- Pulverturm (Mainz)
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Der Pulverturm in Mainz war der in den letzten ca. 50 Jahren seiner Existenz als Pulverturm genutzte Martinsturm der Festung Mainz. Besondere Bekanntheit erhielt er durch die Pulverturmexplosion am Nachmittag des 18. November 1857.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Der Martinsturm stammte aus dem Mittelalter und war der äußere Gautorturm; ursprünglich hieß er äußere Gaupforte. Als um 1660–1670 unter Johann Philipp von Schönborn die Martinsbastion Teil der zusammenhängenden Festung der Stadt Mainz wurde und die beiden anderen Gaupforten niedergelegt wurden, blieb die äußere Gaupforte als Martinsturm erhalten. Das Gebäude wurde als Stockhaus, also als Militärarresthaus genutzt. Das nach 1670 errichtete und 1896 niedergelegte Gautor ersetzte die alten Gaupforten.
Pulverturmexplosion
Seit dem 19. Jahrhundert wurde der Martinsturm als Pulvermagazin genutzt, bis er am Mittwoch, dem 18. November 1857, um 14:45 Uhr explodierte. Zu diesem Zeitpunkt lagerten 208 Zentner Zündhütchen und über 600 Leuchtkugeln in dem Magazin. Innerhalb weniger Sekunden wurden 57 Häuser am Kästrich zerstört; an weiteren 64 Gebäuden und an den Festungswerken entstand großer Sachschaden. Die ebenfalls in der Nähe befindliche St. Stephan-Kirche wurde ebenfalls schwer beschädigt. Sie diente aber gleichzeitig als eine Art Schutzschild für den restlichen Teil der Stadt. Durch die entstehende Druckwelle wurden Fenster im Mainzer Dom sowie in der St. Quintin-Kirche zerstört. Steine flogen bis in den Rhein und zur Bauhofstraße. Ein Giebelstein von 1366 Pfund flog bis zum Ballplatz. Die gesamte Wachmannschaft der Torwache (34er) vor dem Gautor wurde getötet; Teile der preußischen Garde-Feldartillerie und 3er, die im Festungsgraben exerzierten, wurden ebenfalls getötet oder verwundet. Die Anzahl der getöteten Österreicher blieb Militärgeheimnis.
Trotz dieser weitreichenden Schäden hatten Festung und Stadt Glück im Unglück, denn noch wenige Tage vorher befanden sich noch rund 700 Zentner Munition in dem Depot. Die Ursache der Explosion, die man einem Racheakt eines österreichischen Korporals zuschrieb, konnte nie aufgeklärt werden.
Für diesen Tag war ein Turnfest des österreichischen Offizierskorps geplant, wozu außer der gesamten Garnison auch der Großherzog Ludwig III., der Herzog von Nassau Adolf I. und der Landgraf Ferdinand von Hessen-Homburg eingeladen waren. Nur wegen einer kurzfristigen Absage dieses Festes entgingen die Fürsten dem Unglück.
Die Festungsbesatzung verhinderte erfolgreich eine Kettenreaktion der verbundenen Pulverlager, indem die Minengänge nahe dem Martinsturm, in denen ebenfalls Munition lagerte, unter Wasser gesetzt wurden. Insgesamt befanden sich zu diesem Zeitpunkt 12.000 Zentner Munition in der Stadt. Das Katastrophengebiet wurde am nächsten Tag durch die Garnisonstruppen abgesperrt, da sich ein reger Katastrophentourismus entwickelte. Die Belegung der Garnison bestand damals aus dem 36. Infanterieregiment unter Alfred Ludwig Freiherr von Degenfeld, dem 34. und 37. Infanterie-Regiment sowie den Deutzer Kürassieren den Windischgrätz-Dragonern.
Spätere Nutzung
Kreisbaumeister Ignaz Opfermann nahm die erforderlichen Wiederaufbaumaßnahmen zum Anlass einer umfassenden Bauplanung des Kästrichbereiches und der Kupferbergterasse.
Im Oktober 1933 wurde das Gebäude am Pulverturm 13 für die „Staatsschule für Kunst und Handwerk“ errichtet. Nach dem Krieg diente dieses Gebäude als behelfsmäßiges Theater, Konzertsaal, und bis zur Eröffnung des Rathauses 1974 als Sitz der Stadtverwaltung. In dieser Zeit meinte man in Mainz mit „dem Pulverturm“ dieses Gebäude. Es beherbergt seitdem verschiedene Verwaltungseinrichtungen, das Tumorzentrum Rheinland-Pfalz und einige Institute der Universität. Einige Parkplätze befinden sich in den alten Wallanlagen der Festung.
Denkmäler
- Denkmal zum Gedächtnis an die Explosion des Pulverturms, Mainzer Hauptfriedhof
- Giebelstein vom Pulverturm, Ballplatz (683 kg, war bei der Pulverturmexplosion 1857 470 Meter bis dorthin geschleudert worden)
- Die Straße, in der der Turm stand, heißt bis heute „Am Pulverturm“
Verweise
Literatur
- Ellen Hennesen, Mit den uns zu Gebote stehenden Mitteln – Nöte und Hilfsmaßnahmen nach der Pulverturmexplosion von 1857, Mainz: Vierteljahreshefte für Kultur, Politik, Wirtschaft, Geschichte, Nr. 22/2002, 4, S. 57–60.
- Ellen Hennesen, Jedes Haus hat seine Geschichte – vom Wiederaufbau des alten Kästrich nach der Pulver-Explosion 1857, Mainz: Vierteljahreshefte für Kultur, Politik, Wirtschaft, Geschichte, Nr. 24/2004, 4, S. 72–75.
Quellen
- Als der Pulverturm in die Luft flog – Nach der Explosion von 1857 spendete sogar Kaiserin Sissi für die Opfer Artikelserie in der Rhein Main Presse vom 29. November 2002
- Gewaltige Explosion forderte 42 Todesopfer – Pulverturm-Katastrophe in Mainz vor 150 Jahren in der Rhein Main Presse vom 16. November 2007
- Geschichte der Berufsfeuerwehr Mainz
- Geschichte von Franz Xaver Klingelschmitt (1835–1892)
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