- Austauschwechselwirkung
-
Die Austauschwechselwirkung ist eine logische Konsequenz des Pauli-Prinzips, die sich aus dem Austausch ununterscheidbarer Teilchen ergibt. Es handelt sich hierbei nicht um eine Wechselwirkung, die klassisch durch eine Kraft vermittelt würde, sondern um einen rein quantenmechanischen Effekt, der sich jedoch wie eine klassische Wechselwirkung bemerkbar macht.
Inhaltsverzeichnis
Vorüberlegungen
Nach dem Pauli-Prinzip ist die Gesamtwellenfunktion , eines Systems von n Fermionen antisymmetrisch, d. h. die Wellenfunktion wechselt bei paarweiser Vertauschung (Austausch) von jeweils zwei Teilchen ihr Vorzeichen: .
Physikalisch bedeutet das Pauli-Prinzip, dass zwei Fermionen niemals denselben Quantenzustand besetzen.
Bei einer Separation in Ortswellenfunktion und Spinwellenfunktion fordert die Antisymmetrie der Gesamtwellenfunktion bei symmetrischer Ortswellenfunktion eine antisymmetrische Spinwellenfunktion, und umgekehrt. Eine (anti)symmetrische Spinwellenfunktion kennzeichnet eine paarweise (anti)parallele Spinorientierung. Die Bedeutung einer antisymmetrischen Ortswellenfunktion soll im Beispiel weiter unten veranschaulicht werden.
Heuristische Darstellung der Austauschwechselwirkung
Für die Besetzung möglicher physikalischer Zustände ist deren Energieniveau entscheidend. Die Austauschwechselwirkung berücksichtigt den Einfluss des Pauli-Prinzips auf das Energieniveau eines Zustands. Unmittelbar hat das Pauli-Prinzip jedoch keinen Einfluss auf das Energieniveau unterschiedlicher Zustände. Der energetische Effekt des Pauli-Prinzips ist vielmehr mittelbarer Natur. Am einfachsten wird dies verdeutlicht anhand eines Beispiels mit lediglich zwei Fermionen.
Beispiel mit zwei Fermionen
In einem solchen System können die beiden Spins parallel oder antiparallel ausgerichtet sein. Das Pauli-Prinzip ordnet diesen beiden Konstellationen keinen energetischen Unterschied zu, es verlangt lediglich, dass die zugehörigen Ortswellenfunktionen antisymmetrisch, respektive symmetrisch sind.
Handelt es sich bei den Fermionen um gleichsinnig geladene Teilchen (z. B. Elektronen, die beide die Elementarladung − e tragen), so stoßen sie sich aufgrund der Coulombkraft ab, d. h. je näher sich die Teilchen kommen, desto energetisch ungünstiger ist der Zustand. Die Elektronen versuchen somit einen maximalen Abstand einzunehmen. Im Falle einer symmetrischen Ortswellenfunktion kann es nun vorkommen, dass man beide Fermionen an derselben Stelle vorfindet. Ein durch eine Wellenfunktion mit symmetrischer Ortswellenfunktion beschriebener Zustand wäre daher aufgrund der Coulombabstoßung durch eine hohe Energie gekennzeichnet und scheidet daher in der Regel als möglicher Grundzustand des Systems aus.
Bei antisymmetrischer Ortswellenfunktion ist die Wahrscheinlichkeit, beide Fermionen an derselben Stelle zu finden, null. Dies folgt aus für . Des Weiteren kann man berechnen, dass der durchschnittliche Abstand der beiden Teilchen bei einer antisymmetrischen Ortswellenfunktion größer ist. Daher ist bei gleichsinnig geladenen Teilchen eine antisymmetrische Ortswellenfunktion günstiger, die ihrerseits wegen des Pauli-Prinzips mit einer symmetrischen Spin-Wellenfunktion, also einer parallelen Spinorientierung korreliert. D. h. aus der Kombination des Pauli-Prinzips mit der Coulombabstoßung folgt, dass die Konstellation mit parallelen Spins energetisch günstiger ist.
Dies führt direkt zur Hundschen Regel und zu der Unterscheidung zwischen Para- und Ortho-Helium.
Anschaulich kann man die Unterschiede der Austauschwechselwirkung bei unterschiedlichen Materialien wie folgt erklären: Bei geringen Atomabständen ist es energetisch günstiger, wenn sich die Elektronen mit großer Wahrscheinlichkeit zwischen den Atomrümpfen aufhalten. Durch ihre negative Ladung mindern sie so deren abstoßende Kraft. Entsprechend dem Pauli-Prinzip müssen dabei aber die eng benachbarten Elektronen entgegengesetzte Spins aufweisen. Bei großen Atomabständen ist diese abschirmende Wirkung der Elektronen weniger wichtig. Dafür stoßen sich dann aber die Elektronen gegenseitig ab. Dies erhöht ihren Abstand und so können die Spins teilweise in die gleiche Richtung weisen.
Konsequenzen der Austauschwechselwirkung
Allgemein ist die Überlappung der Wellenfunktionen der einzelnen Fermionen begrenzt, auch ist ein Verlauf der Ortswellenfunktion denkbar, der antisymmetrische Lösungen auch für Fermionen liefert, die an unterschiedlichen Orten lokalisiert sind. Die begünstigte Spinordnung in einem beliebigen Fermionensystem hängt daher vom konkreten Verlauf der Ortswellenfunktion ab. In Festkörpern beobachtet man unterschiedlichste Spinordnungen, die die magnetischen Eigenschaften des jeweiligen Festkörpers prägen. Deshalb spielt die Austauschwechselwirkung zum Beispiel in der Erklärung des Ferromagnetismus eine große Rolle.
Die Austauschwechselwirkung ist für den repulsiven Teil des Lennard-Jones-Potentials verantwortlich.
In der Chemie bestimmt sie das Phänomen der sterischen Hinderung.
Weblinks
Siehe auch
Magnetische Ordnung, Ferromagnetismus, Antiferromagnetismus, Ferrimagnetismus, Holstein-Herring-Methode, Spindichtewelle, Superaustausch
Wikimedia Foundation.