- Shoghi Effendi
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Shoghi Effendi (persisch شوقی افندی ; * 1. März 1897 in Akkon, damals Osmanisches Reich; † 4. November 1957 in London, Vereinigtes Königreich), mit bürgerlichem Namen Shoghi Effendi Rabbani (persisch شوقي أفندي رباني), war der älteste Enkel von Abdul-Baha und leitete von 1921 bis 1957 die Verwaltung der Bahai-Religion.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Den Auftrag hierzu erhielt er von Abdul-Baha, der ihn in seinem Testament zum Valiy-i-Amru’llah („Hüter der Sache Gottes“) ernannte. Diese arabische Bezeichnung, die so viel wie Verteidiger oder Führer des Glaubens oder Commander-in-Chief bedeutet, wurde von Shoghi Effendi mit „Guardian of the Cause of God“ (Hüter der Sache Gottes) ins Englische übersetzt. Shoghi Effendi hat seit früher Kindheit die englische Sprache gelernt und konnte seine Studien an der US-amerikanischen Universität in Beirut fortsetzen und schließlich am Balliol College in Oxford beenden, wo er bis zum Tod Abdul-Bahas im Jahre 1921 blieb.
Der Hüter übersetzte die wichtigsten Werke Baha’u’llahs und Abdu’l Bahas sowie „Nabils Bericht aus den frühen Tagen der Bahai-Offenbarung“ aus dem Arabischen oder Persischen ins Englische. Zwischen 1930 und dem Zweiten Weltkrieg brachte er insbesondere dem abendländischen Teil der Bahai-Weltgemeinschaft die historische Tragweite des Anspruchs Baha’u’llahs näher. Dies erfolgte durch Botschaften, die in dem Buch Die Weltordnung Baha’u’llahs zusammengefasst sind. Dieses und die folgenden Werke wurden auf Englisch verfasst und zuerst in dieser Sprache veröffentlicht. 1941 erschien Der verheißene Tag ist gekommen, in dem er die beiden Weltkriege als Gericht über eine Zivilisation interpretiert, deren Führer das wichtigste Ziel, die Einheit des Menschengeschlechts, aus den Augen verloren haben. Seine Darstellung und Interpretation der Bahai-Geschichte wurde 1944 aus Anlass der ersten Jahrhundertfeier der Erklärung des Bab unter dem Titel Gott geht vorüber veröffentlicht.
Außerdem erwarb Shoghi Effendi Land, plante und überwachte die Auslegung der Gärten im Bahai-Weltzentrum in Haifa, am Schrein Baha’u’llahs bei Akkon und den Bau des Schreins für den Bab sowie des Internationalen Archivgebäudes, die 1953 und 1957 fertig gestellt wurden.
Parallel zu seinen Übersetzungs- und Interpretationsaktivitäten sowie der Entwicklung des Weltzentrums des Glaubens widmete sich Shoghi Effendi intensiv der Bildung von administrativen Institutionen. Jeder Ort mit neun oder mehr erwachsenen Gläubigen wurde ermutigt, einen „Örtlichen Geistigen Rat“ zu wählen, um die lokalen Angelegenheiten des Glaubens zu regeln. So bald es ausreichend „Örtliche Geistige Räte“ in einem bestimmten Land gab, drängte der Hüter zur Wahl eines „Nationalen Geistigen Rates“. Ein stetiger Strom von Korrespondenz aus Haifa versorgte diese entstehenden Institutionen mit Führung über die Anwendung der Bahai-Schriften im Gemeindeleben. Zahlreiche Briefsammlungen Shoghi Effendis wurden in Buchform veröffentlicht.
Diese administrativen Institutionen des Glaubens stellten die notwendigen Instrumente zur Durchführung des „Göttlichen Planes“ von Abdu’l Baha dar, um den gesamten Erdball für die Lehren Baha’u’llahs zu erschließen. Bevor die weitverstreute Gemeinde einen solch großen Plan ausführen konnte, war es notwendig, entscheidungstragende Verwaltungseinrichtungen zu schaffen, die die notwendigen Arbeitskräfte und Ressourcen mobilisieren konnten. Hierzu war es wiederum erforderlich, dass diese Institutionen angemessene Zeit zur Verfügung haben, um die Grundlagen der Bahai-Verwaltung und der Beratung zu lernen. Daher brachte Shoghi Effendi erst im April 1937 den ersten Siebenjahresplan in Gang, nach einer Pause von zwei Jahren initiierte er 1946 einen zweiten Siebenjahresplan, in dessen Mittelpunkt Europa stand, und schließlich einen Zehnjahresplan.
1951-1957 ernannte Shoghi Effendi 31 Bahai zu „Händen der Sache Gottes“, die ihn bei der Verbreitung und dem Schutz des Glaubens unterstützen sollten. Da Shoghi Effendi, der seit 1937 mit der kanadischen Bahai Mary Maxwell (Amatu’l-Bahá Rúhiyyih Khánum) verheiratet war, keinen Nachfolger und kein Testament hinterließ, übernahm die Leitung der Bahai-Weltgemeinschaft zunächst dieses Gremium der „Hände“. In dem besagten Zehnjahresplan konnte wie geplant die Anzahl der Nationalen Geistigen Räte stark erhöht werden, sodass deren Mitglieder am 21. April 1963, dem hundertsten Jahrestag der Erklärung Baha’u’llahs in Bagdad, das bereits von ihm vorgesehene erste Universale Haus der Gerechtigkeit wählen konnten.
Vor dem geplanten Ende des Zehnjahresplanes im Jahre 1963 starb er jedoch 1957 überraschend an der asiatischen Grippe in London. Shoghi Effendi befand sich dort, um Mobiliar für das Archivgebäude zu erwerben. Er wurde auf dem Nordfriedhof von New Southgate beigesetzt.
Werke
Deutsch
- Gott geht vorüber. Mit einer Einführung von George Townshend. Baháʼí-Verlag, Hofheim 2001 (Originaltitel: God Passes By).
- Die Weltordnung Baháʼuʼlláhs. Briefe von Shoghi Effendi. Baháʼí-Verlag, Hofheim 1977 (Originaltitel: The World Order of Bahá’u’lláh; enthält The World Order of Bahá’u’lláh, The World Order of Bahá’u’lláh: Further Considerations, The Goal of a New World Order, The Golden Age of the Cause of Bahá’u’lláh, America and the Most Great Peace, The Dispensation of Bahá’u’lláh, The Unfoldment of World Civilization), ISBN 3-87037-088-2.
- Das Kommen göttlicher Gerechtigkeit. Baháʼí-Verlag, Frankfurt am Main 1969 (Originaltitel: The Advent of Divine Justice).
- Der verheißene Tag ist gekommen. Baháʼí-Verlag, Frankfurt am Main 1967 (Originaltitel: The Promised Day Is Come).
Englisch
- Shoghi Effendi: Citadel of Faith. Messages to America 1947–1957. Bahá'í Publishing Trust, Wilmette 1965, ISBN 0-87743-011-X.
- Shoghi Effendi: The Light of Divine Guidance. The messages from the Guardian of the Bahai Faith to the Bahais of Germany and Austria. Bahai-Verlag, Hofheim-Langenhain 1982, ISBN 3-87037-145-5.
Literatur
- Ugo Giachery: Shoghi Effendi. Recollections. George Ronald Publisher, Oxford 1973, ISBN 0-85398-050-0.
- Rúḥíyyih Rabbani: Die unschätzbare Perle. Leben und Werk Shoghi Effendis. Bahá’í-Verlag, Hofheim 1982 (Originaltitel: The Priceless Pearl), ISBN 3-87037-137-4.
- Riaz Khadem: Shoghi Effendi in Oxford. George Ronald Publisher, Oxford 1999, ISBN 0-85398-423-9.
Weblinks
Commons: Shoghi Effendi – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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