Rheinberger (Schuhfabrik)

Rheinberger (Schuhfabrik)
Dach über dem Eingang des Rheinberger-Gebäudes mit einem Schuster

Eduard Rheinberger AG war der Name einer ehemaligen Schuhfabrik im pfälzischen Pirmasens. Das Werk war bis in die 1950er Jahre die größte Firma dieser Art in Europa.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Im September 1882 gründet Eduard Rheinberger (1856-1918) mit zunächst 15 Mitarbeitern seine Schuhfabrik im Husarenstall in Pirmasens. Schon 1885 zieht der Betrieb mit jetzt 100 Arbeitern in ein eigenes Gebäude in der Ringstrasse. Nachdem die Produktion ausgeweitet werden kann, kauft Rheinberger 1903 ein großes Gebäude in der Schachenstrasse.[1] 1905 wird eine weitere Halle gebaut, die dann 1911 vergrößert werden muss. Bald arbeiten dort 1.500 Mitarbeiter. In Clausen und Lemberg werden kleine Teilbetriebe gegründet, die aber lediglich Schuhteile fertigen. Zwischenzeitlich treten 1909 Eduard Rheinbergers Sohn Gustav (1889-1968) und 1910 der zweite Sohn Robert (1894-1937) in die Firma ein.[2][3]

Nach dem 1. Weltkrieg und dem Tod von Eduard Rheinberger am 10. März 1918, übernehmen die Söhne Gustav und Robert die Leitung der Fabrik. 1920 wird das Gebäude um einen Stock erweitert.[1] 1923 wird die Firma mit einem Stammkapital von sechs Millionen Reichsmark in eine Aktiengesellschaft umgewandelt; Mitglieder der Familie Rheinberger halten alle Aktien.[3][4][5] 1925 wird dann der siebenstöckige Hans-Sachs-Bau errichtet. Im Jahr 1927 produzieren 1.800 Arbeiter 5.000 Paar Schuhe täglich.[1] Neue Absatzmärkte in Dänemark, England, Österreich, der Schweiz und auf dem Balkan werden erschlossen. Bis ins Jahr 1937 werden die Fabrikgebäude mehrfach erweitert und die Zahl der Beschäftigten wächst auf 2.300 an.[3] Robert Rheinberger verstirbt in diesem Jahr.

Als im September 1939 die Stadt Pirmasens geräumt werden muss, erwirbt Gustav Rheinberger in Offenbach ein Zweitwerk, in dem bis August 1940 1.200 Mitarbeiter Schuhe fertigen.[3] Danach wird die Produktion nach Pirmasens zurückverlagert; in Offenbach werden vorwiegend Teile wie Rahmen hergestellt. Eduard Rheinberger, Sohn des verstorbenen Robert, leitet das Zweigwerk am Main. Der Stammsitz wie auch die Fabrik in Offenbach werden in den letzten Kriegsjahren 1943–1945 mehrfach von Bomben getroffen und teilweise dem Erdboden gleichgemacht. Mit nur 30 Arbeitern nimmt Gustav Rheinberger 1945 die Produktion wieder auf; 1946 werden etwa 200 Maschinen demontiert und als Reparationszahlungen abtransportiert.[2] 1950 erfolgte die Umstellung der Stammkapitalwährung auf sechs Millionen DM.[4][5] Schon ein Jahr später wächst die Belegschaft auf über 2.500 Mitarbeiter an. Der Slogan "Rheinberger-Meisterschuhe" wird zum Begriff für Qualität.[6] 1953 verstirbt der jüngere Eduard Rheinberg und sein Bruder Klaus übernimmt das Werk in Offenbach.[1] 1962 werden 1,5 Millionen Paar Schuhe produziert.

Der Rheinberger-Komplex wird renoviert: linker Bereich schon fertig, rechts wird noch gebaut

Nach dem Tod der großen Persönlichkeit und dem ersten Ehrenbürger der Stadt Pirmasens, Gustav Rheinberger am 23. Januar 1968 und dem Niedergang der deutschen Schuhindustrie werden die Aktien der Firma 1973, mit gerade noch 700 Angestellten, für 12 Millionen DM an zwei Privatbanken verkauft.[1] Von diesen kauft noch 1973 die Hauensteiner Firma Josef Seibel GmbH die Firma Rheinberger.[3] In den Jahren 1995-1996 wird der Betrieb endgültig geschlossen, nachdem die Schuhfertigung mit den restlichen 250 Mitarbeitern nach Schwanheim verlagert worden war.[6]

Ausblick

Rückansicht/Innenhof des Gebäudes nach dem Umbau 2008.

Seit 2007 begann die Stadt Pirmasens damit, das ehemalige Betriebsgelände in einen Gewerbepark umzuwandeln. Alte, baufällige Gebäudeteile wurden abgerissen. Bei der Restgröße des Gebäudekomplexes von rund 18.000 m2 Nutzfläche wurde eine Investitionssumme von ca. 19 Mio. € erwartet.[7] Die Finanzierung wurde durch eine Spende von 1 Million € des Rheinberger-Nachkommen Klaus Rheinberger[1], Fördermittel aus dem Bundespilotprojekt Stadtumbau West[8] sowie aus Landesmitteln gedeckt. Ende April 2008 wurde in einem Teil des Gebäudes das erste Science Center in Rheinland-Pfalz, das Dynamikum eröffnet.[1]

Zahlen und Fakten

Waren im Jahr 1914 in 243 Pirmasenser Schuhfabriken 14.000 Menschen beschäftigt, so stieg diese Zahl bis 1970 auf 22.000. Heute arbeiten lediglich noch ca. 1.200 in der Schuhproduktion, alleine 500 davon bei Peter Kaiser. Bei Rheinberger stieg die Anzahl der Arbeiter von knapp 15 bei der Gründung 1882 über 1.500 (1905) auf 2.500 im Jahr 1937. Danach begann der Abstieg über 700 Personen 1973 bis auf 250 bei der Schließung.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Dynamikum Zeitung, Sonderausgabe der Pirmasenser Zeitung am 26. April 2008
  2. a b Albert Gieseler: Eduard Rheinberger GmbH, Schuhfabrik
  3. a b c d e Julius Ganser: 100 Jahre Rheinberger. 1882-1982. Pirmasens, 1982
  4. a b Aktie der Eduard Rheinberger AG in Pirmasens, beim HWPH Historisches Wertpapierhaus AG
  5. a b Aktie der Eduard Rheinberger AG, beim Aktien-Archiv Benecke & Rehse
  6. a b LRP.DE: Auf leisen Sohlen die Zukunft einholen, Lebendiges Rheinland-Pfalz (PDF), Heft III-IV, 2004, ISSN 0934-9294
  7. GIU Gesellschaft für Innovation und Unternehmensförderung mbH: Projektblatt
  8. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Stadtumbau West
49.2019927.600119

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