- Schützengesellschaft Frankenthal
-
Die Schützengesellschaft Frankenthal e. V. 1582 widmet sich als Schützenverein mit mehr als 400-jähriger Tradition in der vorderpfälzischen Stadt Frankenthal (Rheinland-Pfalz) den verschiedenen Disziplinen des Sportschießens.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Im ausgehenden 16. Jahrhundert gehörte die aufstrebende Gemeinde Frankenthal, die damals etwa 3000 Einwohner zählte, zur Kurpfalz. Nachdem Pfalzgraf Johann Casimir dem Ort im Jahre 1577 die Stadtrechte verliehen hatte, verfügte er 1582 in seiner „Veränderten Ordnung“ für die junge Stadt:[1]
„So geben Wir ihnen (den Bürgern) als Gesellschaft Freyheit und Vergünstigung, wollen auch, dass sie forthin alle Feyr- und Sonntag und sonsten nach Gelegenheit mit Armbrust und Puchsen zum Ziel zu schießen.“
– Pfalzgraf Johann Casimir am 6. September 1582[1]
Dass sich daraufhin Frankenthaler Schützen zusammengefunden hätten, ist zwar nicht überliefert, aber es muss recht bald eine Organisierung erfolgt sein, deren Ergebnis auch nach außen drang; denn nur zehn Jahre später wurden die Frankenthaler von der nahegelegenen Freien Reichsstadt Worms zum „Freyschießen“ eingeladen. Weil offenbar nicht nur am Schießstand „uff der Nachtweid“ geübt wurde, sondern es bei der unkontrollierten Ausübung der Freizeitbeschäftigung auch zu Gefährdungen und Unfällen kam, verhängte die Stadt noch vor dem Ende des 16. Jahrhunderts einen halben Gulden Bußgeld für das unkontrollierte Schießen „auff Spatz, Dauben oder andere Fögel oder auch sonst mit und ohne Bley“.[1]
Die 1600 errichtete Stadtmauer und der 1618 ausbrechende Dreißigjährige Krieg lenkten allerdings das Interesse der Frankenthaler Schützen auf die Verteidigung der Stadt, deren Einwohner überwiegend protestantisch waren wie das Herrscherhaus der Kurpfalz. Dreimal gelang es auch durch den Einsatz der Schützen, die Befestigungen gegen angreifende Truppen zu verteidigen: Ohne Erfolg abziehen mussten 1621 die Spanier unter General Cordoba, 1622 die Kaiserlichen unter Oberbefehlshaber Tilly und 1644 die Franzosen.[1]
Nach dem Ende des Pfälzischen Erbfolgekrieges (1697) besannen sich die Frankenthaler Schützen wieder auf den Freizeitwert ihrer Nebenbeschäftigung. Die Schützenmeister Johann Melchior Bayer und Johann Reinhard Frank waren ab 1700 um die Wiederbelebung des Schützenwesens bemüht. Geschossen wurde zunächst an zwei Plätzen, nämlich bei der „Windtmühl“ im Westen der Stadt, wo sich heute das KBA-Werksgelände befindet, sowie hinter der „neuen Gass“, dem jetzigen Schaffnereiplatz im Südosten des Stadtkerns. 1716 setzten die Schützen den Neubau eines Schießhauses durch. Dort fand 1756 ein Festschießen statt anlässlich der 135-Jahr-Feier der Verteidigung Frankenthals gegen die Spanier 1621. 1772 erneuerte Kurfürst Carl Theodor die Garantien und Privilegien, die seine Vorgänger den Frankenthaler Schützen gewährt hatten.[1]
Die Nachwirren der Französischen Revolution, die Herrschaft Napoleons und ab 1816 der Machtübergang in der Pfalz an das Königreich Bayern bewirkten, dass die Schützengesellschaft Frankenthal jahrzehntelang wenig Aktivität zeigte, doch immerhin hatte 1832 ein neues Schießhaus im Osten der Stadt errichtet werden können. Es stand am heutigen Schützenweg, die Schießstände verliefen entlang des Frankenthaler Kanals bis zur Straße Am Kugelfang.[2]
Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde durch den Malzfabrikanten Johann Back geprägt, der 42 Jahre lang bis zu seinem Tod 1901 Oberschützenmeister war. Mit den Zinsen aus seinem Vermächtnis von 4000 Mark wurde alljährlich ein Silberbecher finanziert, der unter den Vereinsmitgliedern ausgeschossen wurde. Heute existiert zwar die Stiftungssumme nicht mehr, aber um den Back-Becher wird noch immer jedes Jahr geschossen, wenngleich er silbern nur noch aussieht.[2]
Ein Höhepunkt in der Geschichte des Vereins war ein einwöchiges Schützenfest, das im Sommer 1907 unter der Schirmherrschaft des Prinzen und späteren Königs Ludwig von Bayern gefeiert wurde. Sogar Kaiser Wilhelm II. hatte zu diesem Ereignis einen Ehrenpreis gestiftet.[1]
Nach rund hundert Jahren wurde das Gelände am Schützenweg aufgegeben und von 1931 bis 1933 in der Mahlastraße ein neues Schützenhaus mit Schießanlage gebaut. 1980 erfolgte die Neukonstruktion einer vollständig geschlossenen Anlage, die 1995 letztmals umgebaut und modernisiert wurde.[2]
Am 23. September 2007 feierte die Schützengesellschaft Frankenthal ihr 425-jähriges Bestehen.[2]
Technische Ausstattung
Voraussetzungen
Das Schützenhaus Frankenthal in der Mahlastraße lag anfangs weit außerhalb der Stadt, etwa einen Kilometer südlich des Speyerer Tores; die Ausfallstraße stellt die Verlängerung der innerstädtischen Speyerer Straße dar. Inzwischen wurde die Anlage von der Besiedelung überholt und ist rundum von Wohnbebauung umgeben. Trotzdem gibt es keine Lärmemissionen oder Gefährdungen, da die Schießstände größtenteils unterirdisch angelegt sind.
Schießstände
An den unterschiedlich langen Schießbahnen können nahezu alle Disziplinen nach der Sportordnung des DSB ausgetragen werden:
- Am einfachsten gebaut ist der 10-Meter-Schießstand für Luftdruckwaffen, der ebenerdig im südlichen Teil des alten Schützenhauses untergebracht ist. Alle anderen Einrichtungen liegen unter der Erde.
- Die 50-Meter-Kleinkaliberhalle verfügt über acht Bahnen und ist mit einer Zuganlage zum Einholen und Ausbringen der Zielscheiben ausgestattet. Dort wird in erster Linie mit Sportgewehren geschossen, auch im Rahmen des Sommerbiathlon.
- Direkt benachbart sind die beiden 25-Meter-Kurzwaffenstände mit jeweils fünf Bahnen, vorwiegend für die olympischen Disziplinen Sportpistole, Sportrevolver und Schnellfeuerpistole.
- Für den 25-Meter-Großkaliberstand gelten wegen der Freisetzung von wesentlich höheren Energien besonders hohe Sicherheitsstandards. Auch hier steht eine Zeitsteueranlage für das Duellschießen zur Verfügung.
- Der 100-Meter-Gewehrstand nimmt die gesamte Tiefe des Vereinsgeländes in Anspruch. Er reicht von der Grundstücksgrenze im Westen an der Mahlastraße unter dem Schützenhaus hindurch bis zur Ostgrenze am Pilgerpfad. Über einen im Vorraum installierten Monitor kann der Schießbetrieb überwacht werden.
Sportliche Erfolge
Aktuell ist die Schützengesellschaft Frankenthal in nahezu allen Disziplinen bis hinauf auf die rheinland-pfälzische Landesebene vertreten. In der Vergangenheit stellte die Schützengesellschaft zwei Olympiateilnehmer, andere Mitglieder wurden Deutsche Meister oder gehörten der Nationalmannschaft an. Besonders erfolgreich waren:
- Rolf König, bis 1939 Mitglied der deutschen Nationalmannschaft, Teilnehmer an den Olympischen Spielen 1936 in Berlin
- Edith Ewald, 1969 Deutsche Meisterin mit der Sportpistole
- Norbert Hofmann, 1982 mit 19 Jahren Bronzemedaillengewinner im Skeet bei den Weltmeisterschaften in Caracas, Olympiasechster 1984 in Los Angeles, 1985 Deutscher Meister
- Stephanie Lang, 1987 Teilnehmerin an den Europameisterschaften im Kleinkaliber-Dreistellungskampf, bis 1989 Mitglied der Junioren-Nationalmannschaft
- Falk Maron, 2008 fünffacher Deutscher Meister in den Kurzwaffendisziplinen des Bundes Deutscher Sportschützen[3][4]
Literatur
- Alois Ecker: Thema am Samstag: Frankenthaler Schützen feiern 425. Geburtstag. In: Die Rheinpfalz, Lokalausgabe Frankenthaler Zeitung. Ludwigshafen am Rhein, 22. September 2007.
- Sibylle Schwertner: Eine fast unendliche Geschichte. In: Frankenthal lokal. 28. Jahrgang, Nr. 5, Oktober 2007, S. 4 f.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f Walther Morlock: „...so geben Wir ihnen Freyheit und Vergünstigung“. In: Frankenthal einst und jetzt. Heft 3, 1982, S. 69–73.
- ↑ a b c d Sibylle Schwertner: Eine fast unendliche Geschichte. Oktober 2007.
- ↑ Bund Deutscher Sportschützen: Ergebnisliste Deutsche Meisterschaft Mehrdistanz. 2008, abgerufen am 29. August 2011.
- ↑ Bund Deutscher Sportschützen: Ergebnisliste Deutsche Meisterschaft Speed. 2008, abgerufen am 29. August 2011.
Wikimedia Foundation.