Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung

Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung

Das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung (inoffiziell auch „Reichswissenschaftsministerium“ und „Reichserziehungsministerium“ REM genannt) existierte von 1934 bis 1945 unter dem Reichsminister Bernhard Rust und diente den Bemühungen Adolf Hitlers, die Schulen des Deutschen Reiches grundlegend im Sinne des Nationalsozialismus umzustrukturieren. Es ging personell im Wesentlichen aus dem vormaligen preußischen Kultusministerium hervor und wurde 1945 durch die Alliierten geschlossen.

Das Ministeriumsgebäude in Berlin, Unter den Linden 4, wurde im 2. Weltkrieg fast völlig zerstört, der angrenzende Erweiterungsbau Wilhelmstrasse 68 wurde bis 1989 für das Ministerium für Volksbildung der DDR genutzt.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Bis zum 1. Mai 1934 unterstand das Bildungswesen dem Reichsinnenministerium unter Wilhelm Frick, dann wurde der kommissarische preußische Kultusminister mit dem neu gebildeten Reichsministerium betreut.

Im Sinne des Führerprinzips wurde das Ministerium von Rust sehr streng geführt. Die Erziehung im Nationalsozialismus wurde allerdings nicht allein von ihm, sondern auch von Ernst Krieck, der NS-Lehrergewerkschaft NSLB und den diversen Jugendorganisationen des NS-Staates bestimmt, so vor allem durch die zunehmend Einfluss gewinnende Hitlerjugend.

Erlasse und Richtlinien

Bis 1938 wurden nur einzelne Erlasse verfasst, die das Weimarer Schulwesen entdemokratisieren sollten, wie der Erstellung neuer Fächer (Vererbungslehre und Rassenkunde 15. Januar 1935 oder Pflege der Luftfahrt 17. November 1934) und Schulbücher, bis 1938 ein ganz neues System entworfen wurde, dessen Umsetzung sich im Krieg allerdings verzögerte.

Mit den neuen Richtlinien Erziehung und Unterricht in der höheren Schule wurde das traditionelle Gymnasium zugunsten einer erwünschten Oberschule zurückgedrängt; Realgymnasien und Oberrealschulen wurden ab 1937 einheitlich als "Oberschule" bezeichnet. Vor Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde von Reichsbildungsminister Bernhard Rust per Erlass vom 30. November 1936[1] die Schulzeit von 13 auf 12 Jahre verkürzt:

"Die Durchführung des Vierjahresplanes sowie der Nachwuchsbedarf der Wehrmacht und akademischer Berufe erfordern es, die Verkürzung der Schulzeit für höhere Schüler von bisher 13 auf 12 Jahre bereits von Ostern 1937 ab durchzuführen."

Die Unterprimaner (12. Klasse) legten daher bereits März 1937 ihre Reifeprüfung ab, die Oberprimaner (13. Klasse) verließen dafür ohne schriftliche Prüfung 1937 die höhere Schule. An Mädchenschulen wurde ab Ostern 1940 ebenfalls das "Notabitur" nach der 12. Klasse eingeführt.

Nach dem Anschluss Österreichs 1938 etablierten die Nationalsozialisten – nach österreichischem Vorbild und parallel zur deutschen Volksschule – eine Hauptschule für begabte Volksschüler. Reichserziehungsministers Bernhard Rust teilte damals der Presse mit:

„die aus dem alten Österreich stammende Hauptschule würde im ganzen Reich eingeführt und mit den ersten vier Jahren der Mittelschule des Altreichs verbunden.“[2]
Deutsche normalschrift ab 01091941.jpg

Die nur vierklassige „neue“ Hauptschule sollte letztlich die sechsjährige Mittelschule verdrängen, sie wurde auch „Bürgerschule“ genannt und bereitete auf handwerkliche Berufe vor.[3] Das Reichsschulpflichtgesetz von 1938 wurde daraufhin am 16. Mai 1941 entscheidend ergänzt. Dem Abschnitt II (Volkschulpflicht) folgte nun der neue Abschnitt III (Hauptschulpflicht):

„Die Volksschulpflicht dauert acht Jahre. … Volksschulpflichtige Kinder, bei denen die für die Aufnahme in die Hauptschule erforderlichen Voraussetzungen vorliegen, sind zum Besuch der Hauptschule verpflichtet.“

Nach vier Jahren an der Volksschule wurden Mädchen und Jungen getrennt, damit die Mädchen zur „deutschen Mutter“ erzogen werden konnten, also vor allem Hauswirtschaftslehre erteilt bekamen, und Jungen zu „deutschen Kriegern“, also vor allem Deutschkunde und „kriegsrelevante“ Naturwissenschaften. Außerdem wurden neue Schulbücher und Unterrichtsmaterialien zugelassen und viele andere verboten (siehe „Erziehung im Nationalsozialismus“).

Ein weiterer Erlass von 1941 betraf die Vereinheitlichung der Schreibschrift an allen deutschen Schulen[4]

Literatur

  • Reinhard Dithmar (Hrsg.): Schule und Unterricht im Dritten Reich. Neuwied 1989, ISBN 3-472-54049-4.
  • Eva Matthes: Geisteswissenschaftliche Pädagogik nach der NS-Zeit. Bad Heilbrunn 1998, ISBN 3-7815-0926-5.
  • Übersicht der Erlasse 1934 - 1945 [1]

Einzelnachweise


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