- Staatsbahn
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Eine Staatsbahn oder Staatseisenbahn ist der Eigenbetrieb eines Staates, der dem Bau und Betrieb von Eisenbahnen dient. Gelegentlich werden auch Eisenbahngesellschaften als Staatsbahnen bezeichnet, die lediglich unter der Verwaltung eines Staates stehen.
Inhaltsverzeichnis
Begriffsbestimmung
Ursprüngliche Bedeutung
Ursprünglich − stellenweise auch noch bis heute − bezieht sich der Begriff Staatsbahn auf Eisenbahnen im Eigentum von Gebietskörperschaften, die als Staat bezeichnet werden. Dabei ist zu beachten, dass der Staat häufig nur ein Teileigentum an einer Eisenbahn besaß. So kam es bei den Eisenbahnen Preußens vielfach vor, dass der Staat einen kleinen Teil der Aktien übernahm, im Gegenzug jedoch den Betrieb vollständig in eigener Regie führen konnte. Für diesen Fall ist nicht ganz klar, wie weit die Definition einer „Staatsbahn“ zutrifft.
Da die Bezeichnungen der verschiedenen Hierarchieebenen eines politischen Systems sowohl regional als auch zeitlich durchaus verschieden sind, müssen nach dieser Definition das Einzugsgebiet und der Zeitraum der Existenz der so bezeichneten Eisenbahngesellschaft bekannt sein, um die Eigentümerschaft und damit auch die Bedeutung der Eisenbahn aus dem Begriff ableiten zu können.
Die in deutschen Ländern vor dem Ersten Weltkrieg verbreitete offizielle Bezeichnung im Plural mit „Staatseisenbahnen“ weist darauf hin, dass es sich bei den vom Staat verwalteten Bahnen oft um eine Vielzahl jeweils separater Eisenbahnbetriebe handeln konnte, die weder technisch noch verwaltungsmäßig ein einheitliches Ganzes bildeten. Dies war bei vielen der staatlichen Eisenbahnen Preußens der Fall.
Die oberste Verwaltungsebene staatlicher Bahnen in Ländern des deutschen Reiches (die damaligen „Länderbahnen“) konnte häufig einem Ministerium übertragen sein, so war dies im Großherzogtum Baden zunächst das Außenministerium, im Königreich Preußen dagegen das „Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten“, später das daraus ausgegliederte „Ministerium für öffentliche Arbeiten“. Als hierarchische Zwischenstufe gab bei letzteren jeweils selbstständige „Königliche Eisenbahndirektionen“ einer Bahn, auf die später gebietsweise definierte Zuständigkeiten übertragen wurden.
Moderne Bedeutung
Etwa Mitte des 20. Jahrhunderts hat sich ein Bedeutungswandel hin zu einer eindeutigeren Definition vollzogen. Danach bezeichnet der Begriff Staatsbahnen – entsprechend dem vor allem in Übersetzungen gelegentlich zu findenden Begriff Nationalbahnen – explizit Eisenbahnen, die im nationalen Eigentum stehen, wie dies beispielsweise in den Namen "Canadian National Railway" und "Société Nationale des Chemins de fer Français" zum Ausdruck kam.
Eisenbahnen im Eigentum untergeordneter Gebietskörperschaften im deutschen Sprachraum bezeichnet man nun als Länderbahnen, Landesbahnen beziehungsweise Kantonalbahnen.
Geschichte
Die Staatsbahnen in Europa haben eine lange Tradition, sie konnten sich in den meisten Ländern jedoch erst im 20. Jahrhundert richtig durchsetzen. Bereits 1835 wurde in Belgien staatlicher Eisenbahnbau betrieben.
Erste Staatsbahn in Deutschland war die Herzoglich Braunschweigische Staatseisenbahn, die am 1. Dezember 1838 zwischen Braunschweig und Wolfenbüttel eröffnet wurde. Auch die meisten deutschen Länder – wie Bayern, Sachsen, Hannover, Württemberg und Baden – gingen früh zum Bau von Staatsbahnen über. Der größte deutsche Staat, nämlich Preußen, baute zunächst ab 1851 die Ostbahn, setzte dennoch mangels finanzieller Mittel zunächst mehrheitlich auf den Bau von Privatbahnen. Diese wurden jedoch später großenteils vom Staat aufgekauft und als selbstständige Einheiten weiterbetrieben. Zuletzt war der Bestand der Preußischen Staatseisenbahnen der größte in Europa.
In Österreich fasste man zwischen 1884 und 1918 einen Großteil der Eisenbahnlinien in den k.k. österreichischen Staatsbahnen zusammen.
In der Schweiz wurde die Staatsbahn erst 1902 eingeführt, indem viele kleinere Privatbahnen in den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) zusammengefasst wurden. Siehe auch: Schweizerische Nationalbahn
Seit Ende des 20. Jahrhunderts kehrt sich der Trend in Europa wieder um: Viele staatliche Bahnen werden, oft durch Liberalisierungsdruck der Europäischen Union und Öffnung der Schienenverkehrsmärkte, reprivatisiert. Die Deutsche Bahn AG wird zwar nach privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten betrieben, ist aber nach wie vor eine Staatsbahn, da sich das Aktienkapital immer noch vollständig in Bundeseigentum befindet.
In den USA gibt es neben Amtrak nur eine Staatsbahn: die Alaska Railroad. Der Staat Kanada ist nur noch Betreiber von VIA Rail Canada; die ehemalige Staatsbahn Canadian National Railway wurde inzwischen privatisiert.
Mit 1,6 Millionen Angestellten ist die indische Staatsbahn Indian Railways der weltweit größte Arbeitgeber.
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