St. Trinitatis (Warlitz)

St. Trinitatis (Warlitz)
St. Trinitatis

St. Trinitatis zu Warlitz ist eine Barockkirche aus dem 18. Jahrhundert im mecklenburgischen Dorf Warlitz mit einer der letzten beiden Orgeln von Johann Georg Stein in Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Warlitzer Kirche wurde als Gutskapelle in Eigenverantwortung des örtlichen Patrons errichtet. Den praktischen Status einer dörflichen Filialkirche hat sie (mit Hinzufügung eines Taufbeckens) erst seit dem Jahr 1855.

Während der Bauzeit war der Oberhauptmann Maximilian von Schütz Besitzer des Gutes. 1761 wurde der Hamburger Theologe Heinrich Julius Tode zweiter Pastor in Pritzier, wohin Warlitz eingepfarrt war. Dessen Amtseinführung in Pritzier führte zu einer heftigen Auseinandersetzung mit dem ersten Prediger Georg Ludwig Neubauer, in deren Verlauf Tode so attackiert wurde, dass Maximilian von Schütz ihm im Warlitzer Gutshaus Asyl bot. In dieser Zeit entstand der Plan zum Bau der Kirche, mit welchem Tode beauftragt wurde.

1767 wurde mit dem Bau der Kirche begonnen. Maximilian von Schütz verband mit dem Bau die Errichtung einer Familiengruft als Zentrum zum Gedächtnis an den mit ihm erlöschenden Zweig seiner Familie. Weil er die Errichtung der Kirche nicht durch den Herzog genehmigen ließ, wurde anonym gegen ihn Anzeige erstattet, was ein Ermittlungsverfahren zur Folge hatte. Dennoch wurde der Bau vollendet und wahrscheinlich Weihnachten 1769 eingeweiht.

Architektur

Warlitzer Barockorgel

Die Warlitzer Kirche ist aus Feldbruchsteinen erbaut. Diese Bauweise ist materialsparend, hatte aber die Verputzung des Äußeren der Kirche erfordert. Dieser Putz kann jedoch nicht lange gehalten haben, denn zumindest seit hundert Jahren ist die äußere Erscheinung als Feldsteinkirche überliefert. Jedoch war die Wiederherstellung des Putzes dringend geboten, denn Feuchtigkeit konnte ungehindert in das Mauerwerk eindringen und es zerstören.

Die aufwändigen Portale wurden durch Johann Heinrich Körner aus Velpker Sandstein gefertigt.

Gesichert ist der Erbauer der kleinen Barockorgel: Johann Georg Stein, Orgelbauer aus Erfurt, der sich später in Uelzen und Lüneburg niederließ und von dort aus viele Orgeln geliefert hat. Nur zwei Instrumente sind bis heute erhalten; die Warlitzer Orgel ist die einzige Stein-Orgel Mecklenburgs.[1]

Manualwerk C,D–c3
1. Principal 4'
2. Bordun 8'
3. Flauto traverso 8'
4. Quintadena 8'
5. Saliciena 4'
6. Octave 2'
7. Tertian II
8. Mixtur III
9. Dulcian 8'
Tremulant


Den wertvollen plastischen Schmuck an Altar und Orgel lieferte der braunschweigische Hofbildhauer Johann Heinrich Oden.

Joachim Heinrich Krüger aus Wismar besorgte die Ausmalung der Kirche, wie auf der Rückseite des Altars eingetragen ist.

Abgesehen von einer Überholung 1868 gab es kaum verändernde Eingriffe. Kurz vor der politischen Wende 1989 war die Situation der Kirche allerdings so dramatisch geworden, dass an ihrem weiteren Erhalt gezweifelt werden musste. Durch eine Notsicherung wurde das Schlimmste abgewendet, und mit der Gründung des Fördervereins im Jahre 1999 begann die schrittweise Wiederherstellung. Höhepunkte waren die Erneuerung des Dachstuhles, die Verputzung des Äußeren sowie die Restaurierung der Barockorgel im Jahre 2004.

Theologische Konzeption

Die Kirche ist der heiligen Dreifaltigkeit gewidmet, was künstlerisch an verschiedenen Orten auf symbolische Weise umgesetzt ist. Das Innere ist auf den ersten Blick hin schlicht und ohne Bildelemente gestaltet. Damit entspricht der Bau Tendenzen der lutherischen Orthodoxie zum einen und der Kunstentwicklung der Aufklärung auf der anderen Seite.

Die drei Personen der Trinität manifestieren sich an drei Orten der Kirche, wodurch sie drei räumliche Dimensionen abbilden, in denen sich der Gläubige beim Eintreten bewegt.

Angelpunkt ist das Dreieck als Symbol für die Dreifaltigkeit. Es ist an zwei Stellen zu finden: Im Deckenspiegel in der Mitte der Kirche sowie auf dem mittleren Oberteil des Altars, hier eingebettet in eine prunkvolle Wolkenstruktur. Das vor dem Portal befindliche Steinpflaster ist nicht einfach ein schmückender Fußabtreter, sondern enthält eine symbolische Struktur, die auf Christus verweist: Zwei flache Steine markieren die Türpfosten, darunter der dreimalige griechische Buchstabe Tau als symbolischer Auftakt zur Kirchenwidmung. Zwischen den Steinpfosten führt eine pfeilartige Linie zur Tür der Kirche.

Der Deckenspiegel enthält ein goldenes Dreieck mit Glorienschein, umgeben von geflügelten Engelsköpfen. In ihm steht das hebräische Wort aus vier Buchstaben „AHJH“, welches als Zitat aus der Gottesbegegnung des Mose am Dornbusch die Anrede Gottes verkörpert: "Ich bin, der ich sein werde." Über dem Altar findet man einen schlichten Säulenaufbau mit Kanzel und großer Wolkenstruktur, darüber ein gewaltiger Strahlenkranz mit Engeln. In ihm ist ein Dreieck enthalten, den Heiligen Geist repräsentierend. In der Wolkendarstellung sind fünf geflügelte Engelsköpfe enthalten.

Das Gemeindegestühl hat geschwungene Rückenlehnen, die jene Wasserwogen repräsentieren, die die Israeliten vor den Ägyptern gerettet haben. Der Mittelgang verweist durch die auf die Seiten des Gestühls gemalten Schaumkronen auf das durch Mose geteilte Schilfmeer.

An der Kirchturmspitze prangt der Fisch des Jona anstelle des sonst gebräuchlichen Hahns. Dies ist einerseits ein Hinweis auf die Auferstehung, zum anderen soll der Gläubige daran erinnert werden, dass er den Weisungen Gottes Folge leisten muss.

Rechts vom Altar befindet sich die Sakristei. Außen sind vier wertvolle Grisaillegemälde angebracht, die Gleichnisszenen enthalten. Diese heute seltenen Genrebilder sind gut erhalten. Sie sind dem Blick der Gemeinde entzogen und nur für den Pastor bestimmt. Dargestellt sind Motive aus dem Gleichnis vom verlorenen Sohn sowie vom verlorenen Schaf und vom Sämann.

Die Befolgung des biblischen Bilderverbotes ist ziemlich konsequent umgesetzt. Eine Ausnahme sind die zahlreichen Engelsdarstellungen. Gleichförmige Paare von Engelsgesichtern aus Stuck befinden sich oberhalb der Fenster an den Seitenwänden. Zwei plastische Engelsfiguren befinden sich auf dem Altar rechts und links. Sie tragen jeweils Attribute, die eine im 18. Jahrhundert häufig verwendete Symbolbedeutung haben. Der südliche trägt Kreuz und Kelch, der nördliche ein flammendes Herz. Diese drei Attribute repräsentieren die entscheidenden Elemente der christlichen Heilsverkündigung, die Kreuzeserlösung durch das Blut Christi bzw. die christlichen Kardinaltugenden Glaube, Hoffnung und Liebe. Das erhoben präsentierte flammende Herz bekommt im Sinne des Sursum Corda eine herausragende Stellung, wie auch Paulus im ersten Korintherbrief die Liebe "als die größte unter ihnen" hervorhebt. Ein dritter Engel sitzt auf der Orgel und bläst eine Trompete. Diese Engel bilden wiederum die Dreiheit ab.

Im Farbkonzept der Kirche dominiert die Grundfarbe Weiß sowie die Farben Blau, Gold und Purpurviolett. Auch hiermit wird die Dreifaltigkeit abgebildet: Gold steht für das Göttliche, Blau für den Himmelskörper bzw. den Heiligen Geist, sowie Purpurviolett für Christus. Die additive Summe ergibt die Grundfarbe Weiß als Symbol der Reinheit und Vollendung.

Siehe auch

Literatur

  • Jan von Busch: Zu Stein gewordener Glaube. Heinrich Julius Tode und die Trinitatiskirche zu Warlitz. In: Mecklenburg Magazin Nr.37 (16. September 2005, Beilage der Schweriner Volkszeitung), S.21
  • Jan von Busch (Hrsg.): Theologie der Aufklärung- Spannung zwischen barockem Kirchenraum, Kirchenmusik und Naturwissenschaft. Zum 275. Geburtstag von Heinrich Julius Tode, Reihe "Rostocker Theologische Studien", Bd. 19, LIT-Verlag Münster 2009, ISBN 3-8258-1797-0

Einzelnachweise

  1. Ausführliche Informationen zur Orgel

Weblinks

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