Helene Weigel

Helene Weigel
Helene Weigel als „Mutter“ in Bertolt Brechts gleichnamigem Schauspiel. Berliner Ensemble (1967)

Helene Weigel (* 12. Mai 1900 in Wien; † 6. Mai 1971 in Berlin) war eine österreichisch-deutsche Schauspielerin und Intendantin des Berliner Ensembles.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Helene Weigels Vater war Prokurist einer Textilfirma, ihre Mutter Inhaberin eines Spielwarengeschäftes und jüdischen Glaubens. Nach der Schauspielausbildung in Wien ging sie 1919 nach Frankfurt am Main und 1922 nach Berlin. Hier studierte sie Dramaturgie bei Max Reinhardt, trat an der Volksbühne und am Deutschen Theater auf, wo sich ihr Ruhm begründete. Über ein Jahrzehnt lang spielte sie große Rollen in großen Dramen, u.a. Meroe in Kleists Penthesilea, Marie in Büchners Woyzeck, Pauline Piperkarcka in Hauptmanns Die Ratten, Lucinde in Molières Arzt wider Willen. Auch Werke von Sophokles, Shakespeare, Nestroy, Ibsen, Georg Kaiser und Ernst Toller gehörten zu ihrem Repertoire.

Helene Weigel auf einer DDR-Briefmarke

1923 lernte sie Bertolt Brecht kennen; ihr gemeinsamer Sohn Stefan wurde 1924 geboren. 1929, nachdem Brecht sich von seiner ersten Ehefrau, der Opernsängerin Marianne Zoff, hatte scheiden lassen, heirateten sie. 1930 kam die Tochter Barbara zur Welt.

Die Frauengestalten im Werk des Dichters sind von ihr beeinflusst, fast alle hat sie verkörpert. In der Uraufführung des Stückes Die Mutter spielte sie 1932 ebenso die Titelrolle wie in Brechts Die Gewehre der Frau Carrar fünf Jahre später in Paris. Die Brechts lebten nach der Machtergreifung Hitlers 1933 in der Emigration, die trotz großer Bemühungen keine Möglichkeit bot, als Schauspielerin zu arbeiten. Die Rolle der stummen Kattrin in Mutter Courage und ihre Kinder hatte Brecht extra für sie geschrieben, damit sie wo auch immer, ohne Sprachschwierigkeiten auftreten könne, allerdings brachte damals kein Theater den Mut auf, das Stück des antifaschistischen Deutschen auf den Spielplan zu setzen. 1938 spielte Helene Weigel das erste und letzte Mal auf einer dänischen Bühne, die Carrar in einer Inszenierung mit Laienspielern aus der deutschen Emigrantenkolonie. Die Emigration führte sie weiter über Schweden und Finnland in die USA. „Helli“, wie sie von allen genannt wurde, wechselte für fünfzehn Jahre in die Rolle einer „Nur“-Ehefrau und „Nur“-Mutter. Brecht hatte für den Regisseur Fritz Lang für dessen Widerstandsdrama Auch Henker sterben gemeinsam mit John Wexley das Drehbuch geschrieben und Helene Weigel war zuerst mit einer Nebenrolle bedacht worden, doch Lang besetzte diese im letzten Augenblick um. Dies war das Ende der Freundschaft zwischen Lang und Brecht, beide sahen sich nicht mehr wieder. Weigels einzige Arbeit als Schauspielerin in einem Hollywood-Film war eine stumme Rolle in Das siebte Kreuz .[1]

Berliner Gedenktafel am Haus Spichernstraße 16, in Berlin-Wilmersdorf
Grab auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof, Berlin

Nach der Rückkehr aus den USA spielte Helene Weigel 1948 die Titelrolle in der Uraufführung von Brechts Die Antigone des Sophokles in Chur (Schweiz). Im gleichen Jahr ging das Künstlerpaar nach Ost-Berlin, wo mit der Premiere von Mutter Courage und ihre Kinder (Deutsches Theater) eine neue Theaterära begann: 1949 wurde Helene Weigel Intendantin des neu gegründeten Berliner Ensembles, Brecht dessen künstlerischer Leiter. Mit ihm gemeinsam führte sie das Theater zu Weltruf und Weltruhm, der 1954 mit einem Gastspiel in Paris begann: Für die drei Vorstellungen der Mutter Courage im Théâtre Sarah Bernhardt erhielt das Ensemble den 1. Preis des „Theaterfestivals der Nationen“.

1950 war Helene Weigel Gründungsmitglied der Deutschen Akademie der Künste in Ost-Berlin, für die SED trat sie 1954 als Kandidatin für die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus an, dreimal wurde sie mit dem Nationalpreis der DDR ausgezeichnet. 1956 starb ihr Mann Bertolt Brecht, 1960 wurde sie zur Professorin ernannt und 1965 mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Silber ausgezeichnet. Der Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten in die Tschechoslowakei 1968 ließ sie an der DDR verzweifeln. Ihr letzter Auftritt war sechs Wochen vor ihrem Tod am 3. April 1971 in Nanterre in ihrer Paraderolle als "Die Mutter" im gleichnamigen Stück.

Sie wurde auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof (Abt. CAM) in Berlin neben ihrem Mann beigesetzt.

Literatur

  • Werner Hecht: Helene Weigel. Eine große Frau des 20. Jahrhunderts. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2000 ISBN 3-518-41129-2
  • Christine Herold: Mutter des Ensembles. Helene Weigel - ein Leben mit Bertolt Brecht. Ars Vivendi, Cadolzburg 2001 ISBN 3-89716-230-X
  • Sabine Kebir: Abstieg in den Ruhm. Helene Weigel. Eine Biographie. Aufbau, Berlin 2000 ISBN 3-351-02501-7
  • Wolfgang Pintzka (Hrsg.): Die Schauspielerin Helene Weigel. Ein Fotobuch. Mit Texten von Bertolt Brecht und Fotografien von Gerda Goedhart. Henschel, Berlin 1959
  • Carola Stern: Männer lieben anders. Helene Weigel und Bertolt Brecht. Rowohlt Berlin, Berlin 2000 ISBN 3-87134-411-7
  • Vera Tenschert: Die Weigel. Ein Bildband. Berlin. Henschel, Berlin 1981; Neuauflage als: Helene Weigel in Fotografien von Vera Tenschert. Henschel, Berlin 2000 ISBN 3-89487-342-6
  • Anita Wünschmann: Helene Weigel. Wiener Jüdin, große Mimin des Epischen Theaters, Hentrich & Hentrich Verlag Berlin 2006, ISBN 978-3-938485-29-3.

Film

Einzelnachweise

  1. Werner Hecht: Brecht Chronik 1998-1956. Suhrkamp, Frankfurt/M. 1998 S.743

Weblinks

 Commons: Helene Weigel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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