St. Martini (Braunschweig)

St. Martini (Braunschweig)
Martinikirche von Westen

Die Martinikirche in Braunschweig wurde im 12. Jahrhundert als Pfarrkirche des Weichbildes Altstadt errichtet (Baubeginn 1190/1195). Als Initiator gilt Heinrich der Löwe. Sie ist die einzige mittelalterliche doppeltürmige Kirche in Braunschweig mit vollendetem Westbau (Sächsischer Westriegel).

Die ursprüngliche Form bestand wie beim Braunschweiger Dom in einer romanischen Pfeilerbasilika, die später durch Hinzufügung gotischer Seitenschiffe zwischen 1250 und 1400 zu einer Hallenkirche ausgebaut wurde. Kennzeichnend für die gotischen Erweiterungsbauten sind insbesondere die vielen Jochgiebel an den Außenseiten, die für die Region als typisch angesehen werden.

1400 erfolgte dann der Anbau des Chorabschlusses sowie 1434 der Anbau der Annenkapelle. Diese wurde von Wasmod von Kemme gestiftet. Im Innern birgt sie sechs große Statuen (um 1440): Maria, die heiligen drei Könige, Joachim und Anna selbdritt. Über den Kielbögen sind Apostel- und Heiligenfiguren zu sehen; in der Mitte die Marienkrönung. Die weiteren, nur von unten erkennbaren Figuren zeigen unter anderem musizierende Gestalten und Köpfe von Braunschweiger Bürgern und Mönchen der damaligen Zeit.

Von der romanischen Bauphase sind der Westbau mit Teilen einer romanischen Glockenstube sowie die beiden westlichen, beim Umbau versetzten Seitenschiffportale erhalten. Hinter dem Orgelprospekt verbirgt sich die ehemalige herzogliche Loge mit ihrem Sichtdurchlass in Form von drei romanischen Rundbögen.

Sehenswert sind auch die mittelalterlichen Sandsteinskulpturen am Giebel des südlichen Querhauses (die zwölf Jungfrauen) so wie die Tympanons über den Eingängen auf der Nordseite, die das Lamm Gottes sowie die Grablegung Mariens darstellen. Es handelt sich hierbei um die einzigen erhaltenen originalen Tympanons in Braunschweig.

Zwischen 1722 und 1725 entstand der von Anton Detlev Jenner aus Marmor und Alabaster geschaffene, vollständig erhaltene barocke Hochaltar.

In den Jahren 1897 bis 1899 führte Max Osterloh umfangreiche Erneuerungen durch. Im Zweiten Weltkrieg brannten der Dachstuhl und das Westwerk vollständig aus. Der Innenraum der Kirche jedoch blieb weitestgehend vom Feuer verschont. Sehenswert sind hier die vielen Epitaphien berühmter Braunschweiger Bürger, der aus der Barockzeit stammende Orgelprospekt und das Taufbecken in der Annenkapelle.

Die Martinikirche in Braunschweig birgt mit der Glocke „Großer Adler“ (Gewicht: 5.172 kg, Schlagton: fis0) die größte Glocke des Braunschweiger Landes. Das gesamte Geläut der Kirche umfasst elf Glocken:

  1. Großer Adler, Gussjahr 1624, 5172 kg, Ton fis0.
  2. Predigt- oder Martinsglocke, Gussjahr 1665, ca. 3300 kg, Ton a0.
  3. Trauglocke, Gusstag 1. März 1967, 2154 kg, Ton cis.
  4. Ruferglocke, Gusstag 10. April 1981, 1535 kg, Ton e.
  5. Dreikönigsglocke, Gussjahr 13./14. Jahrhundert, 1250 kg, Ton fis.
  6. Reformations-Gedächtnis-Glocke, Gusstag 25. Oktober 1985, 760 kg, Ton gis.
  7. Martin-Chemnitz-Glocke, Gusstag 18. September 1987, 660 kg, Ton a.
  8. Johann-Arndt-Glocke, Gusstag 18. September 1987, 565 kg, Ton h.
  9. Thomasglocke, Gusstag 14. Mai 1982, 489 kg, Ton cis.
  10. Stimmglocke, um 1300, 55,2 kg, Ton h.
  11. Stimmglocke, um 1300, 17 kg, Ton e.

Die beiden Stimmglocken sind nach Erkenntnissen aus dem August 2011 die ältesten Glocken der Stadt Braunschweig und werden in Kürze in einem neuen Holzglockenstuhl in der Kirche wieder zum Einsatz kommen.

Literatur

  • Norbert Koch: St. Martini, in: Braunschweiger Stadtlexikon, herausgegeben im Auftrag der Stadt Braunschweig von Luitgard Camerer, Manfred R. W. Garzmann und Wolf-Dieter Schuegraf unter besonderer Mitarbeit von Norman-Mathias Pingel, Braunschweig 1992, Seite 153-154, ISBN 3-926701-14-5.
  • Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bremen/Niedersachsen, Deutscher Kunstverlag, 1977.
  • Richard Moderhack: Braunschweiger Stadtgeschichte, Braunschweig 1997.

Weblinks

 Commons: St. Martini (Braunschweig) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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