Rohrohrzucker

Rohrohrzucker

Rohrzucker ist die Warenbezeichnung für Haushaltszucker (Saccharose), der aus Zuckerrohr gewonnen wird. Der heute in Mitteleuropa häufiger produzierte Zucker wird dagegen aus der Zuckerrübe gewonnen und heißt daher Rübenzucker; chemisch besteht kein Unterschied zwischen reinem Rohrzucker und reinem Rübenzucker. Saccharose ist ein Disaccharid, also ein aus zwei Monosaccharidmolekülen (Glucose und Fructose) aufgebauter Zucker. Die Summenformel lautet C12H22O11.

Brauner Rohrzucker als Zutat für Caipirinha
Brauner Zucker in Würfelform

Inhaltsverzeichnis

Herkunft

Zuckerrohr

Zuckerrohr (Saccharum officinarum L.; früher Arundo sacchararia L.), ein Gras mit 4 bis 6 cm dicken Stängeln aus der Familie der Gramineae, enthält einen süßen Saft, der zur Zuckerproduktion ausgepresst wird. Anbauländer sind Brasilien, Kuba, USA, Südafrika, Australien und andere.

Der Ursprung des Zuckerrohrs liegt in Polynesien. Seit dem 5. Jahrhundert wird es in Indien[1] landwirtschaftlich genutzt. Die Kreuzfahrer brachten den Zucker nach Europa. Hauptumschlagsplatz war Venedig. Der Zucker galt damals als Luxusartikel, so dass der größte Teil der Bevölkerung die Speisen weiterhin mit Honig süßte.

In Sizilien und Südspanien wurde das Zuckerrohr zunächst von den Arabern[2] angebaut. Nach der Reconquista verlagerten die Spanier den Anbau auf die Kanarischen Inseln, von wo er in die Karibik und damit auch nach Jamaika gelangte.

Die Portugiesen brachten die Pflanze nach Südamerika und bauten bereits im 16. Jahrhundert weite Flächen in Brasilien an. Der Zuckeranbau in Brasilien und in der Karibik leitete den „Zuckerzyklus“ der Kolonisationsgeschichte ein. Über nahezu 200 Jahre waren Anbau, Transport und Handel nach Europa die wirtschaftliche Grundlage der Kolonien und des Reichtums der Könige in Lissabon und Madrid, bis die ersten Goldfunde in Brasilien gegen Ende des 17. Jahrhunderts einen neuen Wirtschaftzyklus einleiteten.

Der Übergang zum Rübenzucker

1747 entdeckte der Apotheker Andreas Sigismund Marggraf, dass der Zucker der Zuckerrübe (Beta vulgaris ssp. vulgaris var. altissima), deren Zuckergehalt damals nur 3 bis 4 % betrug, mit dem Rohrzucker chemisch identisch ist. Um 1786 begann Franz Karl Achard den Zuckergehalt durch Züchtung zu erhöhen - aktuelle Zuckerrübensorten enthalten bis zu 20 % - und Verfahren zu entwickeln, den Zucker aus den Rüben zu isolieren. Dadurch wurde Preußen von dem durch Napoleons Kontinentalsperre erschwerten Import von Rohrzucker aus Übersee unabhängig und der Erwerb von Zucker für weite Teile der Bevölkerung erschwinglich.

Rohrzucker könnte heute wegen der niedrigen Löhne in den Anbauländern und des größeren Ertrages wieder weitaus preisgünstiger sein als Rübenzucker. Dem stehen allerdings in der EU einerseits hohe Zölle, die den Rohrzucker verteuern, andererseits Subventionen, die den einheimischen Rübenzucker verbilligen, entgegen.

Verarbeitung

Kräuterbonbons

Solange der Zucker ein Luxusartikel war, wurde er von Apothekern mit Heil- und Gewürzmitteln (Anis, Fenchel) vermengt und zu Kräuterbonbons (Confectiones) verarbeitet. Dazu wurde der Zucker erhitzt, so dass er karamellisierte und zähflüssig wurde. Durch Zugabe von Stärkemehl wurde verhindert, dass der Zucker beim Erkalten auskristallisierte und die Bonbons trüb wurden. Die mit den Zusatzstoffen versetzte Masse wurde auf Steinplatten ausgegossen und in kleine Stücke zerschnitten.

Zuckerherstellung

Basisartikel siehe Zuckerfabrikation sowie Raffination

Zuckersorten

Basisartikel siehe Zucker

Neben dem weißen Raffinade-Zucker gibt es Roh-Rohrzucker (Muskovade) und Vollrohrzucker, der auch als getrockneter Zuckerrohrsaft bezeichnet wird. Roh-Rohrzucker ist teilweise raffiniert und enthält 0,3 bis 1 % Melasse. Vollrohrzucker ist unraffiniert und enthält alle im Zuckerrohr enthaltenen Mineralien, insbesondere Eisen, Magnesium und Calcium, sowie B-Vitamine. Charakteristisch für diesen Zucker ist der karamellartige Eigengeschmack. Eine dunklere Version des Rohrohrzuckers mit großen Kristallen und ca. 2 bis 3 % Melassegehalt nennt man Golden Brown oder Demerara.

Der Begriff „Rohrzucker“ wird oft auch fälschlicherweise als Bezeichnung für braunen Zucker verwendet. Dabei gibt es braunen Zucker auch aus Rüben. Dieser ist jedoch ein raffinierter Zucker, der aus braunem Kandissirup hergestellt wird. Daher ist auch die Bezeichnung "Kandisfarin" gebräuchlich. Im Französischen ist der generische Begriff für jeden unraffinierten (braunen) Zucker „Cassonade“.

Ebenso existiert weißer Zucker aus beiden Grundstoffen. Er wird mit chemischen Verfahren gebleicht. Dabei geht ein Teil des Geschmacks verloren. Selbst gebleichter Rohrzucker schmeckt etwas anders als solcher aus Rüben, da in beiden Fällen keine chemisch völlig reine Substanz vorliegt, sondern noch kleine Mengen anderer Inhaltsstoffe vorhanden sind.

Rohrzucker ist in der EU etwas teurer als Rübenzucker. Lediglich in Ländern wie Frankreich mit Kolonialvergangenheit ist der Preisunterschied gering. Trotzdem stammt besonders im Norden Frankreichs der überwiegende Teil des Zuckerangebots aus Rüben, deren Anbau einen nicht unerheblichen Anteil der dortigen Landwirtschaft ausmacht. Zuckerrüben haben einen entscheidenden Vorteil: sie sind ziemlich robust und klimaresistent. Im Gegensatz zu Zuckerrohr haben sie auch das feuchtkalte Nordeuropa erobern können. Sie sind damit vermutlich sogar noch besser für das Klima geeignet als Honigbienen, dereinst der „Hauptzuckerlieferant“ für weite Teile der Welt.

In der arabischen Welt gilt Honig noch heute oft als „Arme-Leute-Süßstoff“, was seinen geschmacklichen Qualitäten natürlich keinen Abbruch tut. Die sind dem Zucker sogar oft überlegen. Auch ist er einfacher einzusetzen als Kristallzucker, der meist erst eher umständlich zu Sirup verarbeitet werden muss. Eine geläufige Alternative ist allerdings Rübensirup (auch Rübenkraut genannt), ein „Abfallprodukt“ aus Melasse. Dieser Sirup ist selbst schon von honigähnlicher Konsistenz und verfestigt sich bei kühler Lagerung und/oder entsprechender Dauer ebenso wie der Honig.

Anmerkungen

  1. Sárkarā ist die sanskritische Bezeichnung für Grieß, Kiesel oder Zucker. Daraus entstand das griechische sákcharon, aus dem das lateinische saccharon entlehnt wurde, aus dem schließlich die Fachbezeichnung Saccharose entstand.
  2. Vom arabischen sukkar leitet sich das italienische zucchero ab, aus dem dann das deutsche Zucker entlehnt wurde.

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