- Ruth Berlau
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Ruth Berlau (* 24. August 1906 in Kopenhagen; † 15. Januar 1974 in Ost-Berlin) war eine dänische Schauspielerin, Regisseurin, Fotografin und Schriftstellerin. Sie wurde bekannt durch ihre Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht an verschiedenen Theaterstücken und Aufführungen. Berlau begründete das Bertolt-Brecht-Archiv in Berlin.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Ruth Berlau wurde als Tochter eines wohlhabenden Kaufmanns geboren. Ihre Eltern schickten sie auf eine Klosterschule, dort erlernte sie auch die französische Sprache. Im Alter von 13 Jahren wurde sie schwanger und musste die Schule verlassen, später sollte sie diese Entscheidung ihr Leben lang bereuen. Sie nahm Schauspielunterricht und wurde mit Trommeln in der Nacht von Bertolt Brecht in Dänemark bekannt, in dem sie die Rolle der Anna spielte.
Als Teenager machte sie eine Fahrradtour nach Paris und finanzierte ihre Reise mit telegraphierten Reiseberichten an eine dänische Tageszeitung. Diese Reportagen waren jedoch frei erfunden, um das nötige Interesse der Leser aufrechtzuerhalten. 1930 trat sie eine weitere Fahrradreise an, diesmal in die Sowjetunion, um selbst in Erfahrung zu bringen, was aus dem Land nach der Oktoberrevolution geworden sei. Anfänglich nur neugierig, kehrte sie als begeisterte Kommunistin nach Hause zurück und wurde auch Mitglied der kommunistischen Partei Dänemarks. Später engagierte sie sich im spanischen Bürgerkrieg hinter der Front der republiktreuen Verbände. Brecht sollte sie später für ihren Mut und Engagement zutiefst bewundern.
Beziehung zu Brecht
Ruth Berlau suchte im Sommer 1933 auf der dänischen Insel Fünen erstmals Bertolt Brecht auf und verliebte sich in den „kleinen Mann“ mit den „vielsagenden Augen“. Brecht war unmittelbar nach dem Reichstagsbrand mit seiner Frau Helene Weigel dorthin geflohen. Zwei Jahre später war Berlau seine Geliebte. 1936 ließ sie sich von dem Arzt Robert Lund scheiden. Von nun an war sie vollständig integriert in Brechts Gruppe von Mitarbeiterinnen und Freunden. Sie geriet in emotionale und finanzielle Abhängigkeit zu Brecht. Ruth Berlau organisierte den Alltag, fotografierte und schrieb und inszenierte Dramen. Gemeinsam mit Brecht veröffentlichte sie die damals als pornografisch geltenden Erzählungen Jedes Tier kann es.
Als 1940 Dänemark von den Nationalsozialisten besetzt wird, floh der Brecht-Clan über Schweden, Finnland und die UdSSR in die USA. Hier kam es 1944 zu einem Bruch in der Beziehung zu Brecht. In einem New Yorker Krankenhaus brachte Ruth ihr einziges Kind zur Welt. Das Kind wurde zu früh geboren und überlebte nur wenige Tage.
DDR
Nach dem 2. Weltkrieg kehrte Brecht mit Familie und Mitarbeiterinnen nach Deutschland zurück und arbeitete in Ost-Berlin. Ruth Berlau und Brecht entfremdeten sich. Auch Freunde und Bekannte wendeten sich von ihr ab. Nach Brechts Tod 1956 erhielt sie auf Betreiben Helene Weigels Hausverbot im Berliner Ensemble.
Ruth Berlau verbrachte einsame Jahre und starb am 16. Januar 1974 im Berliner Krankenhaus Charité, als ihr Bett durch eine Zigarette in Brand geriet.
Werke
- Brechts Lai-Tu. Erinnerungen und Notate. Hrsg. und mit einem Nachwort von Hans Bunge. Gudrun Bunge (Mitarbeit). Sammlung Luchterhand. Bd 698, Darmstadt, Neuwied, Luchterhand 1987, ISBN 3-472-61698-9
- Jedes Tier kann es. Erzählungen. Mit einem Nachwort von Klaus Völker. Mannheim, Persona-Verlag 1989, ISBN 3-924652-12-0
Literatur
- Hiltrud Häntzschel: Brechts Frauen. Reinbek bei Hamburg, Rowohlt 2002, ISBN 3-499-23534-X
- Stephen Brockmann (Hg.): Who was Ruth Berlau? The Brecht yearbook. Bd 30. The International Brecht Society. University of Wisconsin Press, Madison 2005. ISBN 0-9718963-3-X
- Ruth Berlau. Fotografin an Brechts Seite, München, Propyläen Verlag 1993, ISBN 3-549-07206-6
- Sabine Kebir: Mein Herz liegt neben der Schreibmaschine. Ruth Berlaus Leben vor, mit und nach Bertolt Brecht, Editions Lalla Moulati 2006, 412 S., ISBN 9961-788-06-0
Weblinks
- Literatur von und über Ruth Berlau im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- FemBiographie
- „Bertolt Brechts Lai-Tu. Ruth Berlau zum 100. Geburtstag“, Deutschlandradio, 10. August 2006, als mp3-Datei: mit O-Ton Berlau, 6:23 Min.
- Presse-Artikel
- „Dreiklang von Arbeit, Liebe und der «dritten Sache»“, Neue Zürcher Zeitung, 12. August 2006, von Werner Wüthrich
- „Ihre Schwäche: Sie liebte. Vor hundert Jahren wurde Ruth Berlau geboren“, Berliner Zeitung, 24. August 2006, von Ernst Schumacher
- „Bis zur Selbstaufgabe. Vor hundert Jahren wurde Ruth Berlau geboren“, Neues Deutschland, 24. August 2006
- „Des Dichters Höllen-Muse. Ruth Berlau an der Seite von Bertolt Brecht: Eine starke und zerrissene Frau“, Berliner Lindenblatt, Oktober 2006, von Bernd Oertwig
- „Ruth Berlaus Briefe: Wie Bertolt Brecht seine Geliebte ausnutzte“, Die Welt, 19. Januar 2010, von Jürgen Hillesheim
- Marcel Reich-Ranicki: Berthold Brecht und seine Kreatur. Die Erinnerungen der Ruth Berlau, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. Dezember 1985, Literaturseite.
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