Roggenmühle Lehndorf

Roggenmühle Lehndorf
Gesamtansicht der Roggenmühle Lehndorf im September 2006

Die Roggenmühle Lehndorf ist eine ehemalige Industriegroßmühle für Getreide aus dem Jahre 1912 im Braunschweiger Stadtteil Lehndorf. Seit ihrer Stilllegung im Jahre 1987 steht sie als Industriedenkmal unter Denkmalschutz.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Südansicht
Wasserturm
Gesamtansicht der Silos
Silowand
Südostansicht mit Turm

Die „Roggenmühle Lehndorf AG“ wurde 1912 unter Beteiligung der Mühle Rüningen AG gegründet und ab diesem Jahr in mehreren Bauabschnitten nach Plänen des Architekten Otto Orlishausen von der „Maschinenfabrik und Mühlenbauanstalt G. Luther AG, Braunschweig“ in Vollziegelbauweise an der Hannoverschen Straße errichtet und befindet sich heute direkt neben der Auffahrt zur A 391. Betreiberin war die „Braunschweiger Roggenmühle AG“. Die Mühle diente lange Zeit als Versuchsanlage für die in der Nähe befindliche Mühlenbau- und Industrieaktiengesellschaft (MIAG). 1915 wurde ein Kesselhaus angebaut und 1916 folgte eine Trocknungsanlage. 1934 kam schließlich das Wahrzeichen der Mühle sowie Lehndorfs, der markante Turm, hinzu. Es handelt sich um einen Wasserturm, der zur Sicherheit der Mühle errichtet wurde, um im Falle eines Brandes und unabhängig vom städtischen Wassernetz genügend Wasserdruck für die Sprinkleranlage zur Verfügung zu haben.

In ihrer fast hundertjährigen Geschichte brannte die etwa 100 m lange und bis zu 30 m hohe Mühle (ohne Turm) drei Mal: Das erste Mal 1913, allerdings ohne schwerwiegende Schäden, ein zweites Mal am 11. Oktober 1914, als ein einzelnes, gerade erst fertig gestelltes Getreidesilo in Flammen stand. Das zerstörte Silo wurde umgehend wieder aufgebaut. Der dritte und größte Brand brach am 24. April 2007 aus und zerstörte den kompletten Silobereich (s. u.).

Am 28. Januar 1921 erfolgte der Zusammenschluss der „Braunschweiger Roggenmühle AG“ mit der noch heute bestehenden „Mühle Rüningen GmbH & Co. KG“. Beim schwersten Luftangriff auf Braunschweig am 15. Oktober 1944 wurde auch die Lehndorfer Mühle schwer beschädigt. Ihr Wiederaufbau wurde 1948 abgeschlossen. Zwischen 1952 und 1953 wurde die Mühle von Dampfbetrieb auf Elektrizität umgestellt.

1987 wurde der Betrieb der Mühle beendet und der Gesamtkomplex unter Denkmalschutz gestellt, die Nutzung der Silos für die Rüninger Mühle wurde jedoch noch bis 1999 fortgesetzt. Teile der Mühlentechnik wurden nach der Stilllegung 1987 nach Südafrika verkauft.

Sanierung und Umbau

Erste Pläne für eine Neunutzung des Gebäudekomplexes gab es bereits Anfang der 1990er Jahre, wurden aber nicht umgesetzt. Schließlich, nach knapp 20 Jahren Leerstand, begannen Investoren 2006 mit Umbaumaßnahmen.

Großbrand

Am Dienstagabend, dem 24. April 2007, kam es im Silotrakt der Mühle, der sich im nördlichen Gebäudeteil befand, aufgrund fahrlässiger Brandstiftung durch unsachgemäß ausgeführte Schweiß- und Flexarbeiten zu einem Schwelbrand durch Funkenflug, der allerdings zunächst unentdeckt blieb. Aufgrund des trockenen Wetters sowie des Vorhandenseins von reichlich Brennbarem (die Silos und große Teile der weiteren Einrichtung des Gebäudetraktes bestanden aus Holz), standen die siebenstöckigen, ca. 30 m hohen, Silos sehr bald in Flammen. Die Temperaturen am Brandherd erreichten um die 1000° C, sodass Stahlträger im Gebäudeinneren an Festigkeit verloren. Die Löscharbeiten gestalteten sich u. a. auch wegen der hohen Temperaturen sehr schwierig und gingen bis in die Abendstunden des 25. April. Insgesamt waren ca. 300 Feuerwehrleute aus Braunschweig und Umgebung sowie Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks (THW) an ihnen beteiligt. Aus Hannover wurde der Feuerwehrkran der Feuerwehr Hannover angefordert, da dieser über eine Wasserabgabemöglichkeit in einer Höhe verfügt, die mit den Drehleitern der Feuerwehr Braunschweig nicht erreichbar war.

Folgen des Brandes

Die eingesetzten Kräfte konnten jedoch trotz Einsatzes großer Mengen Wassers und Löschschaums den teilweisen Einsturz der Ost- und Westseite des Silokomplexes nicht verhindern. Aufgrund der schweren Schäden am Silobau drohte Einsturzgefahr. Um einem unkontrollierten Einsturz zuvor zu kommen, wurden die Silos, da die Bausubstanz nicht mehr zu retten war, in den folgenden Tagen abgerissen.

Da es zwischen der zuständigen Denkmalschutzbehörde und dem Investor zu keiner Einigung zum Wiederaufbau des Silobereiches kam, wurde beschlossen, diesen nicht wieder herzustellen. Der Brand hat die Eröffnung der umgebauten Lehndorfer Mühle um einige Monate auf Anfang 2008 verzögert. Die Ziegelsteinfassade wurde einem speziellen Reinigungsverfahren unterzogen, Schadstellen im Mauerwerk wurden ausgebessert und die gesamte Gebäudeaußenhaut anschließend versiegelt.

Heutige Nutzung

Bis Jahresende 2011 ist es zu keiner Einigung gekommen, was den eingestürzten Silokomplex angeht. Die restliche Fläche der Roggenmühle ist mittlerweile zu einem wichtigen infrastrukturellen Punkt in Lehndorf geworden. Neben Frisören und Arztpraxen sowie Büros und Praxen für Krankengymnastik und Physiotherapie, haben sich im unteren Teil zwei Gastronomiebetrieb niedergelassen.

Literatur

  • Camerer, Garzmann, Schuegraf, Pingel: Braunschweiger Stadtlexikon, Braunschweig 1992

Weblinks

 Commons: Roggenmühle Lehndorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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