Spionage-Affäre in der Formel 1 2007

Spionage-Affäre in der Formel 1 2007

Als Spionage-Affäre wird ein Skandal in der Formel-1-Saison 2007 bezeichnet, nachdem das Team McLaren-Mercedes illegal technische Informationen über die Wagen von Ferrari erhalten hatte. In welchem Umfang diese Daten in die Weiterentwicklung der Fahrzeuge von McLaren-Mercedes einflossen, konnte nicht ermittelt werden. Teamchef Ron Dennis und Mercedes-Benz-Motorsportchef Norbert Haug bestritten jede Verwendung der Dokumente.

Inhaltsverzeichnis

Verlauf

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Der Chefdesigner von McLaren, Mike Coughlan, erhielt im Mai 2007 in großem Umfang interne Informationen des Ferrari-Teams von Nigel Stepney, dem Ferrari-Chefmechaniker. Als im Juni 2007 die Ehefrau von Coughlan die Unterlagen in einem Copyshop kopieren wollte, meldete ein dort angestellter Verkäufer den verdächtigen Vorgang. Darauf erstattete Ferrari bei der Staatsanwaltschaft Anzeige gegen Stepney. Bei einer Durchsuchung von Stepneys Haus wurde verdächtiges Material sichergestellt.

Freispruch nach erster Anhörung

Am 26. Juli 2007 fand eine Anhörung vor dem FIA-World Council (dt.: „Weltrat“, das höchste Gremium der FIA) in Paris statt. McLaren wurde dabei aus Mangel an Beweisen vom Verdacht der Spionage freigesprochen. Die FIA ging dabei davon aus, dass sich mit Stepney und Coughlan nur Einzelpersonen nachweislich schuldig gemacht hatten. Für den 13. September 2007 wurde danach auf Druck des italienischen Automobilverbandes eine Berufungsverhandlung angesetzt. Hierbei sollte auch Ferrari als Geschädigter die Möglichkeit gegeben werden, eigene Beweise vorzulegen.

Selbstanzeige

Am 5. September gab die FIA bekannt, dass neue Beweise vorlägen und statt der Berufungsverhandlung am 13. September eine erneute Anhörung stattfinden werde. Der McLaren-Mercedes-Fahrer Fernando Alonso erklärte zuvor gegenüber Ron Dennis, dass er über Informationen zur Spionage-Affäre verfüge, und drohte, diese bekannt zu geben. Dies wurde in den Medien als Erpressungsversuch gegenüber Dennis gewertet. Alonso hatte sich per E-Mail mit dem McLaren-Testfahrer Pedro de la Rosa und Chefdesigner Mike Coughlan über interne Daten von Ferrari ausgetauscht. Dennis erstattete daraufhin sofort Selbstanzeige bei der FIA. Somit war erstmals klar, dass nicht nur Coughlan über die Ferrari-Daten Bescheid wusste.

Strafe

Nach der zweiten Anhörung gab die FIA vor dem Großen Preis von Belgien 2007 bekannt, dass McLaren in der Saison 2007 alle Punkte in der Konstrukteurswertung aberkannt werden. Lewis Hamilton und Fernando Alonso dürfen jedoch ihre Punkte in der Fahrerwertung behalten. Alonso profitierte dabei von einer von der FIA angewandten Kronzeugenregelung. Zudem muss McLaren eine Strafe in Höhe von 100 Millionen US-Dollar zahlen, die höchste Geldbuße, die bis dahin jemals weltweit im Sport verhängt wurde. Dieser Betrag ist innerhalb von drei Monaten nach der Entscheidung fällig, darf aber um die Summe reduziert werden, die McLaren-Mercedes für die Platzierung in der Konstrukteurswertung erhalten würde, wenn das Team nicht ausgeschlossen worden wäre.[1] Die FIA erklärte, dass davon auszugehen sei, dass sich McLaren durch die Daten von Ferrari einen Vorteil verschafft hatte. Diese Annahme konnte jedoch nicht konkretisiert werden. Trotzdem legte McLaren in der zur Verfügung stehenden Frist bis zum 21. September 2007 keine Berufung ein und akzeptierte das Urteil des FIA-Weltrates.[2] Am selben Tag wurde berichtet, dass die FIA die internen Ferrari-Daten versehentlich für kurze Zeit frei zugänglich als pdf-Datei auf ihrer Webseite veröffentlicht habe.[3] Wie am 18. Dezember 2007 von der FIA bekannt gegeben, wird die zunächst angekündigte erneute Untersuchung der Fahrzeuge für die Saison 2008 nach einer öffentlichen Entschuldigung des Teams nicht stattfinden.[4] Der Fall Spionageaffäre 2007 wird damit kein weiteres Nachspiel haben. Die zivilen Prozesse zwischen Ferrari als Ankläger und McLaren in England und Italien werden jedoch fortgeführt.

Verwicklung von Renault

Am 6. Dezember 2007 musste sich das Renault-Team ebenfalls wegen Spionagevorwürfen vor der FIA verantworten. Im Rahmen der Ermittlungen gegen McLaren waren Indizien aufgetaucht, wonach ein ehemaliger McLaren-Angestellter bei seinem Wechsel zu Renault Unterlagen mitgenommen habe, die in die Entwicklung des R27 für die Saison 2007 eingeflossen seien. Speziell Daten zum Benzinsystem, dem Getriebeaufbau, dem Ölkühlsystem, dem Hydrauliksystem und einer neuartige Aufhängungskomponente von McLaren seien betroffen.[5][6] Man gelangte dabei zu der Ansicht, dass sich Renault-F1 keines Vergehens im Sinne der Anklage schuldig gemacht hatte, und sprach das Team somit ohne weitere Auflagen frei.

Einzelnachweise

  1. Der Originaltext des Urteils zur Reduzierung der Strafsumme: …less any sum that would have been payable by Formula One Management Limited on account of McLaren’s results in the 2007 Constructors Championship had it not been excluded.
  2. „McLaren-Mercedes zahlt, Spionage-Affäre beendet“ (sid-Meldung am 21. September 2007)
  3. „Daten der Spionage-Affäre ins Netz geraten“ (sid-Meldung am 21. September 2007)
  4. Spionage-Akte geschlossen: McLaren kann bei WM fahren (n-tv.de am 18. Dezember 2007)
  5. Formel-1-Spionage – Verdacht fällt auf Renault (n-tv.de am 8. November 2007)
  6. Spionagevorwürfe: Renault von der FIA vorgeladen (motorsport-total.com am 8. November 2007)

Weblinks


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