Siamangs

Siamangs
Gibbons
Weißhandgibbon (Hylobates lar)

Weißhandgibbon (Hylobates lar)

Systematik
Überordnung: Euarchontoglires
Ordnung: Primaten (Primates)
Unterordnung: Trockennasenaffen (Haplorhini)
Teilordnung: Altweltaffen (Catarrhini)
Überfamilie: Menschenartige (Hominoidea)
Familie: Gibbons
Wissenschaftlicher Name
Hylobatidae
Gray, 1871
Gattungen

Die Gibbons (Hylobatidae) bilden eine Familie baumbewohnender Primaten aus Südostasien. Sie sind die Schwestergruppe der (Großen) Menschenaffen (Hominidae) und werden dementsprechend auch als Kleine Menschenaffen bezeichnet. Es werden rund 15 Arten unterschieden.

Inhaltsverzeichnis

Verbreitung

Gibbons kommen in Südostasien vor, ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Nordostindien, Myanmar und Südchina über Indochina und die Malaiische Halbinsel bis zu den indonesischen Inseln Borneo und Java. In früheren Zeiten waren Gibbons weiter verbreitet, noch in der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends fand man sie beispielsweise in einem Großteil Chinas.

Beschreibung

Gibbons sind schwanzlose Primaten. Auffallend ist, dass die vorderen Gliedmaßen wesentlich länger als die hinteren sind. Dieses ermöglicht ihnen die im Tierreich einmalige Fortbewegungsform des Schwinghangelns (Brachiation). Ihr Daumen wurzelt nahe dem Handgelenk und ermöglicht so einen sicheren Griff um die Äste. Ihr dichtes Fell ist schwarz, grau oder braun gefärbt, ihre Schnauzen sind kurz und die großen Augen nach vorn gerichtet. Die Zahnformel entspricht mit 2-1-2-3 der der Menschenaffen. Einige Arten haben einen Kehlsack, der ihnen als Resonanzkörper beim Ausstoßen ihrer lauten Schreie dient. Gibbons erreichen eine Kopfrumpflänge von 45 bis 90 cm und ein Gewicht von 4 bis 13 kg, wobei der Siamang bei weitem die größte und schwerste Art darstellt.

Lebensweise

Der Name Hylobates bedeutet Baumbewohner, und Gibbons werden diesem Namen gerecht. Sie sind tagaktive Waldbewohner, die mit ihren langen Armen und den weit unten ansetzenden Daumen perfekt an die hangelnde Lebensweise angepasst sind. Sie schwingen durch die Bäume und können mit einem einzigen Schwung 3m zurücklegen. Auf dem Boden bewegen sie sich zweibeinig voran (Bipedie), wobei sie die Arme aus Balancegründen hoch in die Luft strecken. Ihr Verbreitungsgebiet sind in erster Linie Regenwälder, manchmal kommen sie auch in Gebirgswäldern bis 1800 m Höhe vor.

Gibbons leben monogam. Ein Paar und ihr Nachwuchs lebt in einem Revier, das sie gegen Eindringlinge verteidigen. Gelegentlich findet man auch Einzeltiere, meist junge Erwachsene, die ihre Familie verlassen mussten. Auf der Suche nach einem eigenen Partner verlassen Jungtiere ihre Eltern oder werden von diesen mit Gewalt verjagt. Die Suche nach einem geeigneten Partner kann sich über mehrere Jahre hinziehen. Bei manchen Arten unterstützen die Eltern ihren Nachwuchs, indem sie ein freies Gebiet für sie "reservieren".

Gibbons sind streng territorial, das Revier eines Paares ist zwischen 25 und 50 ha groß. Es kommt selten zu Kämpfen mit Eindringlingen, vielmehr versuchen sie, ihr Territorium durch Schreie oder Drohgebärden (Hüpfen oder Abbrechen von Ästen) zu verteidigen. Sie kennen überhaupt ein großes Lautrepertoire, das von den Männchen, manchmal auch im Duett mit Weibchen vorgetragen wird, und verstärkt durch den Kehlsack zu einem eindrucksvollen Konzert wird.

Ernährung

Gibbons ernähren sich vorwiegend von Pflanzen und nehmen nur selten fleischliche Nahrung zu sich. Früchte machen 44 bis 72 % (im Mittel 65 %) der Nahrung aus, Blätter 3 bis 45 % (im Mittel 30%). Tierische Nahrung schlägt sich mit 0 bis 25 % (im Mittel sehr gering) zu Buche.

Da ihre Hauptnahrung, Früchte, in verschiedenen Jahreszeiten reifen, können Gibbons diese Nahrung im ganzen Jahreszyklus auffinden und verwerten. Meist fressen sie reifes Obst. Gibbons wenden täglich rund 9 bis 10 Stunden für die Nahrungssuche auf. Entsprechend dem Blattanteil im Nahrungsspektrum der betreffenden Art sind die Backenzähne mehr oder weniger großflächig, um diese Nahrung angemessen zu kauen. Der voluminöse Blind- und Grimmdarm mit dem einkammerigen Magen sind in der Lage, den Blattanteil in ihrer Nahrung zu verdauen.

Durch ihre Nahrungszusammensetzung kommen sie eher mit Vögeln und Eichhörnchen in Konkurrenz als mit anderen Primaten.

Fortpflanzung

Es dürfte bei den Gibbons keine feste Paarungssaison geben. Alle zwei bis drei Jahre bringt das Weibchen ein einzelnes Jungtier zur Welt, Zwillingsgeburten sind selten. Das Neugeborene klammert sich zunächst an den Bauch der Mutter, später beteiligt sich auch der Vater an dessen Aufzucht. Vollständig entwöhnt sind junge Gibbons erst mit eineinhalb bis zwei Jahren und die Geschlechtsreife tritt mit acht bis neun Jahren ein. Ihre Lebenserwartung in freier Wildbahn dürfte rund 25 Jahre betragen, das höchste bekannte Alter eines Tieres in menschlicher Obhut lag bei 34 Jahren.

Systematik

Die Gibbons bilden die Schwestergruppe der Menschenaffen (Hominidae)

Sie werden in vier Gattungen mit insgesamt 14 oder 15 Arten unterteilt:

Die Beziehung innerhalb der Familie kommen in folgendem Diagramm zum Ausdruck:

Gibbons (Hylobatidae)
├──Schopfgibbons (Nomascus)
└──N.N.
     ├──Siamang (Symphalangus)
     └──N.N.
        ├──Weißbrauengibbon (Bunopithecus)
        └──Kleine Gibbons (Hylobates)

Gibbons und Menschen

Etymologie

Das Wort „Gibbon“ wurde Ende des 18. Jahrhunderts aus den französischen Kolonien in Südostasien nach Europa gebracht. Es soll aus einer dort gesprochenen Sprache stammen, bislang fand man aber kein entsprechendes Wort.

Gibbons in China

Chinesische Zeichnung aus dem 15. Jahrhundert

Bis in die erste Hälfte des 2. Jahrtausends waren Gibbons im damaligen Kaiserreich China weitverbreitet und haben dort auch Eingang in die Literatur und Malerei gefunden. Vor allem die Gesänge haben die Dichter beeindruckt:

Traurig sind die Rufe der Gibbons in den drei Schluchten von Pa-tung. Nach drei Rufen in der Nacht netzen Tränen die Kleidung des Reisenden.“ (Yüan Sung, 4. Jahrhundert, zitiert nach Geissmann)

Es gibt zahlreiche naturalistische Zeichnung der Gibbons, nach taoistischen Vorstellungen konnten sie auch Menschengestalt annehmen.

Vor tausend Jahren kamen Gibbons noch im größten Teil Chinas vor (Nordgrenze war der Gelbe Fluss), im 17. Jahrhundert war die Nordgrenze ihres Verbreitungsgebietes der Jangtsekiang, heute leben sie nur mehr im äußersten Süden des Landes (Provinz Yunnan) und auf der Insel Hainan.

Bedrohung

In den letzten Jahrhunderten ist das Verbreitungsgebiet drastisch geschrumpft. Auch in ihrem übrigen Verbreitungsgebiet sind sie durch die Jagd und insbesondere durch den Verlust ihres Lebensraumes gefährdet. Besonders bedroht ist der Silbergibbon, der nur auf Java vorkommt. Die IUCN stuft alle Arten als gefährdet oder bedroht ein.

Literatur

  • Thomas Geissmann: Vergleichende Primatologie. Springer, Berlin 2003. ISBN 3540436456
  • D. E. Wilson & D. M. Reeder: Mammal Species of the World. Johns Hopkins University Press, 2005. ISBN 0801882214
  • David MacDonald (Hrsg): Die große Enzyklopädie der Säugetiere, Könemann Verlag, Königswinter 2004, ISBN 3-8331-1006-6 (deutsche Übersetzung der Originalausgabe von 2001)

Weblinks


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