- Romani Rose
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Romani Rose (* 1946 in Heidelberg; Aussprache: [roːˈmaːnɪ]) ist Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma und deutscher Bürgerrechtsaktivist.
Er wuchs als Sohn eines Sinto und einer Italienerin im Rhein-Neckar-Raum auf. Dreizehn Familienmitglieder der aus Ostpreußen stammenden Familie Rose wurden in NS-Vernichtungslagern ermordet. Sein Großvater war Kinobetreiber, sein Vater Oskar und sein Onkel Vinzenz Rose hatten den Holocaust (Romanes: Porajmos) überlebt; Vinzenz Rose begründete Anfang der 1970er Jahre die Sinti/Roma-Bürgerrechtsbewegung und setzte erste politische Akzente. Romani Rose ist verheiratet und hat sechs Kinder.
Inhaltsverzeichnis
Engagement für Sinti und Roma
Im Jahr 1980 trat eine Gruppe Sinti (deutsche „Zigeuner“) auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Dachau in den Hungerstreik, weil ihr vom bayerischen Innenministerium die Akteneinsicht in die Unterlagen der 1970 aufgelösten „Landfahrerzentrale“ verweigert wurde. Daraus wollten die Sinti-Aktivisten die Kontinuität der rassistisch motivierten Verfolgung belegen. Der Hungerstreik, an dem Romani Rose als Sprecher teilnahm, wurde zu einem europaweit beachteten Ereignis, das für das Gedenken an den nationalsozialistischen Völkermord, die Wahrung der Bürgerrechte und die Verbesserung der gesellschaftlichen Teilhabe der Sinti in Deutschland ein wichtiger Anstoß war.
Nachdem Romani Rose 1979 Vorsitzender des Verbands Deutscher Sinti geworden war, widmete er sich intensiv der Bürgerrechtsarbeit. 1981 avancierte er zum Vorsitzenden und Geschäftsführer des von ihm mitbegründeten Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, für den ein Vorbild – nicht nur dem Namen nach – der Zentralrat der Juden war. Im Februar 1982 erfolgte die Gründung des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma mit Sitz in Heidelberg. Diese Dachorganisation, der 16 Mitgliedsvereine (Landesverbände und regionale Vereine) angehören, vertritt seither auf nationaler wie internationaler Ebene die Interessen der in Deutschland lebenden Sinti und Roma.
Eine entscheidende Zäsur in der Bürgerrechtsarbeit war der 17. März 1982, als der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt eine Delegation des Zentralrats empfing und in völkerrechtlich bedeutsamer Weise die NS-Verbrechen an den Sinti und Roma als Völkermord aus "rassischen" Gründen anerkannte. Dies wurde durch seinen Amtsnachfolger, Bundeskanzler Helmut Kohl, in einer Bundestagsdebatte im November 1985 noch einmal bestätigt. Bundespräsident Roman Herzog unterstützte das Anliegen, indem er 1997 erklärte, dass dem Völkermord an den Sinti und Roma der gleiche Rassenwahn und Vernichtungswille zu Grunde gelegen habe wie der Judenverfolgung.
Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma und damit auch dessen Vorsitzender, tragen das Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma als ein Kulturzentrum und eine Gedenkstätte in Heidelberg. Es wurde 1997 mit einer ständigen Ausstellung zum Schicksal der Roma zur Zeit des Nationalsozialismus eingeweiht. Seither finden dort viele Einzelveranstaltungen und Sonderausstellungen unter internationaler Beachtung statt.
Nach über 20 Jahren beharrlicher Bürgerrechtsarbeit durch den Zentralrat und die Landesverbände hat in vielen gesellschaftlichen Bereichen ein spürbarer Wandel im Umgang mit der Minderheit eingesetzt. Dies gilt auch für die Frage der Wiedergutmachung: Seit Mitte der 1980er Jahre konnte der Zentralrat für überlebende KZ-Opfer eine grundlegende Änderung der früheren diskriminierenden Entschädigungspraxis bewirken und in mehreren tausend Einzelfällen Neuentscheidungen der zuständigen Behörden zugunsten der Betroffenen durchsetzen.
Romani Rose versucht, die Kultur und die gesellschaftliche Lage der Sinti als integrierter, sesshaft lebender Volksgruppe mit eigener Sprache (Romani) und eigenem Wertekanon durch Informationskampagnen und politische Initiativen darzustellen und so der noch immer verbreiteten Romantisierung bzw. Kriminalisierung entgegenzuwirken. Auf seine Initiative soll ein Denkmal in Berlin an die ermordeten Sinti und Roma erinnern. Sein Verdienst ist, fortdauernden Rassismus und unfaire Behandlung vieler Roma und Sinti durch Behörden und Politiker nach 1945 ins öffentliche Bewusstsein gebracht zu haben.
Rose sieht eine große Gefahr in der zunehmenden Verbreitung von Hasspropaganda über das Internet. Beispielhaft führt er dabei Videos der Gruppe Landser an, die trotz Entfernung von Youtube dort immer wieder eingestellt werden, teilweise mit dem Vermerk "Netzwerk gegen Zensur". Da eine strafrechtliche Verfolgung dieser Inhalte nahezu aussichtslos ist, befürwortet er alternative Wege, um gegen Hassseiten vorzugehen. Eine Möglichkeit sieht er darin, die sogenannten „Netzsperren“ auch dazu zu nutzen, volksverhetzende und rassistische Inhalte zu erfassen. Eine andere Möglichkeit stellt aus seiner Sicht die Einrichtung einer europäischen Aufsichtsstelle nach dem Vorbild von jugendschutz.net und INACH dar.[1]
Werke
- „Den Rauch hatten wir täglich vor Augen...“: Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma. Heidelberg, Verlag Wunderhorn, 1999. 379 Seiten. ISBN 3-88423-142-1.
- Sinti und Roma im „Dritten Reich“: das Programm der Vernichtung durch Arbeit. (Romani Rose; Walter Weiss. Hrsg. vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma) Göttingen, Lamuv, 1991 und 2. A. 1995. 203 Seiten. ISBN 3-88977-248-X.
Ehrungen
2008 wurde Romani Rose mit dem Bundesverdienstkreuz I. Klasse geehrt.
Weblinks
- Literatur von und über Romani Rose im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, Homepage
- Biografie (PDF) bei zentralrat.sintiundroma.de
Einzelnachweise
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