Sankt Ulrich im Schwarzwald

Sankt Ulrich im Schwarzwald
Katholische Pfarrkirche St. Ulrich
Taufbrunnenschale von St. Ulrich
Madonna (13. Jahrhundert) in St. Ulrich

St. Ulrich im Schwarzwald war ein Priorat des burgundischen Benediktinerklosters Cluny, entstanden im Schwarzwälder Möhlintal um 1083, selbstständig bis 1547. Heute ist St. Ulrich ein Ortsteil von Bollschweil.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Anfänge des cluniazensischen Priorats St. Ulrich reichen in die Zeit des Investiturstreits zurück, als mit dem Regensburger Ulrich von Zell († 1093) ein Mönch von Cluny am Westrand des Schwarzwaldes, im Möhlintal, ein Priorat der burgundischen Abtei gründete. Dabei griff Ulrich auf eine ältere, vor 1072 gestiftete Mönchsgemeinschaft auf dem Tuniberg (bei Ober-/Unterrimsingen) zurück, die wiederum zwischen 1077 und 1080 nach Grüningen (bei Oberrimsingen) umgesiedelt war. Bei der Übernahme der Mönchsgemeinschaft durch Ulrich kamen diesem schon bestehende Verbindungen zu Cluny zugute, die der Edelfreie Hesso von Eichstetten und Rimsingen, der Stifter des Klosters Tuniberg, und der badische Markgraf Hermann I. (gest. 1074) aufgebaut hatten. Auf Betreiben Ulrichs zog die Mönchsgemeinschaft noch einmal um, und zwar um 1087 nach Zell im Möhlintal, einer Örtlichkeit, an der sich im Jahr 868 eine (Kloster-) „Zelle“ der Abtei St. Gallen befunden hatte. Vom Basler Bischof Burkhard von Fenis (Bischof von 1072–1107) erwarb das Priorat den Besitz in der Umgebung von Zell; freilich war hier einiges an Rodungstätigkeit zu leisten.

Das einzige Cluniazenserkloster rechts des Rheins entwickelte sich in der Folgezeit recht zufriedenstellend. Zur klösterlichen Grundherrschaft gehörte Besitz im Breisgau, im Elsass und in der Ortenau, das Priorat besaß unter anderem die Pfarreien in Grüningen, Wolfenweiler, Bollschweil und Hochdorf, während die umstrittene Pfarrei Achkarren 1315 gegen die in Feuerbach getauscht wurde. Die Klostervogtei lag in den Händen der Grafen von Nimburg, der Straßburger Bischöfe (1200), der staufischen Könige (1236), der Grafen von Freiburg im Breisgau und der österreichischen Herzöge (1445). Das 13. Jahrhundert sah den Niedergang der Mönchsgemeinschaft. Wiederholte, von Cluny ausgehende Visitationen bezeugen eine stark geschrumpfte Anzahl von vier bis sieben Mönchen neben dem Prior. Ein gewisser Aufschwung des Klosters ist unter Prior Paulus von Kůnheim (1448–1489) feststellbar, doch sollte die Mönchsgemeinschaft während der Reformationszeit ihre Selbstständigkeit verlieren. St. Ulrich – die Bezeichnung des Klosters nach seinem Gründer setzte sich im Laufe des 14. Jahrhunderts durch – wurde 1547 Priorat des Klosters St. Georgen, 1560 Priorat der Abtei St. Peter, 1578 der Abtei St. Peter inkorporiert. 1806 wurde das Priorat St. Ulrich zusammen mit der Mönchsgemeinschaft in St. Peter säkularisiert.

Die von Peter Thumb erbaute barocke Kirche folgte einigen mittelalterlichen Vorgängerbauten. Verschiedene Altarweihen, Zerstörungen, Reparaturen und Neubauten sind überliefert. Sehenswert sind eine mächtige romanische Taufbrunnenschale aus dem 11./12. Jahrhundert und eine Madonna des 13. Jahrhunderts.

Die Erzdiözese Freiburg betreibt hier seit 1949 in den ehemaligen Klostergebäuden eine Erwachsenenbildungsstätte für den ländlichen Raum, die Katholische Landvolkshochschule St. Ulrich.

Prioren von St. Ulrich

  • Ulrich (1080er-1093)
  • Eberhard
  • Adalbert (1120, 1147?)
  • Gebhard (1145)
  • Girard (1157)
  • Rudolf (1171)
  • Bertolf (1179, 1184)
  • Heinrich (1264)
  • Kuno (1274)
  • Ulrich (1283, 1291)
  • Gerhart (1302, 1304)
  • Nikolaus (1315)
  • Johannes (1316, 1325)
  • Wilhelm (1335)
  • Heinrich (1345)
  • Johannes Peyer (1365, 1376)
  • Wilhelm v. Matin (1383, 1392?)
  • Heinrich (1390, 1398)
  • Heinrich (1400)
  • Stephan (1405)
  • Philipp Chalome (1409)
  • Johann v. Breitingen (1434, 1444)
  • Paulus von Kůnheim (1448–1489)
  • Jodocus Erny (1492)
  • N. Distaing (1497–1502)
  • Aymo de Suturno (1508, 1511)
  • Rudolf Ecklin (1514–1541)
  • Johannes Chenrodi (1542, 1544)
  • Stephan Baudin (1544–1546)
  • Nikolaus Wiclin (1547)

Gemeinde

Seit 1974 ist St. Ulrich Ortsteil der Gemeinde Bollschweil, Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, Land Baden-Württemberg.

Literatur

  • BUHLMANN, MICHAEL, Benediktinisches Mönchtum im mittelalterlichen Schwarzwald. Ein Lexikon. Vortrag beim Schwarzwaldverein St. Georgen e.V., St. Georgen im Schwarzwald, 10. November 2004, Teil 2: N-Z (= Vertex Alemanniae, H.10/2), St. Georgen 2004, S.85f
  • St. Ulrich, bearb. v. WOLFGANG MÜLLER, in: Die Benediktinerklöster in Baden-Württemberg, bearb. v. FRANZ QUARTHAL (= Germania Benedictina, Bd.5), Ottobeuren 1976, S.615-620
  • St. Ulrich, bearb. v. WOLFGANG STÜLPNAGEL, in: Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, Bd.6: Baden-Württemberg (= Kröner Tb 276), Stuttgart 2. Aufl. 1980, S.692f

47.907977.837637Koordinaten: 47° 54′ 29″ N, 7° 50′ 15″ O

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Sankt Ulrich — ist der christliche Heilige Ulrich von Augsburg oder auch der Heilige Ulrich von Zell. Nach einem von diesen sind benannt: Orte Sankt Ulrich im Schwarzwald (Baden Württemberg/Deutschland) Sankt Ulrich am Waasen (Steiermark/Österreich) Sankt… …   Deutsch Wikipedia

  • Kloster Sankt Georgen im Schwarzwald — Wappen des Klosters Das Kloster Sankt Georgen im Schwarzwald ist ein ehemaliges Benediktinerkloster in St. Georgen im Schwarzwald im südlichen Schwarzwald in Baden Württemberg. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Äbte des Klosters Sankt Georgen im Schwarzwald — Die Liste der Äbte des Klosters Sankt Georgen im Schwarzwald zählt alle Äbte des Klosters Sankt Georgen im Schwarzwald auf. 1086 1087: Heinrich I. 1087: Konrad 1088 1118: Theoger 1118 1134: Werner I. von Zimmern 1135 1138: Friedrich 1138 1145:… …   Deutsch Wikipedia

  • Ulrich von Zell — Grab des hl. Ulrich in der ehem. Klosterkirche St. Ulrich im Schwarzwald mit Figur von Matthias Faller, 18. Jh. Ulrich von Zell (* ca. 1029; † 1093), auch Ulrich von Regensburg, Ulrich von Cluny, Ulrich vom Möhlinstal oder Ulrich vom …   Deutsch Wikipedia

  • St. Ulrich — Sankt Ulrich ist der christliche Heilige Ulrich von Augsburg oder auch der Heilige Ulrich von Zell. Nach einem von diesen sind benannt: Orte: Sankt Ulrich im Schwarzwald (Baden Württemberg/Deutschland) Sankt Ulrich am Waasen… …   Deutsch Wikipedia

  • Sankt Märgen — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Ulrich von Regensberg — Die Freiherren von Regensberg waren ein bedeutendes Schweizer Adelsgeschlecht im ehemaligen Zürichgau; die genaue Genealogie, insbesondere der frühen Jahre, ist umstritten. Ihre Blütezeit erlebten die Regensberger im Hochmittelalter, und zu ihrem …   Deutsch Wikipedia

  • Sankt Trudpert — Kloster St. Trudpert St. Trudpert war ein Benediktinerkloster im Südschwarzwald, entstanden im beginnenden 9. Jh., säkularisiert 1806. Heute ist das zur Gemeinde Münstertal/Schwarzwald gehörende Kloster Ordenshaus der Kongregation der Schwestern… …   Deutsch Wikipedia

  • Kloster St. Georgen im Schwarzwald — Das Kloster Sankt Georgen im Schwarzwald ist ein ehemaliges Benediktinerkloster in St. Georgen im Schwarzwald im südlichen Schwarzwald in Baden Württemberg. Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1.1 Die Gründung des Klosters St. Georgen 1.2… …   Deutsch Wikipedia

  • Kloster St. Blasien (Schwarzwald) — Ehemalige Klosterkirche St. Blasien Das Kloster St. Blasien war ein Benediktinerkloster in Sankt Blasien im Südschwarzwald und befindet sich im Landkreis Waldshut Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”