Schützenbruderschaft

Schützenbruderschaft

Die Schützenbruderschaften in Deutschland und dem benachbarten Ausland basieren meist auf historischen Bürgerwehren, die besonders kirchliche Veranstaltungen schützten. Heute sind sie in allgemeinen Schützenvereinen jedermann offen und veranstalten auch regelmäßige Schützenfeste.

Auch heute nehmen Schützen der Schützenbruderschaften z. B. bei Bischofsweihen oder kirchlichen Festen, wie z. B. das Paderborner Libori-Fest teil - mit Fahnen, Spalieren und Umzügen, jedoch ohne Waffen.

Während bei Schießclubs und anderen Schützenvereinen oft das sportliche Schießen im Vordergrund des Vereinslebens steht, spielt bei Schützenbruderschaften dies zwar auch eine gewichtige Rolle, tritt aber hinter den karitativen und kirchlichen Aufgaben der Bruderschaften zurück, die dieser als katholischer Verband [1] zu erfüllen hat.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte der Schützenbruderschaften

Entstehung im Mittelalter

Die Entstehung des Schützenwesens reicht in Deutschland und dem benachbarten Ausland bis weit in das Mittelalter zurück.

Die Bruderschaften hatten in dieser Zeit die Aufgabe, Haus und Hof in Kriegszeiten, bei Seuchengefahren und Glaubensstreitigkeiten zu schützen, besonders aber vor Gesindel, brandschatzenden Banden und Räubern zu verteidigen. In der Frühzeit ihres Bestehens waren sie reine Selbstschutzgemeinschaften. Die herrschenden Stände und Magistrate sahen dies natürlich sehr gerne, wurde ihnen durch solche Gemeinschaften Aufgaben und Pflichten der Bevölkerung gegenüber abgenommen. Dadurch erfuhren diese Gemeinschaften und „Schützengilden” eine große Unterstützung und erhielten weiteren Auftrieb. Es blieb im Laufe der Jahre jedoch nicht bei den Aufgaben des Selbstschutzes. Schon damals nahmen die „Schützen” an öffentlichen Festlichkeiten teil. Hierbei traten sie nicht nur als Veranstalter in Erscheinung, sondern auch als schützende oder ordnende Organisation, wie es ihre ursprüngliche Aufgabe war. Dies war besonders bei allen kirchlichen Veranstaltungen, Festen und Prozessionen der Fall. Dieses, als militärisch zu bezeichnende, Wesen der Schützengilden herrschte etwa in der Zeit vom 14. bis zum 16. Jahrhundert vor.

Ab dem 17. Jahrhundert jedoch wurden dann die Verteidigung und Ordnung fast ausschließlich von bezahlten Söldnern übernommen. Dadurch verloren die militärischen Aufgaben der Schützengilden immer mehr an Bedeutung. Um jedoch ihre bisherigen Aufgaben nicht einfach aufgeben zu müssen, gingen die Schützen dazu über, Feste mit Schießübungen und Wettbewerben zu veranstalten. Die ersten "Schützenfeste" waren hiermit geboren. Als Ausnahme könnte hier die St. Sebastianus Schützenbruderschaft Geseke 1412 e.V. genannt werden, welche die Stadt gegen den Herzog Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel, den "tollen" Christian, im Dreißigjährigen Krieg verteidigte und als einzige angegriffene Stadt nicht eingenommen worden konnte.

Etwa im 18. Jahrhundert war diese Entwicklung abgeschlossen. Aus den ehemals militärischen Schützengilden waren nun rein bürgerliche Vereinigungen geworden. Was aus dieser Zeit blieb, war die starke und feste Bindung zur Kirche. Die religiöse Betätigung wurde im Laufe der Zeit die wichtigste Aufgabe der Schützengilden. Diese enge Bindung zur Kirche erfolgte zwangsläufig, weil die Kirche in dieser Zeit eine gewichtige Rolle, auch in Politik und Gesellschaft innehatte; und so war eine „bürgerliche Vereinigung” ohne Unterstützung der Kirche so gut wie unmöglich. Die Schützengilden entwickelten sich vor diesem gesellschaftlichen Hintergrund zu „Bruderschaften”. Neben dem Schutz bei kirchlichen Feiern und Prozessionen kamen caritative Aufgaben hinzu. Durch diese Schwerpunkte - wehrhafter Schutz, verbunden mit Disziplin, Nächstenliebe und Gebet - entwickelte sich das eigentliche Wesen der Schützenbruderschaften. Aus diesem Geist heraus entstand die bis in die heutige Zeit bindende Parole „Für Glaube, Sitte und Heimat”.

Sebastianus, der geläufigste Schützenheilige

Alsbald gingen immer mehr Schützenbruderschaften dazu über, einen Schutzpatron zu erwählen und in ihrem Vereinsnamen zu manifestieren. Die meisten entschieden sich für den heiligen Sebastianus, andere für Eustachius, Hubertus oder den/die Patron/Patronin ihrer jeweiligen Pfarrgemeinde. Häufig kam es vor, dass der Schutzpatron einer im Ort besonders stark vertretenen Berufsgruppe gewählt wurde, wie beispielsweise in Bergbaugebieten die Hl. Barbara.

Bruderschaften zur Zeit der Aufklärung

Im Laufe der weiteren Entwicklung des Bruderschaftswesens waren erhebliche Schwierigkeiten zu überwinden, besonders im Zusammenhang mit den gesellschaftlichen und politischen Umbrüchen des späten 18. Jahrhunderts. Viele der im Mittelalter gegründeten Vereine verloren diesen Überlebenskampf und der Leitgedanke „Für Glaube, Sitte und Heimat” ging oftmals in den verschiedenen Teilen unseres Landes für immer verloren. Andere Landesherren hingegen retteten ihre Schützenbruderschaften dadurch, dass sie versuchten, mit Verordnungen und Erlassen die Ordnung der Bruderschaften wieder herzustellen, da viele mittlerweile ihre alleinige Aufgabe darin sahen, Schießwettkämpfe und Feste zu veranstalten. Es bedurfte erheblicher Anstrengungen, die Schützenbruderschaften wieder an ihre originären Aufgaben heranzuführen. Eine besonders schwierige Zeit hatten die Schützenbruderschaften unter Napoleon I. zu bewältigen. Viele verloren ihr Vereinsvermögen und ihre Tätigkeiten wurden ihnen untersagt. Erst nach dem Wiener Kongress im Jahre 1815 erlebten die Schützenbruderschaften eine Renaissance. Das Rheinland wurde durch die Gebietsänderungen dem preußischen Reich zugeordnet und eine Entfaltung des Bruderschaftswesens wurde von der preußischen Regierung nicht als störend empfunden.

In die Gegenwart

Schützen im Jahr 1924

Im 19. Jahrhundert kann man die Entwicklung der Schützenbruderschaften als abgeschlossen betrachten. Die alten Gesinnungen hatten sich mehr und mehr durchgesetzt und waren für die Schützenbruderschaften wieder bindend.

Das 20. Jahrhundert brachte für das Bruderschaftswesen noch einmal harte Bewährungsproben und Überlebenskämpfe, als zum Ausbruch der beiden Weltkriege keine öffentlichen Veranstaltungen mehr abgehalten werden durften und nach den Kriegsenden von den Siegermächten die Ausübung des Schützenwesens vorübergehend untersagt wurde, da diese zunächst einmal in den Bruderschaften paramilitärische Vereinigungen in den Reihen der Besiegten sahen. Erst durch den Einsatz und die Überzeugungskraft vieler dem Schützenwesen Verbundener konnte nach Ende des 2. Weltkrieges der Bruderschaftsgedanken weiter gepflegt werden.

In den letzten Jahrzehnten haben sich besonders viele junge Menschen zu einem Beitritt in die verschiedenen Schützenbruderschaften entschließen können.

Aus diesem Grund werden heutzutage nicht nur Schützenfeste sondern auch noch speziell für junge Leute ausgelegte "Jungschützentage" auf Diözesen- und sogar auf Bundesebene ausgerichtet. Hier werden Wettkämpfe in den verschiedensten Disziplinen veranstaltet.

Besonders beliebt sind die Fahnenschwenker-Wettbewerbe. Hier können die Fahnenschwenker ihr Können im Wettstreit gegen andere zur Show stellen, wo spektakuläre Würfe und ausgefeilte Choreographien die Regel sind.

Gliederung einer Schützenbruderschaft

Der oder die Vorsitzende einer Schützenbruderschaft ist der Brudermeister bzw. die Brudermeisterin. Dieser wird von der Mitgliederschaft regelmäßig mit dem weiteren Vorstand gewählt. In manchen Gegenden, z. B. Ostwestfalen, gliedern sich Schützenbruderschaften auch nach militärischen Rängen, hier wird der Vorsitzende Oberst oder Hauptmann genannt. Es gibt dann eine militärische Hierarchie im Vorstand. In verschiedenen Bruderschaften besteht auch eine Synergie zwischen beiden Gliederungsformen. So besteht der geschäftsführende Vorstand aus Brudermeister/in, Geschäftsführer/in usw., die einzelnen Untergruppierungen werden aber wiederum von Hauptleuten geführt und vertreten, denen ein Oberst als Mitglied des Hauptvorstandes vorsteht. In seltenen Fällen gibt es in Bruderschaften noch die sogenannte Regelbeförderung, wo jedes Jahr der Oberst als Vorsitzender ausscheidet und alle anderen Vorstandsmitglieder einen Posten nach oben nachrücken. Es muss also jedes Jahr ein neues Vorstandsmitglied gewählt werden.

Geistliches Oberhaupt einer Bruderschaft ist der Präses. Bei diesem handelt es sich meistens um den Ortspriester der Gemeinde, in der die Bruderschaft beheimatet ist.

Untergruppierungen in einer Schützenbruderschaft sind die Jungschützengruppe und das Uniformiertenkorps sowie ein Fanfarenkorps oder Tambourkorps, welches durch einen Tambourmajor geleitet wird. Auch üblich ist die Aufteilung in Züge, Kompanien oder bei großen Bruderschaften sogar Bataillone.

Vielerorts gibt es dann noch Ehrenräte, Damengruppen und Schießabteilungen.

Dachorganisationen

Deutschland

  • Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen: Bund der historischen deutschen Schützenbruderschaften
  • Nordrhein-Westfalen (Sauerland): Sauerländer Schützenbund
  • Nordrhein-Westfalen (Oberbergischer Kreis): Oberbergischer Schützenbund
  • Nordrhein-Westfalen (Raum Düsseldorf): Interessengemeinschaft Düsseldorfer Schützenvereine e.V. und Umgebung
  • Nordrhein-Westfalen (Raum Arnsberg): Kreisschützenbund Arnsberg
  • Nordrhein-Westfalen (Raum Brilon): Kreisschützenbund Brilon
  • Nordrhein-Westfalen (Raum Meschede): Kreisschützenbund Meschede
  • Rheinland-Pfalz: Deutscher Schützenbund e.V.
  • Rheinland: Rheinischer Schützenbund 1872 e.V.

Österreich und Südtirol

  • Tirol: Bund der Tiroler Schützenkompanien
  • Südtirol: Südtiroler Schützenbund

Europa

  • Europäische Gemeinschaft historischer Schützenbruderschaften

Schützenbruderschaften

Bekannte Beispiele:

Literatur

  • Hans-Thorald Michaelis: Schützengilden. Ursprung - Tradition - Entwicklung, Keysers Kleine Kulturgeschichte (1985); Sonderdruck; 94 Seiten ISBN 978-3-87405-163-7
  • Hans-Thorald Michaelis: Schützengesellschaften - Schützengilden, Handwörterbuch zur Deutschen Rechtsgeschichte (HRG), Bd. IV (1986); Spalten 1529–1535
  • Hans Thorald Michaelis: Über 1000 Jahre Schützengeschichte in Deutschland und Kulturgeschichtliches im Schützenwesen, in: Wir Schützen - heute. Sport und Tradition - 125 Jahre Deutscher Schützenbund 1861-1986, Sonderdruck (1987); S. 51–88
  • Hans-Thorald Michaelis: Von Männerbünden der Europäischen Vor- und Frühzeit bis zu den Schützengilden, -vereinen und -gesellschaften des 20. Jahrhunderts. Entwicklung eines vorzeitlichen Brauchtums. in: Österreichische Schützenzeitung Jhrg. 40 (1994); Heft. 11, S. 18–20

Einzelnachweise

  1. http://schuetzen.erzbistum-koeln.de/Wir/struktur.html

Weblinks


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