- Schlacht von Otranto
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Der Otranto-Feldzug war ein militärische Unternehmung der Streitkräfte des Osmanischen Reiches auf der Apenninen-Halbinsel in den Jahren 1480/81, in deren Mittelpunkt die Stadt Otranto stand. Diese wurde von den Osmanen erobert, schließlich jedoch wieder geräumt.
Inhaltsverzeichnis
Hintergrund
Die Ziele der von Sultan Mehmed II. initiierten Expedition auf das italienische Festland sind nach Ferenc Majoros und Bernd Rill in „Das Osmanische Reich 1300-1922“ heute nicht mehr nachvollziehbar. Da der Sultan zu früh starb, um seine Pläne zu verwirklichen, kann darüber nur spekuliert werden. Ein Ziel des Feldzuges könnte es gewesen sein, in Süditalien Fuß zu fassen. Näherliegend ist es jedoch, dass Mehmed II. von diesem Stützpunkt aus den Zugang zum Adriatischen Meer beherrschen wollte, um so der Republik Venedig zu schaden, gegen die er erst kurz zuvor einen längeren Krieg geführt hatte (→ Venezianisch-Osmanischer Krieg (1463–1479)). Aber auch Rom, das im Osmanischen Reich als legendäre Stadt, als „Roter Apfel“, galt könnte ein fernes Ziel des Vorstoßes gewesen sein. Andere Autoren gehen sogar von dem Versuch einer Eroberung Italien aus.[1]
Militärischer Verlauf
Im Sommer 1480 sammelte sich eine osmanische Flotte in den albanischen Häfen und stach im Juli in See. Die Angaben zur Größe der Flotte schwanken. Helmut Pemsel geht von 90 Galeeren und 20 Transportschiffen aus.[2] Auch die Angaben zum Umfang des osmanischen Heeres schwanken zwischen 18.000 und 100.000 Mann.[3] Diese Streitkräfte unter dem Befehl von Gedik Ahmed Pascha landete am 28. Juli 1480 in Apulien. Dort zogen sie vor die Stadt Otranto und forderten die Stadt zur Übergabe auf. Als die Bevölkerung sich weigerte, zu kapitulieren und sich in die Zitadelle zurückzog, begann die Belagerung der Stadt, welche am 11. August 1480 mit ihrer Einnahme endete. Die Osmanen nutzen ihren Sieg nicht aus, um ihren gewonnenen Brückenkopf zu erweitern. Stattdessen verlegten sie sich bis Oktober auf Überfälle auf italienische Küstenstädte wie Vieste, Lecce, Tarent und Brindisi mit Hilfe ihrer Flotte. Danach kehrte der Großteil der osmanischen Truppen nach Albanien zurück, offenbar wegen der prekären Verpflegungslage. Nur etwa 1.300 Mann verblieben in der Otranto. Auch in der Folgezeit wurde die Stadt über das Meer mit Getreide versorgt.
Die Stadt Otranto gehörte zum Königreich Neapel, wo König Ferrante I. (1423–1494) herrschte. Dieser sammelte ein kleines Heer und zog mit diesem am 8. September nach Apulien. Zwar wagten Ferrante wegen der Schwäche seiner Truppe keinen Angriff, hoffte aber, die Osmanen wenigstens bis zum Wintereinbruch beschäftigen zu können. Obwohl sich unter der Bevölkerung von Italien die Befürchtung verbreitete, das Ziel des osmanischen Angriffs sei Rom, traf kaum Hilfe für die bedrängten Neapolitaner ein. Papst Sixtus IV. (1414–1484) entsandte 14 Galeeren. Spanien unter Ferdinand von Aragón (1452–1516) und Isabella von Kastillien (1451–1504) schickten 3.000 Mann und weitere Truppen trafen aus Ungarn ein. Demgegenüber verbreiteten sich Gerüchte, dass im folgenden Jahr Sultan Mehmed II. (1432–1481) an der Spitze von 120.000 Mann eintreffen würde.
Im Frühjahr gingen die Neapolitaner mit ihren Verbündeten schließlich zum Gegenangriff über. Am 1. Mai 1481 begannen sie die förmliche Belagerung Otrantos. Die Osmanen verteidigten sich erfolgreich bis die Nachricht vom Tod des Sultans am 3. Mai eintraf. Dadurch traten innenpolitische Wirren im Osmanischen Reich auf, welche die Ankunft von Verstärkungen verhinderten. Nach einem erfolglosen Sturmangriff auf die Stadt am 23. August begannen Unterhandlungen zwischen den Kriegsparteien. Den Osmanen wurde der Abzug aus der Stadt gewährt. Als am 10. September die neapolitanischen Truppen in die Stadt einrückten, konnten sie dennoch einige hundert osmanische Soldaten gefangen nehmen, die anschließend als Galeerensklaven dienen mussten. Im Jahre 1537 versuchte eine osmanische Flotte noch einmal erfolglos Otranto einzunehmen.
Kulturelle Faktoren
Bevor die Belagerung Otrantos durch die Osmanen begann, wurden dessen Bewohner zur Übergabe aufgefordert. Ihnen wurde die Wahl gelassen zwischen dem unbehelligten Leben unter osmanischer Herrschaft oder der Emigration. Nachdem dieses Angebot abgelehnt wurde, wurde die Stadt nach ihrem Fall nach damaligen Kriegsrecht geplündert. Eine große Zahl von Einwohnern wurde dabei getötet. So auch der Erzbischof Stefano Pendinelli, der in Kathedrale ermordet wurde. Anschließend wurden die Kirchenglocken von den Besatzern eingeschmolzen, um daraus Waffen herzustellen.[4] Später wurde auch das wegen seiner großartigen Bibliothek berühmte Kloster San Nicola di Casole zerstört.
In der christlichen Historiographie wurde den Ereignissen nach der Einnahme besondere Beachtung geschenkt. Die Osmanen gingen angeblich daran, die Christen zum Abschwur ihres Glaubens zu zwingen. Dabei weigerten sich 800 Männer des Ortes und zogen die Enthauptung vor. Diese Männer wurden am 14. August 1480 auf dem nahen Minerva-Hügel hingerichtet und liegengelassen. Der Legende nach sollen ein Jahr später ihre unversehrten Leichen vom neapolitanischen Heer aufgefunden worden sein. Die Kirche erkannte die Opfer schließlich als Märtyrer an, woraufhin ihnen am Ort des Geschehens eine Kapelle errichtet wurde, die noch heute steht.[5]
Einzelnachweise
- ↑ Ernst Werner/ Walter Markov: Geschichte der Türken, Berlin (Ost) 1979, S.62
- ↑ Helmut Pemsel: Seeherrschaft - Eine maritime Weltgeschichte von den Anfängen bis 1850, Bd.1, Bernard & Graefe Verlag, Augsburg 1996, S.140
- ↑ Ferenc Majoros/ Bernd Rill: Das Osmanische Reich 1300-1922, Augsburg 2002, S.175
- ↑ Ferenc Majoros/ Bernd Rill: Das Osmanische Reich 1300–1922, Augsburg 2002, S.176
- ↑ Sandro Magister: How the Eight Hundred Men of Otranto Saved Rome
Weblinks
- Sandro Magister: How the Eight Hundred Men of Otranto Saved Rome (Stand: 27. November 2008)
Literatur
- Ferenc Majoros/ Bernd Rill: Das Osmanische Reich 1300–1922, Bechtermünz-Verlag, Augsburg 2002. ISBN 3-8289-0336-3
- Ernst Werner/ Walter Markov: Geschichte der Türken (2. Aufl.), Akademie-Verlag, Berlin (Ost) 1979.
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