Raimund VI. von Toulouse

Raimund VI. von Toulouse

Raimund VI. von Toulouse, (franz.: Raymond; okzt.: Ramon; * 27. Oktober 1156; † 2. August 1222), war von 1194 bis zu seinem Tod ein Graf von Toulouse und Markgraf der Provence aus dem Geschlecht der Raimundiner. Er war der älteste Sohn des Grafen Raimund V. von Toulouse und dessen Ehefrau Konstanze von Frankreich.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Raimund wurde in jungen Jahren mit Dulcia II., der Erbin der Grafschaft Provence, verlobt. Sie starb 1172 noch vor der Eheschließung und König Alfons II. von Aragón bemächtigte sich der Provence. Raimund heiratete darauf Ermessende de Pelet, Erbin der Grafschaft Melgueil, die 1176 starb. Darauf heiratete er Beatrix von Béziers, eine Tochter von Roger II. Trencavel, wodurch die Beziehungen des Hauses Toulouse zu deren Familie verbessert wurden. Als aber 1193 die englische Königin Berengaria auf dem Rückweg vom dritten Kreuzzug nach Bordeaux durch Toulouse kam, verliebte sich Raimund in Bougogne de Lusignan, die sich im Gefolge der Königin befand und eine Tochter König Amalrichs I. von Zypern war, wofür er Beatrix verstieß.

1194 folgte Raimund seinem gestorbenen Vater in dem ausgedehnten Territorialkonglomerat der Familie nach. Den Kampf seines formellen Lehnsherren Richard Löwenherz gegen den französischen König Philipp II. versuchte er zu seinen Gunsten zu nutzen. Dafür verstieß er 1196 Bourgogne um Johanna Plantagenet, die Schwester von Richard Löwenherz, zu heiraten die ihm das Agenois in die Ehe brachte. Als Richard Löwenherz 1199 überraschend an einer Pfeilwunde starb, wurde Toulouse von der andauernden Bedrohung durch die Plantagenets befreit.

Nachdem Johanna ebenfalls 1199 an den Folgen einer Fehlgeburt starb, heiratete Raimund eine byzantinsiche Prinzessin aus der Dynastie der Komnenen. Ihr Vater war der „Kaiser“ von Zypern, Isaak Komnenos. 1202 verstieß er auch sie, um ein Jahr später Eleonore von Aragón, einer Tochter von König Alfons II., zu heiraten; sie sollte seine letzte Ehefrau bleiben.

Der Albigenserkreuzzug

Das bestimmende Thema in der Regierung Raimunds VI. war sein Verhältnis zu der als häretisch eingestuften Sekte der Katharer, die im Languedoc weit verbreitet und in einer eigenen Kirche organisiert war. Raimund nahm eine verhältnismäßig tolerante Position zu ihnen ein, wodurch er mit der katholischen Amtskirche immer wieder in Konflikt geriet. 1196 wurde er nach einem Streit mit der Abtei von St. Gilles erstmals exkommuniziert, der Bann wurde 1198 aufgehoben.

1203 wurde er erneut mit dem Kirchenbann belegt nachdem er dem päpstlichen Legaten Pierre de Castelnau die notwendige Unterstützung zur Bekämpfung der Häresie verweigerte. Bei einem Treffen zwischen Raimund und dem Legaten in St. Gilles 1208 kam es zu einem Streit, worauf der Legat im Anschluss auf seiner Heimreise ermordet wurde, der Verdacht viel sofort auf Raimund. Papst Innozenz III. rief darauf einen Kreuzzug gegen die Albigenser aus. Raimund beeilte sich von dem Kirchenbann gelöst zu werden, indem er sieben Burgen in der Provence der Kirche übergab und sich zu einem Bußritual in der Abtei St. Gilles bereit fand. Nachdem ihm am 18. Juni 1209 die Absolution erteilt wurde, schloss er sich dem Kreuzzug an, in der Hoffnung seine Ländereien vor diesem bewahren zu können. Tatsächlich wurde als erstes Kriegsziel das Land des Vizegrafen Raimund-Roger Trencavel ausgemacht, der ebenfalls die Katharer duldete und sich einer Beteiligung am Kreuzzug verweigert hatte. Im Juli 1209 wurde Béziers und im August 1209 Carcassonne eingenommen. Dann wandten sich die Kreuzzfahrer, nun unter der Führung von Simon de Montfort, gegen die Grafschaft Foix und die Burgen von Minerve und Termes.

Im März 1211 begannen die Kreuzfahrer die Belagerung von Lavaur, der ersten Stadt die zum Herrschaftsbereich Raimunds gehörte. Während der Belagerung unterstützte er verdeckt die Verteidiger, indem er ihnen Waffen und Vorräte zukommen ließ. Nachdem die Stadt aber fiel und dabei der Seneschall Raimunds gefangen genommen wurde, offenbarte sich seine eigene ambivalente Haltung zum Kreuzzug. Vom einem Konzil in Montpellier wurde er erneut gebannt. Raimund wechselte sofort die Seiten und verbündete sich mit den Grafen Raimund Roger von Foix und Bernard IV. von Comminges; im Juni 1211 verteidigten sie sogleich eine erste Belagerung von Toulouse. Der Koalition der Grafen gelang es in den folgenden Jahren, den aragonesischen König Peter II. als Schutzherren auf ihre Seite zu ziehen. Der stieß im Sommer 1213 mit einem Heer zu ihnen und sie huldigten ihm als ihrem neuen Lehnsherren. Für Raimund war dies eine einschneidende Handlung, waren er und seine Vorfahren noch die ärgsten Rivalen Aragóns um die Vorherrschaft im Languedoc gewesen. Am 12. September 1213 stellte die Koalition die Kreuzfahrer in der Schlacht bei Muret, wo sie trotz einer zahlenmäßigen Überlegenheit eine vernichtende Niederlage erfuhren.

Raimund musste Toulouse aufgeben und floh nach England, an den Hof seines einstigen Schwagers Johann Ohneland. Auf dem vierten Laterankonzil 1215 versuchten sich Raimund und seine Verbündeten gegenüber dem Papst zu rechtfertigen, doch erlitten sie gegen die Montfort-Partei eine Niederlage. Ihm und seinem Sohn wurde der gesamte Besitz bis auf das Agenois aberkannt, auch durfte er ihn nie wieder betreten.

Entgegen des Konzilbeschlusses landete Raimund 1216 an der Küste der Provence, was den Rückeroberungskampf gegen Simon de Montfort einläutete. Während sein Sohn die Belagerung von Beaucaire aufnahm, zog Raimund nach Aragon, wo er Faydits um sich sammelte, mit denen er am 13. September 1217 kampflos wieder in Toulouse einziehen konnte. Bei der anschließenden Verteidigung der Stadt gegen die Kreuzfahrer wurde Montfort von dem Geschoss eines Katapultes, welches angeblich toulousanische Frauen bedient hatten, getötet. In den folgenden Jahren bis zur Befreiung von Carcassonne 1224 gelang es dem Widerstand, die letzten Kreuzfahrer aus dem Languedoc zu vertreiben. Raimund erlebte dies nicht mehr: er starb als Gebannter 1222, weshalb ihm ein katholisches Begräbnis verweigert wurde, allerdings trat er vor seinem Tod dem Templerorden bei.

Rezeption

Raimund VI. von Toulouse ist neben Moses, Konfuzius und Sokrates Thema eines Gemäldeensemble im Saal des Supreme Court des Minnesota State Capitols. Das von John LaFarge 1903 geschafene Deckengemälde, mit den Titel The Adjustment of Conflicting Interests: Count Raymond of Toulouse swears at the Altar to observe the Liberties of the City, zeigt den Grafen vor dem päpstlichen Legaten als Verteidiger städtischer Freiheiten und kommunalen Besitzes gegenüber der Kirche.

Nachkommen

Aus seiner zweiten Ehe mit Beatrix von Béziers hatte Raimund eine Tochter:

  • Konstanze (* um 1180; † 1260)

Aus seiner dritten Ehe mit Johanna Plantagenet bekam er seinen Erbsohn Raimund VII. (* Juli 1197 in Beaucaire; † 27. September 1249 in Millau).

Daneben hatte Raimund VI. noch mehrere uneheliche Kinder, darunter:

  • Bernard: Stammvater der Vizegrafen von Bruniquel
  • Guillemette: verheiratet mit Hugues d'Alfaro, Seneschall von Toulouse

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