- Somerton-Mann
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Als der Somerton-Mann wird ein mysteriöser Mann (* um 1903; † 1. Dezember 1948 in Adelaide) bezeichnet, der am 30. November 1948 in der südaustralischen Stadt Adelaide am Somerton Beach auftauchte und dort am darauffolgenden Morgen gegen 2 Uhr wahrscheinlich an einem unbekannten Gift starb. Seine Identität und Herkunft konnten nie geklärt werden und sind bis zum heutigen Tag unbekannt.
Da das unbekannte Opfer in seiner Hosentasche einen Zettel mit den Worten Taman Shud darauf bei sich trug, wird der Fall, insbesondere im Englischen, auch Taman Shud Case genannt.
Inhaltsverzeichnis
Opfer
Der Mann sah europäisch aus (vgl. europide), war 1,80 m groß, etwa 42 bis 45 Jahre alt, wog 88 kg und trug Schuhgröße 8. Er war gut gebaut und in guter körperlicher Verfassung. Sein Körper war absolut durchtrainiert. Er hatte breite Schultern, schmale Hüften, obwohl sein Oberkörper zu groß für die Gesamtproportion war. Auch seine Hände waren lang.
Er hatte braune Augen. An den Schläfen und über den Ohren war das Haar leicht angegraut. Er hatte keine Geheimratsecken, jedoch eine hohe Stirn. Das Haar war blond mit einem Stich ins leicht Rötliche, dabei wellig, sowie von eher grober Substanz. Der Haarschnitt war nicht älter als 2-4 Wochen. Zum Zeitpunkt seines Todes trug er ein weißes Hemd, einen graubraunen Zweireiher, eine braune Hose, einen braunen Pullover, braune Socken und Schuhe – insgesamt für die Temperaturverhältnisse in diesem Teil Australiens völlig unpassend. Die Durchschnittstemperaturen betrugen am Tage gegen 30°C und am Abend noch immer 22°C.
Bei der weiteren Untersuchung der Kleidung erkannten Experten, dass die Sachen zweifelsfrei original US-amerikanischer Herstellung waren. Dies ließ die Art der Verarbeitung der Nähte erkennen. Die Kleidung war nicht importiert und entsprach insgesamt dem Modetrend der Wintersaison 1948 in Amerika, wo die Farben grau und braun vorherrschten. Die Aufschläge des Zweireihers und das Taschenfutter waren aus orangebraunem Baumwollsatin, damals ein noch als neu zu bezeichnender Stoff. Insgesamt war sie hochwertig und bewies, dass der Träger finanziell sehr gut gestellt war. Allgemein machte er einen gepflegten Eindruck. Seine Hände wiesen keinerlei Anzeichen harter körperlicher Arbeit auf. Fuß- und Fingernägel waren ordentlich gepflegt. Er hatte weder Schwielen noch Hornhaut an den Füßen. Allerdings wiesen die Füße zwei Besonderheiten auf.
- Die Zehen waren keilförmig zusammengedrückt wie bei einem Tänzer, einem Menschen der lange in Reitstiefeln, Uniformstiefeln oder anderem spitz zulaufendem Schuhwerk gelaufen ist.
- Die Wadenmuskeln zeigen eine starke Ausprägung. Dies findet man gewöhnlich bei Sportlern oder Frauen, die stets mit hohen Absätzen laufen.
Körper, Arme und Beine waren nur schwach behaart.
Medizinische Befunde
Die Autopsie ergab, dass der Mann am Somerton Beach vermutlich am 1. Dezember 1948, gegen 2 Uhr früh starb. Er wurde gegen halb sieben am Morgen des 1. Dezember von einem Passanten namens Loyd gefunden. Dieser sagte aus, er habe den Mann bereits am Abend zuvor gegen 19:00 Uhr am Strand gesehen. Es habe so ausgesehen, als würde er rauchen.
Ein anderes Paar passierte die Stelle zwischen 19:30 und 20:00. Es hatte für die beiden den Anschein, als liege der Mann betrunken am Strand und schlafe. Die junge Frau vermutete scherzhaft, vielleicht sei er auch tot. Aus Rücksicht ging sie jedoch nicht näher heran.
In seinem Magen wurden später die Überreste einer Pastete gefunden, eines australischen bzw. englischen Meat Pie. Da der Tote keine äußeren Verletzungen aufwies, wurde Tod durch Gift vermutet. Dem Pathologen, Dr. John Dwyer, einem erfahrenen Wissenschaftler, war es jedoch unmöglich, ein Gift nachzuweisen. Wenn es Gift war, so vermutete er Barbiturate oder ein ähnliches Hypnotikum. Was es auch gewesen war, es verursachte innere Einblutungen aus Gehirn, Leber, Milz und Magen mit nachfolgendem Herzversagen. Dr. John Dwyer lehnte die Vergiftungsvermutung nicht ab, sprach sich dennoch für einen anscheinend natürlichen Tod aus.
Ermittlungen
Die regionalen Zeitungen nahmen sich des Themas bereits am 2. und 3. Dezember an. Zuallererst ordnete man die unbekannte Leiche einem gewissen E. C. Johnson zu, der zum Zeitpunkt des Auffindens des unbekannten Mannes 45 Jahre alt war. Allerdings besuchte Johnson am Nachmittag des 3. Dezembers eine Polizeistation, um sich selbst zu identifizieren.
Es gab keinerlei Hinweise auf die Identität des Mannes. Die Etiketten an seiner Kleidung waren sorgfältig entfernt worden. Die Beschreibungen seines Aussehens, polizeiliche Fotografien seiner Leiche und seine Fingerabdrücke wurden in der gesamten englischsprachigen Welt mit denen aus anderen Vermisstenkarteien abgeglichen, konnten aber nirgends zugeordnet werden. Die Tatsache, dass die Passanten das Gesicht des Mannes zu seinen Lebzeiten nicht gesehen hatten und sich auch sonst niemand erinnerte, erschwerte die Recherche für die Polizei. 1948 waren weder die australischen Staaten untereinander, noch die sonstigen Polizeistationen in der Welt miteinander vernetzt. Die Abgleichung der Daten bewies eigentlich nur, dass der Mann nicht gesucht wurde oder kriminell geworden war. Wie viel Interesse dieser Suche überhaupt entgegengebracht wurde, ist ohnehin ungewiss.
Am 10. Dezember wurde die Leiche des Mannes, wie zu dieser Zeit üblich, mit Formaldehyd einbalsamiert.
Anfang Januar 1949 wurde der unbekannte Tote als der 63 Jahre alte Holzfäller Robert Walsh identifiziert. Die Polizei sah dies skeptisch, da sie die Leiche für jünger hielt. Zudem hatten die Hände des am Strand Gefundenen keinerlei Anzeichen körperlicher Anstrengungen aufgewiesen. Dennoch wurden dahingehende Ermittlungen aufgenommen. Diese wurden allerdings wieder eingestellt, nachdem eine der Zeuginnen, Elizabeth Thompson, ihre Stellungnahme bei der Polizei zurückgezogen hatte.
Auftauchen eines mysteriösen braunen Koffers
Ende Januar 1949 wurde am Bahnhof von Adelaide ein brauner Koffer gefunden, der die gleichen (etikettenlosen) Kleidungsstücke beinhaltete, die der geheimnisvolle Tote trug. Im Inneren des Koffers war auf dem Namensschild ein gewisser T. Keane als Besitzer ausgegeben. Tatsächlich wurde auch ein Tom Keane vermisst, und zwar ein in derselben Region lebender Matrose. Dessen Angehörige konnten den Vermissten jedoch nicht der Leiche des Mannes zuordnen, der am Somerton Beach gefunden wurde.
Die Polizei ging ab diesem Zeitpunkt davon aus, dass der mysteriöse Mann am 30. November mit dem Zug von Port Augusta, Melbourne oder Sydney anreiste, sich in der öffentlichen Badeanstalt duschte und rasierte und dann einen Fahrschein für den Zug nach Henley Beach für zehn vor elf des nächsten Morgens kaufte (dieser wurde bei ihm gefunden). Er gab anschließend seinen Koffer am Bahnhof ab und kaufte zusätzlich eine (ebenfalls bei ihm gefundene) Busfahrkarte nach Glenelg.
Der unbekannte Mann wurde am 14. Juni 1949 in Adelaide auf dem West Terrace Friedhof begraben.
Taman Shud
Im April 1949 informierte ein Arzt die lokalen Polizeibehörden, dass ein Buch namens Rubaiyat am Abend vor der Entdeckung des Toten in sein Auto geworfen worden war. Es handelt sich dabei um einen Gedichtband des persischen Lyrikers Omar Khayyām. Das letzte der darin enthaltenen Gedichte,
- And when yourself with silver foot shall pass
- Among the guests starscattered on the grass
- And in your joyous errand reach the spot
- Where I made one – turn down an empty glass!
war zerrissen – es fehlten die sich anschließenden Worte Taman Shud (deutsch: das Ende), die bei dem Unbekannten in der Hosentasche gefunden wurden.
Code
Auf die Rückseite vom Einband des Buches, das sich zuletzt im Besitz eines (zunächst vermissten, dann aber lebend gefundenen) Offiziers namens Alf Boxall befunden hatte, war folgender Code geschrieben:
- MRGOABABD
MLIAOI- MTBIMPANETP
- MLIABOAIAQC
- ITTMTSAMSTGAB
Bis heute konnten die Buchstabenreihen nicht entziffert werden. Deutungsversuche wie, für die unterste Reihe, It's Time To Move To South Australia Moseley Street Glenelg Alf Boxall blieben ergebnislos. (Die Moseley Street ist die Hauptverkehrsader durch Glenelg, wo die aus unbekannten Gründen gekaufte Busfahrkarte des Mannes hinführte.)
Literatur
- Ruth Balint, "Der Somerton Man: Eine dokumentarische Fiktion in drei Dimensionen," Book Chapter in Goofy History: Fehler machen Geschichte, (Ed. Butis Butis) Böhlau Verlag, pp. 264-279, 2009.
- Ruth Balint, "The Somerton Man: An unsolved history," Cultural Studies Review, Vol. 16, no. 2, pp. 159–78, 2010.
- Thomas Erskine Cleland, Inquest into the Death of a Body Located at Somerton on 1.12.48, South Australian State Archives, GX/0A/0000/1016/0B, 1949.
- Robyn Coghlan, Connections From London to the Antipodes: The Family of John Boxall and Sarah Hugkulstone, Acme Publishing Co., Hawker, ACT, 2008. ISBN 978-0-646-50443-8.
- Omar Khayyam, The Rubaiyat of Omar Khayyam: First and Fifth Editions, translated by Edward FitzGerald Courier Dover Publications, 1990. ISBN 0-4862-646-7-X.
- Michael Newton, The Encyclopedia of Unsolved Crimes, Infobase Publishing, 2009. ISBN 0-8160-7818-1
- John Harber Phillips, "Phillips' brief," Criminal Law Journal, Vol. 18, pp. 108-110, 1994.
- John Pinkney, Great Australian Mysteries: Unsolved, Unexplained, Unknown, Five Mile Press, Rowville, Victoria, 2003. ISBN 1-7412-402-4-7.
- Geoffrey Sherington, Royal North Shore Hospital, 1888-1988 : A Century of Caring, Horwitz Grahame, Sydney, 1988, ISBN 0-7255-210-4-X.
- Margaret Rice, The Close of an Era: A History of Nursing at the Royal North Shore Hospital, 1887-1987, St. Leonard's, N.S.W: Royal North Shore Hospital Graduate Nurses Association, 1988.
- Richard Walker, Curtin's Cowboys: Australia's Secret Bush Commandos, Allen & Unwin, Sydney, 1986. ISBN 0-8686-176-5-2.
Weblinks
Commons: Somerton-Mann – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienKategorien:- Ungeklärter Kriminalfall
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