Sinfonie KV Anh. 220 (Mozart)

Sinfonie KV Anh. 220 (Mozart)

Die Sinfonie a-Moll KV Anh. 220 (16a) ist eine früher Wolfgang Amadeus Mozart zugeschriebene Sinfonie.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Um 1799 versuchte das Leipziger Verlagshaus Breitkopf & Härtel, von Mozarts Schwester, seiner Frau sowie von Musikern, Kopisten und Verlegern Mozarts Werke zu sammeln. Darunter befand sich auch eine Sinfonie in a-Moll, die im handschriftlichen Manuskript-Katalog des Verlages mit einem vier Takte langen Incipit der 1. Violinstimme aufgeführt wurde und als dessen Quelle der Hamburger Musikalienhändler Johann Christoph Westphal angegeben wird. Als Ludwig von Köchel die Werke Mozarts im Köchelverzeichnis ordnete, war die Handschrift der Sinfonie verschwunden, daher nahm er die sie als verlorenes Werk mit der Nummer „Anhang 220“ auf.[1]

Einstein (1937)[2] vermutete in der 3. Auflage des Köchelverzeichnisses auf der Grundlage dieser ersten vier Takte, dass das Werk 1765 in London komponiert wurde, gab ihr in Anlehnung an Mozarts erste überlieferte Sinfonie die KV-Nummer 16a und meint: „Die frühe Zeit der Komposition ist augenscheinlich erkennbar, auch aus den wenigen erhaltenen Takten.“ Diese Einschätzung wurde auch in der 6. Auflage vom Köchelverzeichnis (1964)[3] beibehalten.

Im Jahr 1982 wurden im Archiv des Städtischen Sinfonieorchesters von Odense in Dänemark Notenstimmen einer Sinfonie in a-Moll aufgefunden, die mit der Angabe „del Sgr. Mozart“ überschrieben sind und deren Beginn dem Incipit aus dem o. g. Breitkopf-Katalog entspricht. Es handelt sich jedoch nicht um ein Autograph, sondern um eine Abschrift, an der mehrere Kopisten beteiligt waren.[4]

Ein Vermerk auf der Titelseite gibt an, dass die Sinfonie spätestens 1793 (wahrscheinlich vom Musikalienhändler Westphal) in den Besitz des dänischen Collegium Musicum gelangt war, während das Wasserzeichen im Papier der Orchesterstimmen das Datum von 1779 aufweist. Keine der in dem Papier identifizierten Handschriften lässt sich mit einem Kopisten aus dem Kreis um die Familie Mozart in Verbindung bringen. Westphal hatte in den 1780er Jahren neben einigen authentischen Sinfonien auch bei Werken „zweifelhafter“ Quellen wie KV 16a oder der Sinfonie KV Anhang C 11.08 mit Mozarts Urheberschaft geworben. Wahrscheinlich befand sich unter den Sinfonien, die er dann an das Collegium als Werke Mozarts verkaufte, auch KV 16a.[1]

Wolfgang Plath gab die Handschrift, die unter dem Namen „Odense“-Sinfonie bekannt wurde, 1984 als Partitur heraus und stellte sie im Rahmen wissenschaftlicher Symposien der Fachwelt vor. Das Werk wurde mehrfach auf CD aufgezeichnet (u.a. von der Academy of Ancient Music unter Christopher Hogwood im Rahmen der Gesamtaufnahme der Mozart-Sinfonien) sowie im Jahr 2000 im Supplement der Neuen Mozart-Ausgabe unter der Rubrik „Werke zweifelhafter Echtheit“ publiziert, „da die Editionsleitung der NMA die Echtheitsdiskussion über das Werk noch nicht als abgeschlossen betrachtet, zumal eine Alternative zu Mozart als Verfasser nach wie vor nicht benannt werden kann“. [5]

Zaslaw (1989)[1] meint, dass die „Odense“-Sinfonie wohl später als 1765 komponiert wurde. „Aber selbst die stilistische Nähe zu den Mozart-Sinfonien der späteren 1760er und frühen 1770er Jahre macht eine genaue Datierung ohne authentische Quelle unmöglich. Tatsächlich ist KV 16a in stilistischer Hinsicht von allen anderen Werken Mozarts oft ganz verschieden.“ Gersthofer (2007)[6] lässt das Werk bei seiner Besprechung von Mozarts frühen Sinfonien ganz außer Acht, „da sie in Fachkreisen kaum noch ernstlich als Werk Mozarts in Erwägung gezogen wird.“ Ähnlich äußert sich Scherliess (2005)[4]: „Nach langer und intensiver Diskussion ist sich die Mozart-Forschung einig, dass die Odense-Sinfonie sowohl überlieferungsgeschichtlich als auch stilistisch nicht als Werk Mozarts gelten kann.“

Zur Musik

Besetzung: zwei Oboen, zwei Hörner in A, zwei Violinen, Viola, Cello, Kontrabass. In zeitgenössischen Orchestern war es zudem üblich, auch ohne gesonderte Notierung Fagott und Cembalo (sofern im Orchester vorhanden) zur Verstärkung der Bass-Stimme bzw. als Continuo einzusetzen.[1]
Aufführungsdauer: ca. 13 Minuten.

Die Sinfonie hat drei Sätze:

  • Allegro moderato
  • Andantino
  • Rondo: Allegro moderato

Der 1. Satz mit charakteristischer a-Moll – Akkordmelodik am Anfang läuft ohne Wiederholungen durch. Das Andantino beginnt mit einem liedhaften Thema, dass an die Arie „Che farò senza Euridice“ aus der Oper Orpheus und Eurydike von Gluck erinnert. Das Finale in Rondo-Form fällt durch den etwas exotisch-„türkischen“ Refrain auf, wobei es sich wahrscheinlich um die Nachahmung ungarischer Volksmusik handelt, die selbst wiederum eine Parodie von angeblich türkischer Musik darstellt.[1]

Quellen

  1. a b c d e Neal Zaslaw: Mozart’s Symphonies. Context, Performance Practice, Reception. Claredon Press, Oxford 1989. Eine deutsche Übersetzung findet sich auszugsweise in Neal Zaslaw: Sinfonie in a-moll KV 16a (A220). Textbeitrag zu: Wolfgang Amadeus Mozart: The Symphonies Vol. VII, deutsche Übersetzung durch DECCA 1988. Einspielung der Academy of Ancient Music; Konzertmeister Jaap Schröder, Continuo: Christopher Hogwood. DECCA Record, London 1988.
  2. Alfred Einstein: Chronologisch-thematisches Verzeichnis sämtlicher Tonwerke Wolfgang Amade Mozarts. Nebst Angabe der verlorengegangenen, angefangenen, übertragenen zweifelhaften und unterschobenen Kompositionen von Dr. Ludwig Ritter von Köchel. Dritte Auflage, bearbeitet von Alfred Einstein. Breitkopf & Härtel-Verlag, Leipzig 1937, 984 S.
  3. Franz Giegling, Alexander Weinmann, Gerd Sievers: Chronologisch-thematisches Verzeichnis sämtlicher Tonwerke Wolfgang Amade Mozarts. Nebst Angabe der verlorengegangenen, angefangenen, übertragenen zweifelhaften und unterschobenen Kompositionen von Dr. Ludwig Ritter von Köchel. Sechste Auflage. Breitkopf & Härtel-Verlag, Wiesbaden 1964, 1023 S.
  4. a b Volker Scherliess: Die Sinfonien. In: Silke Leopold (Hrsg.): Mozart-Handbuch. Bärenreiter-Verlag, Kassel 2005, ISBN 3-7618-2021-6
  5. NMA Band X/29/3, Vorwort von Dietrich Berke, Bärenreiter, Kassel 2000, S. XXII f. (online)
  6. Wolfgang Gersthofer: Sinfonien KV 16-134. In: Joachim Brügge, Claudia Maria Knispel (Hrsg.): Das Mozart-Handbuch, Band 1: Mozarts Orchesterwerke und Konzerte. Laaber-Verlag, Laaber 2007, ISBN 3-8900-7461-8, S. 15-27.

Siehe auch

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Sinfonie a-Moll KV Anh 220 (Mozart) — Die Sinfonie a Moll KV Anh. 220 (16a) ist eine verschollene Sinfonie von Wolfgang Amadeus Mozart. Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 „Odense“ Sinfonie 3 Zur Musik („Odense“ Sinfonie) 4 …   Deutsch Wikipedia

  • Mozart — Barbara Krafft: „Bildnis von Wolfgang Amadeus Mozart“ (1819) Wolfgang Amadeus Mozart, vollständiger Taufname: Joannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus Mozart (* 27. Januar 1756 in Salzburg; † 5. Dezember 1791 in Wien) war ein Komponist zur Zeit …   Deutsch Wikipedia

  • Liste des œuvres de Wolfgang Amadeus Mozart — Catalogue Köchel Catalogue Köchel des œuvres de Mozart. Le catalogue Köchel est un inventaire quasi chronologique des œuvres de Wolfgang Amadeus Mozart, dressé par Ludwig von Köchel puis complété après sa mort par d autres spécialistes. Les… …   Wikipédia en Français

  • Odense-Sinfonie — Die Sinfonie a Moll KV Anh. 220 (16a) ist eine verschollene Sinfonie von Wolfgang Amadeus Mozart. Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 „Odense“ Sinfonie 3 Zur Musik („Odense“ Sinfonie) 4 …   Deutsch Wikipedia

  • 25. Sinfonie (Mozart) — Die Sinfonie g Moll KV 183 komponierte Wolfgang Amadeus Mozart 1773 in Salzburg. Er war damals 17 Jahre alt. Nach der Alten Mozart Ausgabe trägt die Sinfonie die Nummer 25. Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Zur Musik 2.1 1. Satz: Allegro con… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Sinfonien Wolfgang Amadeus Mozarts — Obwohl die letzte Sinfonie von Wolfgang Amadeus Mozart – der traditionellen Nummerierung der Alten Mozart Ausgabe folgend – die Nr. 41 trägt, lassen sich tatsächlich rund 60 Sinfonien von seiner Hand nachweisen, von denen allerdings einige nicht… …   Deutsch Wikipedia

  • Joannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus Mozart — Barbara Krafft: „Bildnis von Wolfgang Amadeus Mozart“ (1819) Wolfgang Amadeus Mozart, vollständiger Taufname: Joannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus Mozart (* 27. Januar 1756 in Salzburg; † 5. Dezember 1791 in Wien) war ein Komponist zur Zeit …   Deutsch Wikipedia

  • Johannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus Mozart — Barbara Krafft: „Bildnis von Wolfgang Amadeus Mozart“ (1819) Wolfgang Amadeus Mozart, vollständiger Taufname: Joannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus Mozart (* 27. Januar 1756 in Salzburg; † 5. Dezember 1791 in Wien) war ein Komponist zur Zeit …   Deutsch Wikipedia

  • W.A. Mozart — Barbara Krafft: „Bildnis von Wolfgang Amadeus Mozart“ (1819) Wolfgang Amadeus Mozart, vollständiger Taufname: Joannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus Mozart (* 27. Januar 1756 in Salzburg; † 5. Dezember 1791 in Wien) war ein Komponist zur Zeit …   Deutsch Wikipedia

  • W. A. Mozart — Barbara Krafft: „Bildnis von Wolfgang Amadeus Mozart“ (1819) Wolfgang Amadeus Mozart, vollständiger Taufname: Joannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus Mozart (* 27. Januar 1756 in Salzburg; † 5. Dezember 1791 in Wien) war ein Komponist zur Zeit …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”