Jakobskirche (Braunschweig)

Jakobskirche (Braunschweig)
Wiederaufgebaute Jakobskirche

Die Jakobskirche, auch Jakobskapelle, gilt als ältester Kirchenbau der Stadt Braunschweig und befindet sich im Weichbild Altstadt, am heutigen Eiermarkt.

Inhaltsverzeichnis

Bau- und Nutzungsgeschichte

Der Legende nach, soll die (historisch bisher unbelegte) erste Siedlung auf dem Gebiet des heutigen Braunschweig im Jahre 861 gegründet worden sein. Besonders ausführlich schildert dies der aus Braunschweig stammende mittelniederdeutsche Chronist Hermann Bote in seiner um 1500 entstandenen Braunschweiger Weltchronik. Demnach entschlossen sich die beiden sächsischen, evtl. aus liudolfingisch-ottonischem Geschlecht stammenden Brüder Bruno und Dankward an der Oker eine Siedlung zu gründen, wobei Dankward zu Ehren der Apostel Peter und Paul eine Kirche und die Burg Dankwarderode errichten ließ und Bruno Häuser an der Stelle bauen ließ, wo sich heute der Eiermarkt befindet, darüber hinaus soll Bruno eine Kirche zu Ehren des heiligen Jakob gestiftet haben – die Jakobskirche.

Ausgrabungen, die seit 1954 stattgefunden haben, konnten die Entstehungsgeschichte im 9. Jahrhundert bisher jedoch nicht zweifelsfrei beweisen, vielmehr wird davon ausgegangen, dass die Fundamentreste eher dem 11. bzw. 12. Jahrhundert zuzuordnen sind. Ein erster urkundlicher Hinweis auf die Kirche stammt aus dem Jahre 1227, die erste urkundliche Erwähnung der Jakobskirche von 1301.

Im 10. Jahrhundert soll an ihrer Stelle der erste Saalbau entstanden sein, um 1100 folgte ein zweiter mit Turm, Langschiff und Apsis. Im 15. Jahrhundert folgte schließlich der Umbau zu einer gotischen Hallenkirche.

Martinikirche

Bis zur Reformation fanden in der Jakobskirche Gottesdienste statt, welche ab 1710 nochmals stattfanden, die Kirche diente damals als Filialkirche zur nur wenige Meter entfernten Martini-Kirche.

Einem Stich aus dem 18. Jahrhundert zufolge, ähnelte die Jakobskirche zu dieser Zeit in ihrer äußeren Erscheinung der ebenfalls nahegelegenen Michaeliskirche, d. h.: sie besaß einen quadratischen Westturm mit westlichem Portal und einer spitz zulaufenden Turmhaube.

1794/95 wurden sowohl der Turm als auch die Gewölbe abgerissen und der verbleibende Bau fortan als zweigeschossiges Lagergebäude für Tuche (sogenanntes „kleines Gewandhaus“) genutzt – das eigentliche Gewandhaus befindet sich nur wenige Meter von der Jakobskirche entfernt. Im Jahre 1861 wurde das Gebäude als Getreide- und Produktenbörse genutzt.

Zerstörung und Wiederaufbau

Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Gebäude v. a. durch die schweren Bombenangriffe des Jahres 1944 bis auf die Grundmauern zerstört. Erst 1977/78, über 30 Jahre nach Kriegsende, fand der Wiederaufbau in Anlehnung an das äußere Erscheinungsbild des 15. Jahrhunderts statt, da aus dieser Zeit und trotz Kriegseinwirkung noch der Chor und die Südwand erhalten waren. Heute wird die ehemalige Jakobskirche als Gemeindehaus der Gemeinde St. Martini genutzt. Im Keller befindet sich eine archäologische Ausgrabungsstätte, die die architektonischen Ursprünge des Bauwerkes veranschaulicht.

Jakob-Kemenate

Jakob-Kemenate
Jakob-Kemenate

Im Hof hinter der ehemaligen Jakobskirche bzw. an diese angrenzend befindet sich die sogenannte Jakob-Kemenate. Bei dem im 13. Jahrhundert entstandenen Bauwerk, bei dem an der Ostwand Mauerfragmente aus dem 12. Jahrhundert nachgewiesen wurden, handelt es sich um eines der ältesten Profangebäude Braunschweigs. Sie gehörte einst zur Jakobstraße 3, einem größeren mittelalterlichen Anwesen.

Seit 1765 wurde auf dem Grundstück Jakobstraße 3 die „Herzogliche Leihhausanstalt“ eingerichtet (gegründet von Herzog Karl I.). Sie gilt als ältestes deutsches Bodenkreditinstitut, welches den Ursprung der Braunschweigischen Staatsbank bildete, aus der die heutige Norddeutsche Landesbank (NORD/LB) hervorging.

In Braunschweig waren Kemenaten typische Steinbauten als Fluchtpunkt vor Feuer und Überfall, als Repräsentations-, Speicher- und Wohnbauten. Den großen Luftangriff auf Braunschweig vom 15. Oktober 1944 überstand die Jakobkemenate nur als Ruine. Mit einem Notdach versehen, wurden 1963 kriegsbedingte Reste des Vorderhauses großenteils beseitigt. 2006 wurde es von dem Architekten Rainer Ottinger, O.M.Architekten BDA, mit Förderung der Stadt Braunschweig, der Richard-Borek-Stiftung, des Landes Niedersachsen, der Stiftung Nord/LB · Öffentliche und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz aus Mitteln der Fernsehlotterie GlücksSpirale restauriert und erweitert. Der Hamburger Bildhauer Jörg Plickat hat für das Vorderhaus, weltweit einmalig, eine thermisch bewegliche genagelte Stahlfassade aus COR-TEN-Stahl mit einem starkem handwerklichen Duktus erarbeitet. Abgeleitet von der mittelalterlichen Schutztechnik, Stadt- und Kirchentore mit Eisenplatten zu beschlagen, wird so auf die ursprüngliche Schutzfinktion der Kemenate verwiesen. Es ist ein Gebäude-Ensemble entstanden, das in einer einmaligen Konstellation zugleich Baudenkmal, zeitgenössische Architektur und modernes Kunstwerk ist und als Kultur- und Begegnungsstätte jakob-kemenate genutzt wird.

Die zwei Skulpturen „Dialog“ aus COR-TEN-Stahl vor der Jakob-Kemenate von Jörg Plickat reflektieren das Aufeinandertreffen von alten und neuen Gebäudeteilen. Die Komposition ist entsprechend der skulpturalen Sprache des Bildhauers sehr reduziert. Ganz bewusst wurden die kubischen Elemente in den Akkord mit romanisch-gotischen Bogensegmenten gesetzt, wie sie als Teile der Kernarchitektur der Kemenate vorkommen.

Literatur

  • Camerer, Garzmann, Schuegraf, Pingel: Braunschweiger Stadtlexikon, Braunschweig 1992
  • Reinhard Dorn: Mittelalterliche Kirchen in Braunschweig. Hameln, 1978
  • Udo Gebauhr: die „jakob-kemenate“ in Braunschweig. Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen, Ausgabe 2/2007
  • Eberhard Kleinschmidt/Peer Kleinschmidt: Die Jakobkemenate - Eine balladeske Chronik in alter Manier, Braunschweig, 2009 [ISBN 978-3-925268-29-8]

Weblinks

 Commons: St. Jakob in Braunschweig – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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