- Qin (Staat)
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Qin (chinesisch 秦 Qín, W.-G. Ch’in oder auch Ts’in, (778 v. Chr. – 207 v. Chr.) war ein Königreich in China während der Zeit der Frühlings- und Herbstannalen sowie der Zeit der Streitenden Reiche. Der Staat Qin verfolgte eine expansive Politik, die dazu führte, dass es ganz China zum ersten Mal vereinte und zur Gründung der Qin-Dynastie führte. Der Ahnenname des Hauses Qin lautet Yíng 嬴, der Clanname ebenso wie das Reich: Qin.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Für lange Zeit war der Staat Qin das mächtigste unter den sieben Königreichen Chinas (Qi, Chu, Han, Yan, Zhao, Wei und Qin selbst). Sein Aufstieg begann mit der Ernennung des Qin-Oberhauptes zum Herzog durch den Zhou-König (das nominelle Oberhaupt Chinas), da dieser 771 v. Chr. vor einer Barbarenarmee aus seiner Hauptstadt fliehen musste. Der Qin-Herrscher gewährte dem König Schutz sowie eine militärische Eskorte und gewann so die Dankbarkeit der Zhou.
Der Machtbereich der Qin wuchs stetig im Verlauf der Jahrhunderte an, gegründet auf den außergewöhnlichen Fleiß und den Ehrgeiz seiner Einwohner. Die Qin-Herzöge ergriffen zahlreiche Maßnahmen um ihren Staat - ganz im Westen des Landes gelegen - auszubauen und dessen Lage zu verbessern. Dazu begannen sie großangelegte öffentliche Arbeiten, wie etwa ein vorbildliches Netz aus Bewässerungskanälen und große Verteidigungsmauern gegen Überfälle von Barbaren und feindlichen Ländern. Es ist interessant zu vermerken, dass die Qin eigentlich ein halbbarbarisches Volk waren, also Teile seiner Bevölkerung wahrscheinlich vom nichtchinesischen Nomadenstamm der Jong abstammten. Die Sinisierung fremder Völker sollte eine konsequente Konstante in der gesamten chinesischen Geschichte bleiben, auch wenn man die Qin sicherlich nicht als Fremdvolk betrachten darf. Dennoch führte dieser Faktor dazu, dass die anderen chinesischen Länder das noch junge Herzogtum Qin verächtlich als primitiv und unzivilisiert betrachteten. So war Qin von Beginn an zu allen Seiten mit potentiellen Feinden konfrontiert.
Eines der wichtigsten Ereignisse in der Geschichte Qins war die Ankunft des Reformers Shang Yang. Dieser war ein überzeugter Anhänger der Staatsideologie des Legalismus. Die Legalisten vertraten den Standpunkt, dass alle Menschen von Grund auf gleich sind und dass schärfste Gesetze und strenge Strafen notwendig wären, um den Untertanen Ruhe und Ordnung zu geben. Shang Yang wurde Kanzler von Qin unter der Regierung des Herzogs Xiao und begann unverzüglich, den Staat nach den Vorstellungen des Legalismus in eine hocheffiziente „Herrschaftsmaschine“ umzuwandeln, deren Hauptziel die Vernichtung aller Rivalen war. Shang Yang schaffte den Feudalismus ab und führte eine Leistungsgesellschaft ein, in der nur diejenigen hohe Ränge zu erwarten hatten, die auch eine entsprechende Leistung erbrachten. Des Weiteren waren Geburtsrechte ausschließlich dem Herrscherhaus vorbehalten. Durch seine von vielen als rücksichtslos empfundenen Reformen machte sich Shang Yang Feinde am Hof, und nach dem Tod des Herzogs Xiao 338 v. Chr. wurde er durch eine Intrige gestürzt und später sogar getötet. Dennoch trugen die legalistische Doktrin und ihre Reformen schnell Früchte für Qin. So war kein Herrscher von Qin bereit, an diesen Reformen etwas zu ändern, sondern sie behielten sie bei und reformierten im legalistischen Geist weiter.
Am augenscheinlichsten erfolgreich waren die Reformen in der Armee. Ursprünglich wurde die Armee von Adeligen befehligt und setzte sich aus Leibeigenen zusammen. Nun konnten jedoch Generäle aus allen Gesellschaftsschichten kommen, wenn sie nur talentiert genug waren. Am wichtigsten jedoch war, dass die Armee der Qin auf eine enorme Größe anschwoll und so als effektives Instrument des Staates fungierte. Als Ergebnis der zahlreichen öffentlichen Projekte und der hoch produktiven Landwirtschaft war Qin nun in der Lage, eine Truppenstärke von angeblich etwa 600.000 [1] Soldaten zu unterhalten. Es übertraf die militärische Schlagkraft der anderen Reiche bei weitem. Nur der südliche Staat Chu war in der Lage, in ähnlicher Weise Truppen zu mobilisieren, und wurde so zum Hauptrivalen der Qin. Aus dieser Position der Stärke begann Qin nun, seine kleineren Nachbarn zu annektieren und eine aggressive Expansionspolitik zu betreiben. Von nun an bezeichneten sich die Herzöge von Qin als Könige. Huiwen war ab 338 v. Chr. der erste König von Qin, er war derjenige, der den Reformer Shang Yang exekutieren ließ, und profitierte nun auch als erster von dessen Neuerungen.
Im Jahr 260 v. Chr. musste ein erschrockenes China feststellen, wie ineffizient das Militär der anderen Staaten im Vergleich mit dem hochgerüsteten Qin war. In der Schlacht von Changping besiegte Qin seinen Nachbarn Zhao und soll 400.000 [2] Kriegsgefangene gemacht haben. Um Zhao einzuschüchtern, ließ der Qin-General alle Gefangenen ausnahmslos hinrichten. Zhao fügte sich widerwillig in eine Allianz mit Qin. Noch heute kann man in Changping zu tausenden Skelette finden.
In der Mitte des dritten Jahrhunderts v. Chr. sollte Qin ein neues Bauprojekt unternehmen, das seine Vormachtstellung endgültig unantastbar machen sollte. Das Königreich Han war tief beunruhigt über die letzte Expansion der Qin nach Osten und befürchtete, bald von Qin attackiert zu werden. So ersann der König von Han den Plan, dass, wenn er Qin nicht mit seinen Armeen zerstören könne, wo er nur hätte verlieren können, Qin mit einem Wasserbauprojekt zu ruinieren. Seit längerem versuchte Qin seine Produktivität durch Kanalbaumaßnahmen weiter zu erhöhen, so auch in der Region des Wei-Flusses. Der Plan des Han-Königs sah vor, den König von Qin mit Hilfe des Bauingenieurs Cheng Kuo dazu zu bringen, einen Kanal zu bauen und so seine Ressourcen zu verschwenden. Die Qin stimmten dem Vorschlag von Cheng Kuo zu und begannen mit dem Bau, doch unglücklicherweise war das Resultat des Plans das völlige Gegenteil. Tatsächlich verschlang das Projekt erhebliche Mittel, doch überanstrengte es Qin eben nicht wie erwartet. Im Jahr 246 v. Chr. wurde der sogenannte Chengkuo-Kanal eröffnet und alle Investitionen sollten sich bezahlt machen - allerdings für Qin. Der neue Kanal und die damit verbundenen Bewässerungssysteme bescherten Qin hohe Einnahmeüberschüsse, und die Region um die Qin-Hauptstadt Xianyang (unweit des heutigen Xi'an) – bekannt als das Land innerhalb der Pässe – wurde zum produktivsten und reichsten Gebiet in ganz China. Qin konnte nun schneller Truppen in den Osten senden und seine Armeen besser versorgen.
Zu diesem Zeitpunkt existierten bereits nur noch sechs weitere Königreiche, mehr war von den einst tausenden Fürstentümern der Zhou-Zeit nicht übrig geblieben. Qins Erzfeind war das Reich Chu, daneben existierten noch die mächtigen Länder der Zhao und Han als Nachbarn der Qin. Doch keines dieser Länder verfügte über eine so gut ausgebildete Armee und eine so wohlhabende Bevölkerung wie Qin. Es konnte sich zusehends als Vormacht etablieren. Im Jahr 256 v. Chr. beendete Qin die Existenz der winzigen Königsdomäne des Zhou-Königs, der immer noch nominell oberster Lehnsherr Chinas und religiöses Oberhaupt war. Fortan beanspruchte der König von Qin den Zhou-Titel Sohn des Himmels für sich und machte allen anderen Reichen damit klar, dass er die Herrschaft über ganz China beanspruchte.
Das Jahr 247 v. Chr. markiert den Anfang vom Ende der Streitenden Reiche, denn in diesem Jahr bestieg der dreizehnjährige Prinz Zheng den Thron des Königs von Qin. Siebzehn Jahre später begann er seinen Vernichtungskrieg gegen die anderen Königreiche, indem er als erstes Han eroberte, gegründet auf die solide Vorarbeit seiner Vorgänger. Nach äußerst heftigen Kriegen gelang es König Zheng von Qin ganz China im Jahr 221 v. Chr., nachdem sich das Reich Qi kampflos ergeben hatte, endgültig zu vereinigen. Der König begründete das chinesische Kaiserreich, nannte sich selbst Erster Kaiser (Shi Huang Di = Erster Erhabener Gott) und gründete die Qin-Dynastie.
Seine Herrscherlinie sollte nach seiner Vorstellung zehntausend Generationen regieren, es kam freilich anders. 207 v. Chr. ging Qin im Chaos des Bürgerkriegs, welcher auf den Tod des Ersten Kaisers folgte, unter.
Zeitleiste
- 361 v. Chr.: Herzog Xiao besteigt den Thron. Shang Yang kommt aus Wei an den Qin-Hof.
- 356 v. Chr.: Shang Yang beginnt seine Reformen.
- 338 v. Chr.: Herzog Xiao stirbt und König Huiwen besteigt den Thron. Er lässt Shang Yang hinrichten.
- 316 v. Chr.: Qin erobert die Shu-Region.
- 293 v. Chr.: Qin zerschlägt eine feindliche Koalition aus Wei und Han in der Schlacht von Yique.
- 260 v. Chr.: Qin gewinnt die Schlacht von Changping gegen Zhao.
- 256 v. Chr.: Qin setzt den Zhou-König ab und beansprucht den Titel des Himmelssohnes.
- 247 v. Chr.: Zheng, der spätere Erste Kaiser, besteigt den Thron.
- 230 v. Chr.: Han fällt.
- 228 v. Chr.: Zhao fällt.
- 225 v. Chr.: Wei fällt.
- 223 v. Chr.: Chu fällt.
- 222 v. Chr.: Yan fällt.
- 221 v. Chr.: Qi fällt. Ganz China wird geeint. Der König von Qin wird der Erste Kaiser von China.
Herzöge und Könige von Qin
- Qin Yíng Zhong (秦嬴仲), 854 – 822 v. Chr.
- Herzog Zhuang (莊公)
- Herzog Xiang (襄公)
- Herzog Wen (文公)
- Herzog Ning (寧公)
- Herzog Wu (武公)
- Herzog De (德公)
- Herzog Xuan (宣公)
- Herzog Cheng (成公)
- Herzog Mu (穆公)
- Herzog Kang (康公) : Ying Ying (罃)
- Herzog Gong (共公): Ying Dao (稻)
- Herzog Huan (桓公): Ying Rong (榮)
- Herzog Jing (景公): Ying Hou (後)
- Herzog Ai (哀公)
- Herzog Hui (惠公)
- Herzog Dao (悼公)
- Herzog Li (厲公): Ying Ci (刺)
- Herzog Zao (躁公)
- Herzog Huai (懷公)
- Herzog Ling (靈公): Ying Su (肅)
- Herzog Jian (簡公): Ying Daozi (悼子)
- Herzog Hui II (惠公)
- Herzog Chu (出公)
- Herzog Xian (獻公): Ying Shiti (師隰)
- Herzog Xiao (孝公), 361 – 338 v. Chr
- König Huiwen (惠文王), 338 – 311 v. Chr.
- König Wu (武王), 311 – 307 v. Chr.
- König Zhaoxiang (昭襄王), 307 – 250 v. Chr.
- König Xiaowen (孝文王), 250 v. Chr.
- König Zhuangxiang (荘襄王) 250 – 246 v. Chr.
- Kaiser Qin Shihuangdi (秦始皇), 246 – 210 v. Chr.
- Kaiser Qin Er Shi Huangdi (二世皇), 210 – 207 v. Chr.
- König Ziying (子嬰), 207 v. Chr.
siehe auch: Kaiser der Qin-Dynastie
Anmerkungen
- ↑ Alle Zahlenangaben stammen aus der traditionellen chinesischen Geschichtsschreibung, in der die Angaben aus propagandistischen Gründen oft stark übertrieben sind. Peers weist darauf hin, dass die durchschnittliche Größe der chinesischen Armeen (für die großen Königreiche, während der letzten Phase der Streitenden Reiche) wohl eher mit 100.000 bis 200.000 Soldaten anzusetzen ist.
- ↑ Für diese Angabe gilt das gleiche.
Literatur
- Chris J. Peers: Ancient Chinese Armies: 1500 B.C.-200 B.C., Osprey 1990.
- Denis Twitchett und Michael Loewe (Hgg.): The Cambridge History of China. Volume 1: The Ch'in and Han Empires, 221 BC–AD 220. Cambridge University Press, Cambridge u.a. 1986.
- Heinz Wilhelm Kempgen: Zur Geldgeschichte des Staates Qin, PS VERLAG 2007.
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