Seehafenhinterlandverkehr

Seehafenhinterlandverkehr
Schiffsumschlag von Containern
Beispiel Hamburg

Der Seehafenhinterlandverkehr bezeichnet die Beförderung von Exportgütern zu den Seehäfen und den Abtransport der Importgüter in die umgekehrte Richtung mit den Verkehrsträgern Straße, Schiene, Binnen- und Küstenseeschifffahrt.

Als bevorzugtes Transportsystem wird der Container genutzt, der leicht zwischen den einzelnen Verkehrsmitteln Schiff sowie LKW und Eisenbahn umgeschlagen werden kann und im Warentransport eine überragende Bedeutung gewonnen hat. Bis 2025 wird im Seehafenhinterlandverkehr ein jährliches Wachstum von mehr als sechs Prozent im Container- (Kombinierter Verkehr, KV) und von über zwei Prozent im Nichtcontainerverkehr prognostiziert.[1]

Anstelle des genauen Begriffs „Seehafenhinterlandverkehr“ ist auch der verkürzte Begriff „Hafenhinterlandverkehr“ für den An- und Abtransport zu den Seehäfen gebräuchlich. An- und Abtransporte sind auch bei Binnenhäfen erforderlich, wobei eine exakte begriffliche Abgrenzung als „Binnenhafenhinterlandverkehr“ wenig gebräuchlich ist.

Inhaltsverzeichnis

Bedeutung und Mengenaufkommen

Umschlag der Seehäfen Hamburg und
Bremen/Bremerhaven im Jahr 2010
Gesamt
Mio. t
davon
Container
Mio. t
Container
TEU
Hamburg 121,1 78,4 7,9
Bremen/Bhv. 68,9 51,9 4,9

Der Seetransport wird zunehmend vom Containertransport geprägt, der entsprechend den Seehafenhinterlandverkehr dominiert, wie am Umschlag des Hamburger Hafens und der Hafengruppe Bremen/Bremerhaven abzulesen ist. Im Hamburger Hafen werden 65 % des Umschlags über Container abgewickelt, in der Hafengruppe Bremen/Bremerhaven sind es 75 % (Stand 2011).

Seehafenhinterlandverkehr durch Containerumschlag in Bremerhaven

Die Containerschifffahrt hat seit Einführung der Container in den 1960-er Jahren eine stürmische Entwicklung mit regelmäßig zweistelligen Wachstumsraten genommen. Sie gilt als „Motor“ der Globalisierung. Auch in Zukunft wird von deutlichen Zuwachsraten ausgegangen, für Deutschland zwischen 5 und 8 Prozent pro Jahr. Die Stagnation nach der weltweiten Finanzkrise 2008 ist 2010 weitgehend überwunden worden, so dass derzeit wieder Zuwachsraten verzeichnet werden.

Unter den Häfen in Nordeuropa, der sog. Nordrange, die etwa 80% des europäischen Im- und Exports abwickeln, sind die 4 Häfen Rotterdam, Hamburg, Antwerpen und die Hafengruppe Bremen/Bremerhaven von herausragender Bedeutung. Rotterdam ist auf Grund der exzellenten Hafenlage ohne nautische Einschränkungen führend und vor allem stark im Asienverkehr und bei den Transshipment-Verkehren auf die Britischen Inseln.

Die deutschen Nordseehäfen Hamburg und Bremen/Bremerhaven (auch als „Nordrange Ost“ bezeichnet) profitieren von ihrer östlichen Lage, die sie für Hinterlandtransporte Richtung Ost- und Südosteuropa prädestinieren. Hamburg profitiert zudem von der Zunahme des Verkehrs im Ostseeraum und konnte so seine Funktion als Transshipment-Hafen für das Baltikum, Russland und Skandinavien stärken. Auch die hohe Zahl an Transporten in und aus der Metropolregion Hamburg („Loco-Quote“) kommt dem Hamburger Hafen zugute. Der neue Tiefwasserhafen Jade-Weser-Port (Wilhelmshaven) soll nach Inbetriebnahme einen zusätzlichen Containerumschlag von 2,7 Mio. TEU abwickeln.

Begriffe

  • Feeder(schiff) (von englisch to feed ‚füttern‘, ‚versorgen‘) ist ein speziell für Container- oder Autotransporte gebautes Frachtschiff, das als Zulieferer und Verteiler für große Seeschiffe und Seehäfen eingesetzt wird. Das größte nordeuropäische Transportunternehmen dieser Art ist Unifeeder im dänischen Aarhus.
  • Loco-Verkehr bezeichnet Ladung, die entweder im Hafengebiet selbst bzw. dessen unmittelbarem Einzugsgebiet entsteht bzw. dort verwendet wird. Genaue Angaben sind wegen der Herkunfts- und Verbleibzuordnung schwierig. In den Hafenstatistiken werden keine Angaben geführt. Schätzungen ergeben, dass die Loco-Quote in Hamburg deutlich höher als in Bremerhaven/Bremen ist. Im Falle des entstehenden Tiefseehafens Wilhelmshaven wird die Loco-Quote (zunächst) äußerst gering sein. [2]
  • Modal Split bezeichnet die Verteilung des Transportaufkommens auf verschiedene Verkehrsmittel.
  • Multimodaler Verkehr kennzeichnet Transporte, bei denen zwei oder mehr unterschiedliche Verkehrsträger genutzt werden. Diese Organisationsform wird auch als gebrochener Verkehr bezeichnet und steht im Gegensatz zum Direktverkehr (ungebrochener Verkehr).
  • Intermodaler Verkehr ist eine Unterart des multimodalen Verkehrs und beschreibt eine mehrgliedrige Transportkette, bei der ein und dieselbe Transport- oder Ladeeinheit mit mindestens zwei verschiedenen Verkehrsträgern befördert wird.

Bedeutung der Verkehrsträger

Auf den Kurz- und Mittelstrecken hat der Lkw den Vorrang - insbesondere im Containerbereich. Auf den Langstrecken und bei Massengütern dominiert der Schienengüterverkehr, gefolgt vom Binnenschiff. Das Flugzeug spielt im Seehafenhinterlandverkehr keine Rolle. Private Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) konnten ihren Anteil am Containertransport im Seehafenhinterlandverkehr auf der Schiene in den letzten Jahren kontinuierlich ausbauen. 2005 lag dieser Anteil bei rund 16 %.

Schienentransport

Seehafenhinterlandverkehr auf der Schiene in Deutschland 2010 zu den 4 wichtigsten Häfen

Der Seehafenhinterlandverkehr steht vor großen Herausforderungen, da sich die Kapazitäten der verfügbaren Verkehrsnetze zunehmend als Engpass erweisen. Einige Häfen sind deshalb bestrebt, durch entsprechende Investitionen in die landseitige Infrastruktur insbesondere den Anteil der Schiene am Modal-Split zu erhöhen. Für die Häfen der Nordrange-Ost (Hamburg, Bremerhaven, Wilhelmshaven) wird bis 2015 ein jährliches Transportvolumen auf der Schiene von bis zu 6 Mio. TEU und ein Gesamtaufkommen von bis zu 1.800 Zügen pro Woche erwartet.Die wichtigsten Zielgebiete sind Bayern, Tschechien, Baden-Württemberg, Sachsen und Österreich. Diese decken rund 63 % des Gesamtaufkommens ab. Verkehre Richtung Ost- und Südosteuropa nehmen weiterhin stark an Bedeutung zu.

Forderungen

Hafenumschlag von Containern
Beispiel Hamburg

Die prognostizierten hohen Zuwächse im Seehafenhinterlandverkehr führen zu folgenden Forderungen:

  • Ausbau der Verkehrswege Straße, Schiene und Binnenwasserstraße in Verbindung mit den Seehäfen;[3]
  • Verlagerung der kombinierten Verkehre (KV) von der Straße auf Schiene und Binnenwasserstraße;
  • Ausbau von Güterverkehrszentren und KV-Terminals im Hinterland, die als Drehscheibe für ein größeres Einzugsgebiet dienen sollen und die im Containerverkehr mit Bahn und Binnenschiff mit den Seehäfen verbunden sind;[4]

Maßnahmen

Zur Bewältigung des steigenden Verkehrsaufkommens im Seehafenhinterlandverkehr sind kapazitätssteigernde Maßnahmen bei allen Verkehrswegen erforderlich. Da der Schiene aufgrund ihrer Massenleistungsfähigkeit eine besondere Rolle zukommt, hat die Deutsche Bahn AG (DB) im Jahr 2007 zusammen mit den Seehäfen einen Masterplan Schiene Seehafen-Hinterland-Verkehr erarbeitet. Er sieht vor allem den Neu- und Ausbau von Eisenbahnstrecken vor (vor allem Nord-Süd-Verbindungen, z.B. Y-Trasse Hannover–Hamburg/Bremen).

Daneben werden auch organisatorische Maßnahmen wie Erhöhung der Zugauslastung und Zuglängen sowie Verlagerung von Aufgaben aus den Seehäfen zu geeigneten Drehscheiben im Hinterland vorgesehen.[5] Da der Masterplan Schiene überwiegend langfristige Projekte enthält, wurde Ende 2008 für kurzfristige Verbesserungen das Sofortprogramm Seehafen-Hinterland-Verkehr aufgelegt, das bis 2011 über 20 kleinere kapazitive Maßnahmen beinhaltet.[6] Die Planungen der DB sind in den Masterplan Güterverkehr und Logistik der Bundesregierung eingeflossen, der einen Schwerpunkt auf die Verkehrsverlagerung auf Schiene und Binnenwasserstraße setzt.[7]

Weitere Begriffe

Einzelnachweise

  1. Vgl. PLANCO, Tabelle 5.2-2: Entwicklung des Seehafenhinterlandverkehrs nach Regionen (ohne Eigengewichte und Loco-Mengen) bis zum Jahr 2025 (in 1.000 Tonnen), S.105
  2. Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) : Analyse der Kooperationsmöglichkeiten der deutschen Häfen Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit,, [1]ISL Bremen,2005
  3. Siehe DVWG, Droht der Kollaps im Seehafenhinterlandverkehr?, Einführung
  4. Siehe IPG mbH, Punkt 5, Handlungsempfehlungen
  5. Siehe Deutsche Bahn AG, Masterplan Schiene Seehafen-Hinterland-Verkehr
  6. Vgl. Sofortprogramm Seehafen-Hinterland-Verkehr, Oktober 2008. Deutsche Bahn AG, abgerufen am 29. November 2009 (PDF).
  7. Vgl. Masterplan Güterverkehr und Logistik, September 2008. Bundesregierung, abgerufen am 29. November 2009.

Literatur und Medien


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