Scheibaniden

Scheibaniden

Unter dem Begriff Scheibaniden (oft auch Schaibaniden) versteht man häufig eine usbekische Dynastie des 16. Jahrhunderts, die von Mohammed Scheibani gegründet wurde. Allgemein gesprochen bezieht sich das Wort Scheibaniden aber auf alle männlichen Nachkommen Scheibans, der der fünfte Sohn Jochi Khans und ein Enkel Dschingis Khans war. Bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts unterstanden die Scheibaniden der Autorität ihrer ranghöheren Verwandten, d. h. der Nachkommen Batu Khans an der Wolga (z. B. Usbek Khan) und Orda Khans im heutigen Kasachstan. Im Verlauf des 14. Jh. nahmen ihre Prinzen den Islam an.

Als die Linie Batu Khans aufgrund von Machtkämpfen Mitte des 14. Jahrhunderts ausstarb, erhoben die Scheibaniden als mehr oder minder rechtmäßige Nachfolger Jochi Khans ihren Anspruch auf den gesamten Ulus, der auch Sibirien und Kasachstan umfasste. Ihre wichtigsten Rivalen waren die Nachkommen Orda Khans und Tuqa Timurs, d. h. Jochi Khans ältesten und dreizehnten Sohn. Einige Jahrzehnte voller Auseinandersetzungen brachten ihren Rivalen die Kontrolle über die Goldene Horde und ihre europäischen Nachfolgestaaten, namentlich die Khanate von Kasan, Astrachan und der Krim.[1]

Ungeachtet der Rückschläge in Europa drängte im frühen 15. Jh. ein Zweig der Scheibaniden nach Süden bzw. nach Transoxanien, wo er es nach einem Jahrhundert des Konflikts schaffte, die Timuriden-Herrschaft zu beseitigen. Es war Abu'I-Chair Khan (regierte von 1428-68), der mit der Vereinigung der (nachfolgend als „Usbeken“ bekanntgewordenen) Stämme im Gebiet zwischen Tjumen und dem Fluss Tura einerseits und dem Syr-Darja-Gebiet anderseits begann. Sein Enkel Mohammed Scheibani (reg. 1500-10) entriss Samarkand, Buchara und Herat der Kontrolle des Timuriden Babur und errichtete die kurzlebige Dynastie der Scheibaniden. Ihm folgten sein Onkel, ein Neffe und diverse Cousins, deren Nachfahren Buchara und Samarkand bis 1598 beherrschten (vgl. Usbeken-Khanat).

Ein anderer Zweig, die Nachkommen von Arabsah (reg. ca. 1378 im Wolgaraum) gründeten in Chwarezm das Khanat Chiwa, das sie bis ins frühe 18. Jh. hinein beherrschten.

Ein weiterer Staat, der von Scheibaniden regiert wurde, war das Khanat Sibir, dessen letzter Herrscher Kütschüm Khan 1598 von den Russen abgesetzt worden ist. Sein Sohn und Enkel wurden vom Zar nach Moskau gebracht und erhielten den Nachnamen Sibirsky. Außer diesem berühmten Zweig verlangten noch andere Adelsfamilien aus Kirgisien und Kasachstan von der russischen Regierung die Anerkennung ihrer Scheibanidenwurzeln, doch meistens umsonst.

Literatur

  • Hambly, Gavin (Hg.): Zentralasien [=Fischer Weltgeschichte, Band 16], 9. Auflage: 2002, Originalausgabe, Frankfurt am Main 1966

Anmerkungen

  1. "Unter den Kindern von Dschingis befand sich das Patrimonium meines (Vor-)vaters Scheiban dicht bei deinem. Aber seit dieser Zeit wurde das Timur-Namagan-Patrimonium erschaffen und nun sind wir (d.h. die Scheibaniden) weiter entfernt von dir. An die Wolga gekommen, suche ich die Plätze meines (Vor-)vaters auf und ziehe gegen die [Nachkommen] von Timur Qutlugh."
    Ibaq, Khan von Sibir an Iwan III. (1493) über die Verdrängung der Scheibaniden rund hundert Jahre zuvor (Vgl. Byzantinische Forschungen Bd. XV, S. 373)

Quellen

  • Vasily Bartold: The Shaybanids. Collected Works, Vol. 2, Teil 2. Moskau, 1964.
  • René Grousset (1970) The Empire of the Steppes: a history of central Asia Rutgers University Press, New Brunswick, NJ, (translated by Naomi Walford from the French edition, published by Payot in 1970), Sp. 478-490 et passim, ISBN 0-8135-0627-1
  • Clifford Edmund Bosworth (1996) The new Islamic dynasties: a chronological and genealogical manual Columbia University Press, New York, S. 288-9, ISBN 0-231-10714-5
  • Svatopluk Soucek (2000) A History of Inner Asia Cambridge University Press, Cambridge, S. 149-157, ISBN 0-521-65169-7

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