St. Clemenskirche (Lübeck)

St. Clemenskirche (Lübeck)
Aufriss der West- und Südfassade der St. Clemenskirche (1899)
Glocke der Clemenskirche

Die St. Clemenskirche war eine backsteingotische Nebenkirche in der Lübecker Altstadt, die in der Clemensstraße im mittelalterlichen Hafenviertel unweit der Trave lag und im 19. Jahrhundert abgerissen wurde.

Die ursprünglich romanische Clemenskirche wurde erstmals 1257 erwähnt. Ihr Patrozinium bezog sich auf Clemens von Rom, den Schutzheiligen der Seeleute; sie gehörte zu den kleineren Nebenkirchen der Altstadt, die sich im Gegensatz zu den Hauptkirchen nicht erhalten haben. Die Clemenskirche in Hafennähe erfüllte zunächst die Funktion einer Kaufmannskirche. Der um 1481 erneuerte Kirchenbau war als Nebenkirche nicht sehr groß und innen 31,6 m lang und 12,4 m (im Chorraum 13,8 m) breit. Im Zuge der Reformation ging der Bedarf an Kirchgebäuden auch in Lübeck zurück, St. Clemens wurde zur Filialkirche von St. Jakobi. Aufgrund des Wirtschaftsbooms ausgelöst durch die englische Elb- und Wesersperre wurde St Clemens 1803 profaniert. Der Senat beschloss auf Bitten der Bürgerschaft und mit Zustimmung der Kirchenvorsteher von St. Jakobi die formale Profanierung, und St. Clemens wurde für 20.000 Mark Courant an das Lübecker Handelshaus J. C. Kröger & Co verkauft, der die Kirche als Speicher nutzte. Nur wenige Teile der Ausstattung wurden nach St. Jakobi gebracht, wovon heute nichts mehr erhalten ist; die Kirchenuhr und eine der zwei Glocken wurde nach Bad Oldesloe verkauft. Die zweite Glocke aus der Zeit von 1330-40 blieb in Lübeck. Sie kam nach dem Abriss über St. Jakobi als Mutterkirche der Clemenskirche in die Sammlung der Lübecker Museen und ist heute in der Glockensammlung in der Katharinenkirche ausgestellt.[1]

In der Lübecker Stadtansicht des Elias Diebel von 1552 ist der Helm eines Kirchturms zwischen Jakobikirche und Heilig-Geist-Hospital zu sehen, der die Position der Clemenskirche in dieser Ostansicht der Stadt markieren soll. Es handelt sich um eine starke Überzeichnung um der Vollständigkeit des Stadtbilds willen. Auch Matthäus Merian überzeichnete die Clemenskirche in seiner Stadtansicht von 1641, um deren Wirkung zu erhöhen. Anstatt des in beiden Fällen dargestellten Turmes hatte die einschiffige Kirche nur einen Dachreiter auf dem First des Kirchenschiffs, der 1803 im Zuge der Profanierung abgebrochen wurde.

Zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Clemensstraße, eine kleine nördliche Parallelstraße zur Beckergrube, städtebaulich neu überplant und nach dem Vorbild der Herbertstraße in Hamburg zum Sperrbezirk umgebaut, in dem die Prostitution zulässig war. Die bis dahin als Speichergebäude genutzte ehemalige Clemenskirche wurde 1899 abgerissen und durch die heute noch stehenden mehrgeschossigen gründerzeitlichen Häuser Clemenstraße 2, 2a und 4 ersetzt. Noch vor dem Ersten Weltkrieg gingen hier weit über hundert Dirnen ihrem Erwerb nach. Nach dem Willen der heutigen Eigentümer der Grundstücke in der Clemensstraße soll nach erfolgter Aufgabe der Bordellnutzung Ende des 20. Jahrhundert dort künftig eine kulturelle Begegnungsstätte verbunden mit Wohnnutzungen entstehen. Der Bebauungsplan wurde 2007 von der Baubehörde geändert, das Sondergebiet aufgehoben. Der Umnutzung stehen oftmals die alten Grundrisse entgegen, die mit großem Aufwand an moderne Wohnvorstellungen angepasst werden müssten. Die ansässige Gastronomie versucht vormalige Nutzung mit Themen der Lübeck-Literatur der Brüder Mann (Der Blaue Engel) kommerziell zu verbinden.

Eng mit der Kirche verbunden war die Bruderschaft St. Clemens Kaland, die auch nach der Reformation als von der Stadt verwaltete Stiftung weiterbestand und über umfangreichen Grundbesitz außerhalb der Stadt verfügte. Dazu gehörten die Dörfer Bliesdorf, Merkendorf, Marxdorf, Klein Schlamin im heutigen Kreis Ostholstein.

Literatur

  • Johannes Baltzer u. a. (Verf.), Denkmalrat (Hrsg.): Lübeck. Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck; Band 4: Die Klöster. Die kleineren Gotteshäuser der Stadt. Die Kirchen und Kapellen in den Außengebieten. Denk- und Wegekreuze und der Leidensweg Christi. Verl. für Kunstreprod., Neustadt an der Aisch 2001, ISBN 3-89557-168-7, S. 349–360. (Unveränd. Nachdruck der Ausg.: Verl. von Bernhard Nöhring, Lübeck 1928)
  • Georg Wilhelm Dittmer: Das heil. Geist Hospital und der St. Clemens Kaland zu Lübeck, nach ihren früheren und jetzigen Verhältnisse, aus den Urkunden und Acten beider Stiftungen. Lübeck 1838 (Digitalisat)
  • Rainer Andresen: Das alte Stadtbild - Lübeck, Geschichte, Kirchen, Befestigungen Band 1, S. 53 ff.
  • Antjekathrin Graßmann (Hrsg.): Lübeck Lexikon. Lübeck 2006, unter „Sakralbauten, abgerissene“
  • Monika Zmyslony: Die Bruderschaften in Lübeck bis zur Reformation (Beiträge zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 6), Kiel 1977 (Diss. Kiel 1974)

Weblinks

  1. Zur Datierung und zur Inschrift: Adolf Clasen: * Verkannte Schätze : Lübecks lateinische Inschriften im Original und auf Deutsch, Lübeck 2003, S. 181. ISBN 3-7950-0475-6
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