Rottenburger Dom St. Martin

Rottenburger Dom St. Martin
Dom zu Rottenburg

Der Rottenburger Dom St. Martin ist die Kathedralkirche des Bistums Rottenburg-Stuttgart und dem Heiligen Martin von Tours geweiht.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Am Rottenburger Marktplatz entstand um 1280 eine frühgotische Liebfrauenkapelle. Die Pfarrkirche befand sich noch im Dorf Sülchen vor der Stadt und war dem Heiligen Martin geweiht. An die Stelle der Marktkapelle trat ab 1424 eine gotische Stadtpfarrkirche. Ihr Name und Patrozinium St. Martin wurde von der Sülchenkirche übernommen. Diese dreischiffige Basilika hatte einen unregelmäßigen Grundriss, da beim Bau auf den Straßenverlauf geachtet werden musste und der Sockel des romanischen Turms erhalten blieb, der bis heute in den Chor der Kirche hineinragt. Gleichzeitig wurde mit dem spätgotischen durchbrochenen Turmhelm das bedeutendste Kunstwerk der Kirche geschaffen. Der 58 Meter hohe Turm ist bis heute Wahrzeichen der Stadt.

Der Stadtbrand von 1644 machte einen grundlegenden Wiederaufbau notwendig, der mit der Kirchweihe am 8. September 1655 abgeschlossen wurde. Bei dieser Gelegenheit wurde die Kirche barockisiert, die Säulen verstärkt und ein Tonnengewölbe eingezogen. Der unsymmetrische Grundriss blieb allerdings erhalten.

1821 wurde das Bistum Rottenburg für das Königreich Württemberg gegründet und Rottenburg als Stadt mit der größten katholischen Bevölkerung zum Bischofssitz bestimmt. Gegen den Widerstand des ersten Bischofs Johann Baptist von Keller wurde die Pfarrkirche St. Martin zur Bischofskirche erhoben, blieb aber zugleich wie bisher Pfarrkirche der Stadt. Wegen ihrer architektonischen Unregelmäßigkeiten und ihrer geringen Größe wurde sie als einer Bischofskirche nicht würdig empfunden. Alle Neubaupläne haben sich aber bis heute zerschlagen.

Die Innenausstattung

Um der ursprünglichen Stadtpfarrkirche den angemessenen Rahmen einer Domkirche zu geben, wurde sie in den vergangenen zwei Jahrhunderten mehrfach renoviert und dem jeweiligen Zeitgeschmack angepasst: Neugotik (1867/68 und 1897), Neubarock (1927/28), Purismus (1955/56), Neubarock/Eklektizismus (1977/78). Die letzte Renovierung erfolgte 2001-2003 nach einem Gutachterverfahren durch das Architekturbüro Hahn Helten, Aachen zum 175-jährigen Jubiläums der Diözese. Durch den Einzug einer Zwischendecke, ein modernes Beleuchtungskonzept, neue Bestuhlung und das Entfernen spätgotischer Altäre soll der Eindruck eines historischen Raumes mit gotisch-barockem Stilgemisch vergessen gemacht werden. Die barocken Apostelfiguren eines Rottenburger Meisters aus dem 17. Jahrhundert blieben als Säulenschmuck aber erhalten.

Die Orgeln

Die Orgeln im Rottenburger Dom wurden 1979 von der Firma Hubert Sandtner aus Dillingen an der Donau erbaut. Die Domorgel auf der Empore wurde 2003 überholt und geändert. Sie verfügt nun über 61 Register auf 4 Manualen mit 4331 Pfeifen. Die Chororgel wurde 2007 fertiggestellt und eingeweiht. Sie ist auch vom Hauptspieltisch aus spielbar und hat 2 Manuale und 14 Register.

Der Turm

Die unteren Geschosse des Turms wurden bereits 1280 als Teil der Liebfrauenkapelle erbaut. Bei der Erweiterung der Kirche ab 1424 blieb dieser massive Turm stehen, weshalb der Chor aus der Mittelachse des Langhauses verschoben werden musste. Ab 1486 wurden dann die oberen Geschosse gebaut mit der kunstvoll durchbrochenen Pyramide. Sie ist wahrscheinlich vom Freiburger Münsterturm beeinflusst und einer der wenigen gotischen Turmhelme, die noch in der Zeit der Gotik vollendet wurden. Nach dem Verdingbrief von 1486 wird der Steinmetzmeister Hans Schwarzacher mit dem Bau des Turms beauftragt. Beim Stadtbrand von 1644 wurde auch der Turm in Mitleidenschaft gezogen. Die grundlegende Turmrenovierung 1961-69 stellte aber sein ursprüngliches Aussehen wieder her.

Der achteckige Turmhelm erhebt sich über dem quadratischen, durch Gesimse in Geschosse gegliederten Schaft. Die acht sich verjüngenden Seitenflächen sind in je acht Zonenen unterteilt und durch Maßwerkeinsätze durchbrochen. Die unterste Zone nach Westen zeigt zwei tanzende Rittergestalten, die nach Osten die Mantelteilungsszene des hl. Martin. Den oberen Abschluss bildet eine monumentale doppelte Kreuzblume.

Bei der Renovierung 2001-2003 wurde die zwei Meter dicke Wand des Erdgeschosses zum Kirchenschiff geöffnet. Dieser frühgotische Raum wurde zur Sakramentskapelle umgestaltet. Durch zwei schmale Öffnungen ist die Tabernakelstele sowohl vom Mittelschiff wie auch vom Seitenschiff sichtbar.

Glocken

Nr. Name Durchmesser
(cm)
Gewicht
(kg)
Nominal
Gießer u. Gussort Gussjahr
1 Martinusglocke 199 4800 a0 A. Bachert; Karlsruhe 2008
2 Zwölfuhrglocke 155 2350 c1 H.u.Cl. Rosier; Rottenburg 1649
3 Franziskusglocke 139 1650 d1 E. Gebhard; Kempten 1953
4 "Elfeglock"/Wetterglocke 125 1100 e1 Cl. Rosier; Rottenburg 1649
5 Salveglocke 107 650 g1 Cl. Rosier; Rottenburg 1649
6 Marienglocke 98 550 a1 A. Bachert; Karlsruhe 2008
7 Evangelistenglocke 82 320 h1 Cl. Rosier; Rottenburg 1649
8 Sterbeglocke/Totenglocke 59 115 e2 N. Rosier; Rottenburg 1737
9 "Ziehglöckle" 47 70 a2 Fr. Racle; Rottenburg 1627
10 "Neuneglöckle" 40 47 c3 A. Lindner; Esslingen 1744
11 "Kreuzglöckle" 33 21 cis3 Rosier; Rottenburg 1645
12 Sakristeiglocke 18 10 c4 A. Bachert; Karlsruhe 2004

Literatur

  • Wolfgang Sannwald, Geschichtszüge, ISBN 3-926-969-25-3
  • Dieter Manz, Rottenburger Miniaturen, hrsg. von der Stadt Rottenburg, 1991

48.477428.934247Koordinaten: 48° 29′ N, 8° 56′ O

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