- 7 Werke der Barmherzigkeit
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Im Christentum unterscheidet man verschiedene Werke der Barmherzigkeit. Sie sind eine beispielhafte Aufzählung von Handlungen, in denen sich Nächstenliebe äußert. Ihre Aufzählung geht auf biblische Quellen zurück.
Inhaltsverzeichnis
Klassische Aufzählung
Die klassische Aufzählung umfasst sieben Werke der Barmherzigkeit:
- Hungrige speisen
- Durstige tränken
- Fremde beherbergen
- Nackte kleiden
- Kranke pflegen
- Gefangene besuchen
- Tote bestatten
Biblische Grundlage
Die Reihenfolge der ersten sechs Werke folgt der Aufzählung aus der sog. Endzeitrede Jesu in Mt 25, 34-46. Das siebte Werk wurde vom Kirchenvater Lactantius in Bezug auf das apokryphe Buch Tobit (1,17) (bzw. Tobias 1,20) hinzugefügt und hat sich in der Folge als Bestandteil der Sieben Werke der Barmherzigkeit etabliert, obwohl es der Aussage Jesu widerspricht, die Toten sollten die Toten begraben (Mt 8,22). Allerdings hat Lactantius in Epitome divinarum institutionum nicht allein dieses Werk hinzugefügt, sondern insgesamt neun Werke genannt:
- Hungernde speisen
- Nackte kleiden
- Unterdrückte befreien
- Fremde/Obdachlose beherbergen
- Waisen verteidigen
- Witwen schützen
- Gefangene vom Feind loskaufen
- Kranke und Arme besuchen
- Mittellose und Zugezogene (also Menschen ohne Familie vor Ort) bestatten
Die Liste umfasst verschiedene alt- und neutestamentliche Gebote, ohne dass sie einer einzelnen Stelle zuzuweisen wäre. Sie fungiert als Gegenstück zu einer Liste von Verboten und benennt, was dem Christen zu tun (nicht zu unterlassen) aufgetragen ist.
Bedeutung
Die Bedeutung der Werke der Barmherzigkeit liegt darin, dass das Tun der Barmherzigkeit nicht im Gedanken der Belohnung für gute Werke gründet, sondern in der Identifikation mit den Notleidenden (misericordia). Im Neuen Testament wird dies in der Parabel vom barmherzigen Samariter (Lukas 10,25-37) erzählt. Obwohl die Lehre von den guten Werken biblisch begründet werden kann, war sie spätestens mit der Reformationszeit Gegenstand kirchlicher Auseinandersetzungen. Martin Luther, der einen "Sermon von den guten Werken" (1520) verfasst hat, hat gegen die römische Werkgerechtigkeit polemisiert. Das Tridentinum hat gegen die Reformatoren festgehalten, dass ein Gläubiger durch gute Werke seine Gnade vermehren kann.
Heute gelten die theologischen Streitigkeiten bezüglich der Werke der Barmherzigkeit als überwunden. Beide Konfessionen betonen heute, dass es bei den Werken der Barmherzigkeit nicht um eigene Verdienste geht, sondern sie Früchte des Heiligen Geistes sind. Von einer Zählung wird oft Abstand genommen. So werden im evangelischen Bereich häufig nur die in der Endzeitrede vorkommenden sechs Werke genannt, während im römisch-katholischen Kontext auch weitere Werke hinzugefügt werden. So unterscheidet der Katechismus der katholischen Kirche (KKK 2447) zwischen
"sieben geistlichen Werken"
- die Unwissenden lehren
- die Zweifelnden beraten
- die Trauernden trösten
- die Sünder zurechtweisen
- den Beleidigern gern verzeihen
- die Lästigen geduldig ertragen
- für die Lebenden und Verstorbenen beten
und "sieben leiblichen Werken"
- Hungrige speisen
- Durstige tränken
- Obdachlose beherbergen
- Nackte bekleiden
- Kranke besuchen
- Gefangene besuchen
- Tote begraben
(*Almosen geben) und hebt insbesondere das Almosengeben in Bezug auf Mt 6,2-4 hervor.
Darstellung in der Kunst
Die klassischen Sieben Werke der Barmherzigkeit sind ein beliebtes Thema der kirchlichen Kunst. In vielen Darstellungen werden den sieben Werken die Sieben Todsünden (Geiz, Zorn, Neid, Trägheit, Unkeuschheit, Unmäßigkeit, Stolz) gegenüber gestellt.
Literatur
- Oliver Freiberger, Catherine Hezser, Eckart Reinmuth u.a.: Werke, Gute I. Religionsgeschichtlich II. Judentum III. Neues Testament IV. Kirchengeschichtlich V. Systematisch-theologisch. In: Theologische Realenzyklopädie 35 (2003), S. 623-648 (Überblick)
- Ralf van Bühren: Die Werke der Barmherzigkeit in der Kunst des 12.–18. Jahrhunderts. Zum Wandel eines Bildmotivs vor dem Hintergrund neuzeitlicher Rhetorikrezeption (Studien zur Kunstgeschichte, vol. 115), Hildesheim / Zürich / New York: Verlag Georg Olms 1998 (Standardwerk) ISBN 3-487-10319-2
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