Rotigotin

Rotigotin
Strukturformel
Rotigotin-Strukturformer mit Stereochemie
Allgemeines
Freiname Rotigotin
Andere Namen

(–)-(S)-6-[Propyl(2-thiophen-2-ylethyl) amino]-5,6,7,8-tetrahydronaphthalen- 1-ol

Summenformel C19H25NOS
CAS-Nummer 99755-59-6
PubChem 57537
ATC-Code

N04BC09

Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Dopaminagonist

Wirkmechanismus

Dopamin-D2-Rezeptor-Agonist

Verschreibungspflichtig: Ja
Eigenschaften
Molare Masse 315,47 g·mol−1
Sicherheitshinweise
Bitte beachten Sie die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [1]
Keine Einstufung verfügbar
R- und S-Sätze R: siehe oben
S: siehe oben
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

Rotigotin (Handelsname Neupro; Pharmazeutischer Unternehmer: UCB) ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der non-ergolinen Dopaminagonisten, der in der Behandlung der Parkinson-Erkrankung sowie des idiopathischen Restless-Legs-Syndroms eingesetzt wird.

Inhaltsverzeichnis

Klinische Angaben

Rotigotin wird zur symptomatischen Behandlung der Parkinson-Erkrankung im Frühstadium alleine und in späteren Stadien der Erkrankung in Kombination mit Levodopa eingesetzt. Außerdem kann es zur Behandlung des schweren bis mittelschweren idiopathischen Restless-Legs-Syndroms angewendet werden. Rotigotin wird in Form eines transdermalen Pflasters, aus welchem der Wirkstoff kontinuierlich freigesetzt wird, einmal täglich angewendet.

Wirksamkeit und Verträglichkeit von Rotigotin sind in einer Reihe von klinischen Studien gezeigt worden.[2][3] Motorische Leistungen und Aktivitäten des täglichen Lebens der Parkinson-Patienten verbesserten sich signifikant unter einer Behandlung mit Rotigotin.

Dosierung, Art und Dauer der Anwendung

Durch die transdermalen Applikation wird der Wirkstoff Rotigotin kontinuierlich über 24 Stunden zugeführt. Durch die resultierenden gleich bleibenden Plasmaspiegel werden die Dopaminrezeptoren im Gehirn kontinuierlich stimuliert, wodurch die Beweglichkeit der Patienten verbessert und das Auftreten von Dyskinesien (Gehstöhrungen) reduziert wird. Die transdermale Applikation gewährleistet eine gute Steuerbarkeit, falls die Dosis aufgrund von Nebenwirkungen reduziert werden muss, denn das Pflaster kann bei Bedarf problemlos abgenommen werden. Zuvor war die kontinuierliche dopaminerge Stimulation nur mit entsprechenden Pumpen möglich. Das Parkinson-Pflaster ist eine einfache, leicht anzuwendende Alternative. Außerdem ist die Wirkung des Pflasters unabhängig von Mahlzeiten, Gastroparesen oder Resorptionsstörungen. Es sind Dosierungen von 1 mg bis maximal 16 mg pro 24 Stunden möglich. Falls die Anwendung von Rotigotin abgebrochen werden muss, ist die Behandlung ausschleichend zu beenden.

Gegenanzeigen

Rotigotin ist nicht angezeigt bei bekannter Überempfindlichkeit gegenüber Rotigotin.

Unerwünschte Wirkungen

Unter einer Behandlung mit Rotigotin treten typische dopaminerge Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Schwindel oder Schläfrigkeit auf. Zwischen einem Promille und einem Prozent der mit Rotigotin behandelten Patienten litten unter einem chronischem Husten.

Bei gleichzeitiger Einnahme mit Dopaminantagonisten (z. B. Neuroleptika) kann es zur Wirkungsverminderung kommen. Bei gleichzeitiger Anwendung von sedierenden Arzneimitteln (z. B. Benzodiazepine oder Antidepressiva) bzw. Alkohol besteht die Gefahr einer gegenseitigen Wirkungsverstärkung.

Schwangerschaft und Stillzeit

Es liegen keine klinischen Daten über die Sicherheit von Rotigotin während einer Schwangerschaft vor. Aufgrund der prolaktinhemmenden Wirkung von Dopaminagonisten ist zu erwarten, dass die Milchbildung unterdrückt wird. Untersuchungen an der Ratte haben ergeben, dass Rotigotin und dessen Metaboliten in die Muttermilch übergehen. Da keine entsprechenden Daten für den Menschen vorliegen, soll Rotigotin während der Stillzeit nicht angewendet werden oder das Stillen beendet werden.

Pharmakologische Eigenschaften

Wirkungsmechanismus

Rotigotin ist ein Agonist an D3/D2/D1-Rezeptoren.

Pharmakokinetik

Der Wirkstoff wird nach Aufbringen des transdermalen Pflasters fortlaufend freigesetzt. Die steady-state-Konzentration ist nach ein bis zwei Tagen erreicht. Rotigotin wird zu ungefähr 92% an Plasmaproteine gebunden, das scheinbare Verteilungsvolumen beträgt ca. 84 Liter pro Kilogramm. Die Bioverfügbarkeit liegt bei transdermaler Applikation bei etwa 37%. Sie schwankt je nach Anwendungsort, was aber die therapeutische Wirksamkeit nicht beeinträchtigen soll. Durch die transdermale Zuführung von Rotigotin werden First-Pass-Effekt, Auswirkungen durch Nahrungsmittel und gastrointestinale Erkrankungen vermieden.

Rotigotin wird zum Teil durch N-Dealkylierung verstoffwechselt, welche durch verschiedene Cytochrom P450-Isoforme katalysiert wird, was in vitro-Ergebnisse nahe legen. Die Hauptmetaboliten sind Sulfate und Glucuronidkonjugate, die durch direkte und sekundäre Konjugation des Rotigotin entstehen, sowie biologisch inaktive N-Desalkylmetaboliten.

Toxikologie

In klinischen Studien wurden keine Fälle von Überdosierung berichtet. Bei den wahrscheinlichsten unerwünschten Ereignissen handelt es sich um solche, die mit dem pharmakodynamischen Profil eines Dopaminagonisten in Zusammenhang stehen, darunter Übelkeit, Erbrechen, Hypotonie, unwillkürliche Bewegungen, Halluzinationen, Verwirrtheit, Krampfanfälle (Konvulsionen) und sonstige Zeichen einer zentralen dopaminergen Stimulation. Es ist kein Antidot bekannt für die Behandlung einer Überdosierung von Dopaminagonisten.

Handelsnamen und Darreichungsformen

Rotigotin wird ausschließlich transdermal mittels Pflaster verabreicht, die Rotigotindosis wird über die Pflastergröße reguliert. Es sind Pflaster mit 1, 2, 3, 4, 6 oder 8 mg pro 24 Stunden verfügbar.

Entwicklungsgeschichte

Rotigotin wurde in den 1980er Jahren an der Universität Groningen synthetisiert und 1985 erstmals als N-0437 beschrieben.[4] Die Entwicklungs- und Vermarktungsrechte wurden 1998/99 von der US-amerikanischen Firma Aderis an die deutsche Firma Schwarz übertragen, die 2006 an die belgische UCB S.A. überging.

Das Arzneimittel wurde im Februar 2006 in der EU für die Behandlung des Frühstadiums der Parkinson-Erkrankung zugelassen. Im Januar 2007 folgte die EU-Zulassung für die späteren Stadien der Erkrankung und im Mai 2007 die US-Zulassung für das Frühstadium.

Aufgrund technischer Probleme bei der Herstellung des Pflasters erfolgte im März 2008 ein Rückruf vom US-amerikanischen Markt,[5] während die Versorgung der Patienten in der EU mittels Kühlkette erfolgt.[6],[7]

Im August 2008 erfolgte die Zulassung durch die Europäische Kommission für die symptomatische Behandlung von mittelschwerem bis schwerem idiopathischem Restless Legs Syndrom bei Erwachsenen und seit Juni 2009 ist Neupro in dieser Indikation verschreibbar.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. In Bezug auf ihre Gefährlichkeit wurde die Substanz von der EU noch nicht eingestuft, eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  2. Parkinson Study Group. A Controlled Trial of Rotigotine Monotherapy in Early Parkinson’s Disease. Arch Neurol 2003;60:1721-8. PMID 14676046
  3. Watts RL, Jankovic J, Waters C et al. Randomized, blind, controlled trial of transdermal rotigotine in early Parkinson disease. Neurology 2007;68:272-6. PMID 17202432
  4. Horn AS, Tepper P, Van der Weide J et al. Synthesis and radioreceptor binding activity of N-0437, a new, extremely potent and selective D2 dopamine receptor agonist. Pharm Weekbl Sci 1985;7:208-11. PMID 2933633
  5. Presseerklärung UCB S.A. vom 20. März 2008: UCB advises US-physicians to down-titrate patients on Neupro® in view of out-of-stock situation in the US zugegriffen am 2. August 2008
  6. Presseerklärung UCB S.A. vom 4. Juni 2008: UCB to implement full cold-chain for Neupro® zugegriffen am 2. August 2008
  7. UCB GmbH: Rote-Hand-Brief zu Neupro® vom 12. Juni 2008 zugegriffen am 2. August 2008
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