- Sächsischer Westriegel
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Der Sächsische Westriegel ist eine besondere Form des Westwerks und eine regionale Besonderheit des romanischen Kirchenbaus auf dem Gebiet des mittelalterlichen Herzogtums Sachsen.
Der Sächsische Westriegel ist ein das Langhaus überragender, querrechteckiger Baukörper. Der untere Teil ist von geschlossener Bauweise, der obere besteht entweder aus einem Glockenhaus mit Dach (Mindener Dom, Havelberger Dom) oder zwei meist polygonalen Turmaufbauten (Kirchen von Braunschweig und Goslar). Oft haben (oder hatten ursprünglich) die Kirchen nur einen kleinen oder gar keinen Westeingang. Die typische Form des queroblongen Baukörpers oder Riegels zeichnet sich durch Fenster- und Türlosigkeit aus, mit der wahrscheinlich ein Bollwerk gegen das Böse symbolisiert werden sollte (Burg Gottes). Der Bautypus betont das Abweisende und Geschlossene der Kirchenfront und bildet somit einen Gegensatz zu Kirchenfassaden mit großen Portalen und Fenstern, wie sie in Frankreich verbreitet sind. Der Eingang zu solchen romanischen Kirchen lag seinerzeit nicht im Westbau, sondern meistens an der Nordseite in einem Vorbau, dem so genannten „Paradies“. Sie sind keine Wegekirchen, bei denen ein Weg vom Portal im Westen zum Altar im Osten angelegt ist.
In dem Gebäudesockel wird oft eine Herrscherloge vermutet, von der aus der Landesherr der Heiligen Messe beiwohnte. Für diese von den karolingisch-ottonischen Westwerken hergeleitete Funktion fehlen beim Westriegel jedoch meist die Belege. Das Verständnis der Bauform als Antagonismus, der die Kirchen in West-Ost-Ausrichtung in ein Sanktuarium (Ostteil, meist Querhaus und Apsis) und in einen vermeintlich der weltlichen Herrschaft vorbehaltenen Bereich (Westbau) aufteilt, ist umstritten.
Beispiele für den sächsischen Westriegel finden sich am Braunschweiger Dom sowie dem Kaiserdom zu Königslutter, am Havelberger Dom, sowie am im 19. Jahrhundert abgerissenen Dom zu Goslar, dort allerdings mit großem Westportal. In Havelberg und Königslutter ist diese geschlossene Bauform heute noch sichtbar, im Braunschweiger Dom wurde erst im 19. Jahrhundert eine kleine Tür in den Westriegel gebrochen. Auch bei der Martinikirche in Braunschweig wurde das romanische Portal im Westriegel erst nachträglich eingesetzt.
Während der Dom zu Königslutter und der Dom zu Goslar Kaiserbauten waren, folgte der Dom zu Braunschweig dieser Architektur, ohne als Kaiserdom errichtet worden zu sein. Der Grund ist im Herrschaftsanspruch Heinrichs des Löwen zu suchen, den er in diesem Baustil zu manifestieren suchte. Sein Sohn Kaiser Otto IV. wusste ihn dann für sich gerade in kaiserlicher Hinsicht zu nutzen und auszubauen.
Westriegel-ähnliche Bauten im Raum östlich der Elbe werden manchmal als eigener Bautypus „märkischer Westbau“ vom Sächsischen Westriegel im engeren Sinne abgesondert.
Beispiele
(siehe auch Weblinks: Commons, mit Bildern)
Braunschweig: Braunschweiger Dom, St. Martini, St. Katharinen, Magnikirche, St. Andreas;
Goslar: ehem. Dom, Neuwerkkirche, Frankenberger Kirche, Marktkirche, Kirche Riechenberg
Arneburg, Kloster Bursfelde, Clarholz, Kloster Drübeck (mit Westapsis), Diesdorf, Dambeck, Frose, Bad Gandersheim, Gohre, Göttingen Johanniskirche, Kloster Hadmersleben, Halberstadt Liebfrauen, Hildesheimer Dom, Hecklingen, Königslutter, Melverode, Quedlinburg, Schönhausen Watenstedt, Wunstorf, Ziesar
Kleinere Bauten
Barum, Bevenrode, Bornum, Cremlingen, Denstorf, Eilum, Erkerode, Essenrode, Evessen, Groß Ammensleben, Groß Denkte, Groß Möhringen, Heiligendorf, Heiningen, Hesslingen, Hordorf, Kneitlingen, Küblingen (Schöppenstedt), Lehre, Linden (Wolfenbüttel), Lucklum, Mascherode, Moringen-Fredesloh Ohrum, Rhode, Sauingen, Seehausen, Sonnenberg (Vechelde), Sottmar, Uenglingen, Volzum, Warle, Wendessen, Wormsdorf, Wiethe
Weblinks
Commons: Sächsischer Westriegel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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