob es damit einem arabischen Angriff wirklich zuvor kam. Eindeutig völkerrechtlich als verbotener Angriff gewertet wurde dagegen der israelische Luftschlag gegen die Baustelle des irakischen Atomreaktors Osirak 1981, bei dem vor Ort u.a. ein französischer Bautechniker als Kollateralschaden ums Leben kam.
  • Auch der Angriff der Koalitionskräfte unter Führung der USA auf den Irak im Dritten Golfkrieg 2003 wurde von George W. Bush als Präventivkrieg zur „Abwehr einer drohenden Gefahr“ gerechtfertigt, da der Irak angeblich Massenvernichtungswaffen besitze. Diese wurden jedoch nicht gefunden. Später musste die US-Regierung einräumen, dass die angeblichen Massenvernichtungswaffen ein vorgeschobener Kriegsgrund waren. Beim Irakkrieg der USA und der Koalition der Willigen handelte es sich nach Ansicht vieler Kritiker daher um keinen Präventivkrieg im Sinne der Vereinten Nationen (s. dazu: Caroline-Kriterien), sondern vielmehr um einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg.

Siehe auch

Verteidigungskrieg

Quellen

  1. vgl. etwa Kaufman: "Under both contemporary practice and tradition, pre-emptive self-defense (self-defense against an imminent or actual attack) is permissible, whereas “preventive self-defense” – where there is not even an imminent threat -- is not permissible"[1]; siehe auch Rose: "Als präemptiv wird ein Angriff gemeinhin dann bezeichnet, wenn er in zweifelsfrei unmittelbar bevorstehende oder bereits stattfindende Angriffshandlungen eines Gegners hineinläuft. Als präventiv firmiert eine Kriegshandlung, wenn eine Angriffsvorbereitung des Gegners zwar nicht direkt erkennbar, aber damit zu rechnen ist, dass dieser Gegner demnächst oder jedenfalls in absehbarer Zeit eine militärische Offensive startet."[2]. Kaufman hält aber auch fest: "However, much of the confusion arises because the word ‘pre-emptive’ is sometimes used to mean the use of force against an imminent threat, and sometimes to mean the use of force where a threat is not even imminent. The problem seems to be a lack of agreement on the definition of key terms."[3]

Literatur

  • Martin Kunde: Der Präventivkrieg. Geschichtliche Entwicklung und gegenwärtige Bedeutung. - 1. Auflage. - Frankfurt: Peter Lang, November 2006. - ISBN 3-63156-030-3
  • Michael Salewski: Praevenire quam preaveniri. Zur Idee des Präventivkrieges in der Späten Neuzeit, in: Jürgen Elvert, Michael Salewski (Hrsg.), Historische Mitteilungen der Ranke-Gesellschaft, Stuttgart 2006
  • Jack S. Levy: Declining Power and the Preventive Motivation for War, in: World Politics, Vol. 40, No. 1 (Oct., 1987), S. 82-107 (englisch)

Weblinks


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