Raufhandel

Raufhandel

Die Beteiligung an einer Schlägerei (früher Raufhandel) ist ein Tatbestand des deutschen Strafrechts, der das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit schützt. Es handelt sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, da bei Schlägereien eine generelle Gefährlichkeit für Leib und Leben festzustellen ist, einzelne Verantwortliche aber schwer ausfindig gemacht werden können.

Inhaltsverzeichnis

Deutsches Strafrecht

Gesetzliche Grundlage

Die Straftat wird in § 231 StGB normiert:

(1) Wer sich an einer Schlägerei oder an einem von mehreren verübten Angriff beteiligt, wird schon wegen dieser Beteiligung mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn durch die Schlägerei oder den Angriff der Tod eines Menschen oder eine schwere Körperverletzung (§ 226) verursacht worden ist.
(2) Nach Absatz 1 ist nicht strafbar, wer an der Schlägerei oder dem Angriff beteiligt war, ohne dass ihm dies vorzuwerfen ist.

Da der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe belangt wird, kann eine Haftstrafe von unter zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Tat verjährt nach fünf Jahren (§ 78 StGB Abs. 3 Nr. 4).

Auslegung der Norm

Unter einer Schlägerei versteht die Rechtsprechung einen tätlichen Streit mit gegenseitigen Körperverletzungen zwischen mindestens drei Personen. Die erforderliche dritte Person kann auch im Nachhinein dazukommen, entfernt sie sich allerdings, ist die Schlägerei beendet.

Mit von mehreren verübten Angriff ist ein unmittelbar auf die körperliche Verletzung eines anderen bezogenes Verhalten von mindestens zwei Personen gemeint, d. h. das Merkmal der Gegenseitigkeit fällt in diesem Zusammenhang weg. Dieses Verhalten liegt dann vor, wenn sich die Angreifer zur Auseinandersetzung entschlossen in Annäherung auf das Kampfziel befinden, um alsbald in ein Kampfgeschehen einzugreifen und dies auch können. Die Angreifer müssen keine Mittäter sein, es muss lediglich eine Einheit von Angriff, Angriffswillen und Angriffsgegenstand bestehen.

Eine Beteiligung liegt bei dem vor, der sich am Tatort befindet und an den gegen andere gerichteten Tätlichkeiten mitwirkt. Neben dem klassischen Fall der körperlichen Mitwirkung schließt die Definition auch ein psychisches Mitwirken ein, wenn beispielsweise jemand einen Täter verbal anfeuert. Verneint werden muss die Beteiligung aber, wenn die betreffende Person das Opfer des Angriffs ist, das sich nur verteidigt, oder nicht parteibezogen eingreift, beispielsweise als Schaulustiger oder Streitschlichter.

Gemäß dem zweiten Absatz muss die Beteiligung dem Täter vorzuwerfen sein, was Vorsatz (mindestens dolus eventualis), Rechtswidrigkeit und Schuld erfordert. Trifft dies bei einem Beteiligten nicht zu, so hat dieser Umstand keinerlei Auswirkungen auf die Strafbarkeit anderer Teilnehmer, auch wenn die notwendige Personenzahl dadurch unterschritten wird.

Für die Strafbarkeit des Täters ist es als objektive Bedingung der Strafbarkeit notwendig, dass die Schlägerei oder der Angriff den Tod eines Menschen oder eine schwere Körperverletzung im Sinne des § 226 StGB verursacht. Diese Folge muss nur unmittelbar durch die Schlägerei bzw. den Angriff insgesamt verursacht worden sein. Für die Strafbarkeit des einzelnen Beteiligten ist demnach nicht erforderlich, dass gerade sein Tatbeitrag zum Tod oder einer entsprechenden Verletzung einer Person führte. Die Folge kann auch eine Person treffen, die nicht an der Schlägerei beteiligt ist (z.B. einen Zuschauer). Auch wenn der Getötete sich aus Versehen selbst getötet hat, schließt dies die Anwendung von § 231 nicht aus. Die Schlägerei muss nur kausal für die Folge sein, die entsprechende Verletzung muss also weder vorsätzlich, schuldhaft noch rechtswidrig herbeigeführt worden sein, also auch eigentlich durch Notwehr gerechtfertigte Handlungen werden erfasst. Die bereits erwähnte Vorwerfbarkeit nach Abs. 2 bezieht sich ausschließlich auf die Beteiligung an der Schlägerei oder an dem Angriff.

Umstritten ist, ob ein Beteiligter an der Schlägerei auch dann bestraft werden soll, wenn die schwere Folge zu einem Zeitpunkt eintritt, an dem er noch nicht oder schon nicht mehr an der Schlägerei beteiligt ist. Die Rechtsprechung bejaht auch eine Bestrafung bei Folgeeintritt vor oder erst nach der Teilnahme, sofern zu diesem Zeitpunkten bereits bzw. noch eine Schlägerei oder ein Angriff vorliegt, da ansonsten Beweisprobleme aufträten, die § 231 StGB gerade vermeiden wolle. In der Literatur wird die Strafbarkeit dann teilweise ganz abgelehnt oder nur bejaht, wenn der Täter vor der Folge beteiligt war. Als Grund für diese Unterscheidung wird genannt, dass ein Tatbeitrag vor der Folge bereits die Gefährlichkeit der Schlägerei erhöht habe.

Es wird aber auch schon grundlegend bezweifelt, dass die Rechtsfigur der objektiven Bedingung der Strafbarkeit mit dem Schuldprinzip im Strafrecht vereinbar ist; es wird also kritisiert, dass der Täter so für fremdes Unrecht bestraft werden könnte, das ihm persönlich nicht vorwerfbar sei. Demnach müsste auch die Folge vom Täter zumindest fahrlässig herbeigeführt worden sein.

Andere Staaten

Österreichisches Pendant ist der Raufhandel (§ 91 StGB), die schweizerische Entsprechung wird neben dem Raufhandel (Art. 133 StGB) noch im Tatbestand des Angriffs (Art. 134 StGB) geregelt.

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