Sranantongo

Sranantongo
Sranantongo, surinamisch

Gesprochen in

Suriname
Sprecher 300.000
Linguistische
Klassifikation
Sprachcodes
ISO 639-2: (B) srn (T) srn
SIL:

srn

Sranantongo (Niederländisch: Surinaams oder Sranan Tongo, früher Negerengels; abwertender Name: Taki-Taki (zu Deutsch so viel wie „Blabla“) oder auch kurz Sranan) ist eine in Suriname gesprochene Kreolsprache.

Inhaltsverzeichnis

Übersicht

Obwohl Sranantongo aufgrund der vielen wahrscheinlich aus dem Englischen übernommenen Wörter (mi „mein“, futu „Fuß“) oft als englischbasierte Kreolsprache bezeichnet wird, ist diese Behauptung nicht unumstritten. Es gibt auch Hinweise, dass das Portugiesische als Basis gesehen werden kann, aus dieser Quelle stammt unter anderem bun „gut“. Auch der Einfluss von afrikanischen Sprachen ist deutlich erkennbar. Heute nimmt der Einfluss des Niederländischen wieder zu, vor allen Dingen in der Stadt, wo sogenanntes Foto taki („Stadtsprache“) gesprochen wird, das mehr durch Niederländisch und Englisch beeinflusst wird; im Gegensatz zum Dipi Taki („tiefe Sprache“), das im ländlichen Bereich Surinames gesprochen wird. Allerdings sind klare Abgrenzungen innerhalb der äußerst komplexen Sprachlandschaft Surinames nicht immer möglich.

Erste schriftliche Zeugnisse von Sranan entstanden 1781 mit dem Singi Buku (Gesangbuch) und 1784 mit dem Nyun Testament durch die Herrnhuter Brüdergemeine, die seit 1735 in Suriname missionarisch tätig ist. Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts war es verboten, Sklaven Unterricht in Niederländisch zu geben. Wie die meisten Kreolsprachen hat Sranantongo keinen hohen Status in der Bevölkerung. Trotz dieser Einschränkung ist Sranantongo eine vollwertige Sprache, die auch in Gedichten verwendet wurde, unter anderem von Trefossa (alias Henry F. de Ziel, 1916 - 1975). Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es Bemühungen, Sranan Tongo als Nationalsprache Surinames zu etablieren, doch wurde nie ein offizielles Wörterbuch oder eine offizielle Grammatik veröffentlicht.

Ursprung, Geschichte und verwandte Sprachen

Während der niederländischen Kolonialzeit flohen Sklaven von den Plantagen in den nahe gelegenen Regenwald. Diese schlossen sich dann zu Gemeinschaften zusammen, die sich Maroons (die größten Gruppen darunter sind die Saramaccaner und die Ndyuka) nannten. Um überlebenswichtige Güter, wie etwa Eisen, zu erhalten, waren diese Gemeinschaften auf Raubzüge angewiesen, was zu ständigen Spannungen mit der Kolonialverwaltung führte.

Eine zeitgenössische Beschreibung des Streites einer europäischen Söldnertruppe gegen revoltierende Maroons in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts findet sich in einem Buch von John Gabriel Stedman, das 1796 veröffentlicht wurde und recht erfolgreich war. In diesem Buch finden sich auch Illustrationen von William Blake.

Nachdem sich die Maroons als nicht einfach zu besiegende Gegner erwiesen hatten, wurden dann verschiedene Verträge mit ihnen geschlossen, die ihnen die Freiheit garantierten und die Erlaubnis zum friedlichen Handel mit den Europäern gab, jedoch unter der Bedingung, dass sie keine neuen geflohenen Sklaven in ihre Reihen aufnehmen durften. Da aber weiterhin Sklaven flohen, bildeten diese wiederum eigene Gemeinschaften, die später auch in gleicher Weise vertraglich eingebunden wurden. Da diese Gemeinschaften kaum noch Kontakt mit Europäern hatten, wurden ihre Kreolsprachen auch nicht weiter europäisiert. Deshalb gibt es heute in Suriname drei verschiedene Kreolsprachen, die alle ursprünglich die gleiche Grundlage haben, aber unterschiedlich stark europäischem Einfluss ausgesetzt waren. Die ältere der Kreolsprachen der Maroons, das Saramaccaans zeigt noch heute sehr starke portugiesische und westafrikanische Züge. Die jüngere, das Aukaans, hat dagegen einige afrikanische und portugiesische Elemente verloren.

Heutiges Sranantongo

Sranan ist die Sprache der großen Mehrheit der Nachkommen der nie geflohenen, aber Ende des 19. Jahrhunderts befreiten Sklaven. Sranan hat viele der portugiesischen Wörter durch englische und niederländische ersetzt und durch Entlehnung aus dem Niederländischen und Englischen seinen Wortschatz stark erweitert (siehe: Ausbausprache). Auch die lautliche Gestalt hat sich sehr europäischen Mustern angepasst. Die beiden afrikanischen Phoneme kp und gb wurden durch kw und gw ersetzt und die ursprüngliche Tonalität ging verloren. Konsonantenhäufungen wie etwa kr- am Wortanfang oder -ntr- im Wortinneren sind heute nicht selten, ursprünglich war die Silbenstruktur wohl wie heute noch im Saramaccan strikt Konsonant-Vokal, wobei nasalierte Vokale und pränasalierte Konsonanten vorkommen.

Heutige Verbreitung

Sranantongo wird in Suriname von fast der gesamten Bevölkerung als Verkehrssprache gesprochen. Davon sprechen etwa 100.000 Menschen Sranan Tongo als Muttersprache, (die so genannten Kreolen, d. h. die Nachkommen der nie geflohenen Sklaven) und nach einer Schätzung von 1997 etwa 300.000 Menschen als Zweitsprache. Mehrsprachigkeit mit Niederländisch und Englisch und den Sprachen der anderen Volksgruppen ist weit verbreitet, wobei Niederländisch als Amts- und Schriftsprache dient. Auch unter den Niederländern surinamischer Herkunft ist Sranan sehr verbreitet.

Eine Strophe der Surinamischen Nationalhymne wurde in Stein gemeißelt und vor dem Parlament in Paramaribo aufgestellt

Sprachbeispiele

  • yu kan sori mi wan bun restaurant?
  • „Kannst du mir ein gutes Restaurant empfehlen?“
  • san yu abi fu nyan?
  • „Was haben sie zu Essen?“

Zahlwörter

wan (1), tu (2), dri (3), fo (4), feyfi (5), siksi (6), seybi (7), ayti (8), neygi (9), tin (10)

Literatur

  • J.C.M. Blanker; J. Dubbeldam: Prisma woordenboek Sranantongo-Nederlands, Nederlands-Sranantongo. Uitgeverij Het Spectrum B.V., Utrecht 2005, ISBN 90-274-1478-5.
  • Michaël Ietswaart; Vinije Haabo: Sranantongo: Surinaams voor reizigers en thuisblijvers. Uuiteverij Jan Mets, Amsterdam 2000, ISBN 90-5330-271-9.
  • René Hart: Sranantongo. Leer- en werkboek Surinaamse cultuur, Den Haag 1996, ISBN 90-75753-01-2.
  • Eddy van der Hilst: Skrifi Sranantongo Bun, Leysi En Bun Tu. Drukkerij lberga N.V, Paramaribo 1988.
  • Jan Voorhoeve: Creole Drum, New Haven, Yale University Press. 1975, ISBN 0-300-01661-1.
  • Michiel van Kempen: The Literary Infrastructure of Suriname: Problems and Changes. In: A History of Literature in the Caribbean, Volume 2: English- and Dutch-speaking regions. Benjamins, Philadelphia PA (2001), ISBN 1-58811-041-9.

Siehe auch: Liste der Kreolsprachen

Weblinks


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