Stadtliga Berlin

Stadtliga Berlin

Die Berliner Stadtliga (auch Vertragsliga Berlin oder fälschlicherweise Oberliga Berlin) war zwischen 1946 und 1963 eine der fünf höchsten Spielklassen (Oberligen) im westdeutschen Fußball. Bis 1950 umfasste sie sowohl West- als auch Ost-Berliner Fußballmannschaften, nach dem politisch erzwungenen Übertritt der Teams aus Ost-Berlin in den DDR-Fußball nur noch West-Berliner Vereine. Nach der Einführung der Fußball-Bundesliga im Jahr 1963 wurden sie und die anderen vier Oberligen aufgelöst. Erst im Jahr 1974 wurde mit der Amateur-Oberliga Berlin wieder eine Berliner Oberliga als Unterbau der zweiten Bundesliga gegründet, welche bis 1991 bestand und danach in die Fußball-Oberliga Nordost überführt wurde.

Inhaltsverzeichnis

1945–1963: Geschichte als höchste Spielklasse

1945: Neuordnung des Berliner Fußballs

Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs in Europa am 8. Mai 1945 und der vollständigen Besetzung Deutschlands durch die Alliierten wurden die Gauligen sowie die bestehenden Fußballvereine durch den alliierten Kontrollrat aufgelöst, da sie als Teil des nationalsozialistischen Machtsystems angesehen wurden. Im November 1945 wurde in der amerikanischen Besatzungszone in der neu gegründeten Fußball-Oberliga Süd der Spielbetrieb wieder aufgenommen. Im Januar 1946 folgte die Fußball-Oberliga Südwest in der französischen Besatzungszone.

Die Vereine durften sich nur als „nicht-militärische Sportorganisationen mit lokalem Charakter“[1] neu gründen. So entstanden in Berlin lokale Bezirksmannschaften, hinter denen sich in der Regel ein ehemaliger Fußballverein verbarg (z. B. die SG Gesundbrunnen als Auffangbecken für die ehemaligen Spieler von Hertha BSC und Norden-Nordwest oder die SG Charlottenburg für die Ehemaligen von Tennis Borussia Berlin).[2] Diese Regelung wurde allerdings nur in der Viersektorenstadt Berlin sowie der sowjetischen Besatzungszone konsequent angewendet. In den westdeutschen Zonen dagegen war es den Klubs schnell wieder erlaubt worden, ihre alten Namen zu tragen.

1945/46: Qualifikationsrunde

Die erste Berliner Meisterschaft wurde schon 1945/46 ausgetragen. Zunächst wurden die Staffeln regional eingeteilt nach vier Abschnitten (Nord, Ost, Süd und West) und innerhalb der Abschnitte ggf. in zwei Abteilungen (abhängig von der Größe des Abschnitts). Die einzelnen Sieger der jeweiligen Abschnitte sollten bis Mai 1946 ermittelt werden, um danach im Juni 1946 den Berliner Fußballmeister zu erspielen. Aufgrund der reinen Aufteilung nach geografischer Lage und weniger nach sportlicher Stärke kam es in den einzelnen Ligen jedoch schnell zu relativ hohen Spielergebnissen. Deshalb wurde im Dezember 1945 der Modus neu überarbeitet. Die besten 38 der bis dahin 67 an den Spielen teilgenommenen Spielgemeinschaften wurden in vier Staffeln (zu je neuen Mannschaften) aufgeteilt mit dem Ziel, gleich starke Staffeln zu bilden. Dabei stellten die starken Abschnitte Nord und Ost jeweils zwölf, die beiden schwächeren Abschnitte Süd und West nur jeweils sechs Mannschaften.[3]

Die vier Vorrundenstaffeln dienten neben der Ermittlung des Staffelsiegers auch als Qualifikationsrunden für die ab der Saison 1946/47 eingleisige Berliner Stadtliga. Die drei besten Mannschaften jeder Gruppe waren für die neue Liga qualifiziert. Die Sieger der Staffeln erreichten schließlich die Finalrunde, welche von der SG Wilmersdorf gewonnen wurde.

Staffel A

Verein
R
S
U
N
Tore
Diff.
Punkte
1.
SG Wilmersdorf
16
13
3
00
67:08
+59
29
2.
SG Tempelhof
16
11
0
05
37:39
-2
22
3.
SG Reinickendorf-West
16
09
2
05
54:33
+21
20
4.
SG Kreuzberg-Ost
16
09
2
05
47:28
+19
20
5.
SG Spandau-Altstadt
16
09
2
05
22:29
-7
20
6.
SG Schöneberg-Nord
16
06
3
07
30:25
+5
15
7.
SG Hohenschönhausen
16
04
1
11
28:64
-36
09
8.
SG Reinickendorf-Ost
16
03
0
13
30:78
-48
06
9.
SG Friedrichsfelde
16
01
1
14
23:70
-47
03

Staffel B

Verein
R
S
U
N
Tore
Diff.
Punkte
1.
SG Mariendorf
16
13
1
02
71:32
+39
27
2.
SG Osloer Straße
16
10
2
04
49:23
+26
22
3.
SG Südring
16
10
1
05
41:28
+13
21
4.
SG Britz
16
09
2
05
54:40
+14
20
5.
SG Schillerpark
16
06
2
08
27:38
-11
14
6.
SG Niederschönhausen
16
05
2
09
35:40
-5
12
7.
SG Stralau
15
05
2
08
31:49
-18
12
8.
SG Grünau
16
05
0
11
26:40
-14
10
9.
SG Borsigwalde
15
02
0
13
11:55
-44
04

Staffel C

Verein
R
S
U
N
Tore
Diff.
Punkte
1.
SG Staaken
16
13
1
02
55:23
+32
27
2.
SG Charlottenburg
16
11
1
04
59:22
+37
23
3.
SG Köpenick
16
10
1
05
54:30
+24
21
4.
SG Prenzlauer Berg-Nord
16
08
0
08
32:39
-7
16
5.
SG Rixdorf
16
07
1
08
35:40
-5
15
6.
SG Tiergarten
16
04
4
08
36:33
+3
12
7.
SG Gesundbrunnen
16
06
0
10
34:52
-18
12
8.
SG Oberschöneweide
16
03
4
09
26:43
-17
10
9.
SG Lichtenberg-Süd
16
03
2
11
25:74
-49
08

Staffel D

Verein
R
S
U
N
Tore
Diff.
Punkte
1.
SG Prenzlauer Berg-West
16
12
2
2
63:34
+29
26
2.
SG Stadtmitte
16
09
4
3
36:32
+4
22
3.
SG Niederschöneweide
16
05
5
6
30:31
-1
15
4.
SG Lichtenberg-Nord
16
06
3
7
34:37
-3
15
5.
SG Adlershof
16
06
3
7
43:52
-9
15
6.
SG Nordbahn
16
07
0
9
42:42
0
14
7.
SG Johannisthal
16
05
3
8
37:41
-4
13
8.
SG Neukölln
16
06
1
9
39:24
+15
13
9.
SG Weißensee
16
04
3
9
24:55
-31
11

Finalrunde

Verein
R
S
U
N
Tore
Quot.
Punkte
1.
SG Wilmersdorf
6
5
0
1
28:11
2,55
10
2.
SG Prenzlauer Berg-West
6
3
1
2
17:3
5,67
7
3.
SG Staaken
6
3
1
2
17:13
1,31
7
4.
SG Mariendorf
6
0
0
6
8:33
0,24
0


Teilnahme an der Finalrunde
Teilnahme an der Berliner Stadtliga 1946/47
Berliner Meister

1946–50: Gründung der Stadtliga und Abspaltung der Ost-Teams

Ab der Saison 1946/47 startete die eingleisige Berliner Stadtliga mit zwölf Teams. Meister wurde die SG Charlottenburg. Unter der Stadtliga wurden zunächst in vier Staffeln (je elf Mannschaften) der 1. Ligaklasse die drei Aufsteiger in die Stadtliga ermittelt. Ab der Folgesaison wurde die Zahl der Staffeln auf drei reduziert. Damit stieg jeder Meister seiner Staffel direkt in die Stadtliga auf.[4]

Mit der Wiederaustragung der deutschen Meisterschaft 1947/48 konnte sich der Berliner Meister auch für die deutsche Meisterschaftsendrunde qualifizieren. Im ersten Jahr war dies die SG Oberschöneweide. Mit der (einmaligen) Aufstockung der Anzahl der Endrundenteilnehmer auf 16 in der Saison 1949/50 war sogar der Vize-Meister teilnahmeberechtigt. Erneut war dies die Mannschaft aus Oberschöneweide. Jedoch verhinderten die deutsche Teilung durch die Gründung der beiden Staaten BRD und DDR und die daraus entstanden politischen Spannungen zwischen Ost und West, dass der Ost-Berliner Verein Union Oberschöneweide nach Westdeutschland zum Meisterschaftsspiel gegen den Hamburger SV anreisen durfte.[5]

Stattdessen wurden alle Ost-Berliner Fußballteams aus dem Spielbetrieb der Stadtliga abgezogen und in die neu gegründete DDR-Oberliga integriert. Die Stadtliga war nunmehr nur noch für den Westteil Berlins die höchste Spielklasse. Durch den Rückzug der DDR-Teams in ihre eigene Meisterschaft wurde die Teilnehmerzahl an der Meisterschaftsendrunde wieder auf acht beschränkt, wodurch wie bis dahin nur der Berliner Meister zur Endrunde reisen durfte.

Obwohl die Stadtliga gleichwertig mit den vier anderen Oberligen der Bundesrepublik war, durfte sie nicht den Namen Oberliga Berlin tragen, da West-Berlin kein vollständig integriertes Bundesland der BRD war, sondern in bestimmten Fragen an die Alliierte Kommandantur gebunden war.

1950–63: Vertragsliga Berlin bis zur Auflösung

Der Rückzug der Ost-Teams hing im Wesentlichen auch damit zusammen, dass der Verband Berliner Ballspielvereine (VBB) die Einführung des Vertragsspielerstatus' (also die Bezahlung der Spieler und damit eine erste Form des Profifußballs) plante.[6] Dadurch kam es in West-Berlin zur Umbenennung der Stadtliga in Vertragsliga und zur Schaffung der eingleisigen Amateurliga als Unterbau. Trotz dieser Maßnahmen spielte der Berliner Fußball auf Bundesebene zu dieser Zeit keine entscheidende Rolle, sodass die Berliner Meister regelmäßig in ihrer Meisterschaftsgruppe den letzten Rang belegten.

Mit dem Beschluss zur Einführung der Fußball-Bundesliga zur Saison 1963/64 wurde bekannt gegeben, dass die Berliner Oberliga nur einen Startplatz in der neuen Bundesliga erhalten sollte. Drei Berliner Teams bewarben sich um den Startplatz: Hertha BSC, Tasmania 1900 Berlin und BFC Viktoria 1889. Letztlich bekam Hertha, die in der letzten Saison der Vertragsliga den ersten Platz belegen konnte, den Zuschlag, was vor allem bei Tasmania zu heftigen Protesten führte. So warf Tas Hertha Bilanzfälschung vor.[7] Die restlichen Teams qualifizierten sich für die neu geschaffene Regionalliga Berlin.

Meister

1974–91: Geschichte als dritthöchste Spielklasse

Nachdem zur Saison 1974/75 im deutschen Fußball die Regionalligen als zweithöchste Spielklassen abgeschafft und durch die zweite Bundesliga ersetzt wurden, wurden die Amateurligen als dritthöchste deutsche Spielklasse weitergeführt. Ausnahmen gab es im Norden und in Berlin. Hier wurden anstelle der alten Regionalligen jeweils die Oberligen Nord und Berlin eingeführt. Die Regionalliga Berlin wurde dabei einfach in die entsprechende Amateur-Oberliga überführt. Somit existierte in Berlin ab 1974 als höchste Berliner Spielklasse die Oberliga Berlin, während die Amateurliga nunmehr zur zweithöchsten Berliner Spielklasse wurde. Als dann 1978 die Oberligen im gesamten Gebiet des DFB eingeführt wurden, wurde die Amateurliga in Landesliga umbenannt.

Die neue Spielklasse bestand zunächst aus 18 Mannschaften, davon neun ehemaligen Regionalligisten sowie ebenfalls neun Nachrückern aus der nunmehr viertklassigen Amateurliga Berlin. Ab der Spielzeit 1976/77 waren nur noch 16 Mannschaften vertreten. Der Meister nahm an Aufstiegsspielen zur zweiten Liga teil. Mindestens zwei Mannschaften stiegen ab, misslang einer Berliner Mannschaft der Klassenerhalt in der zweiten Liga, ohne daß einer Berliner Mannschaft der Aufstieg gelang, so musste eine dritte Mannschaft absteigen.

Nach der Wiedervereinigung wurde der Spielbetrieb in der Liga nach der Saison 1990/91 eingestellt und die Mannschaften spielten in der Fußball-Oberliga Nordost mit.

Meister

Literatur

  • Jahn, Michael (2006): Nur nach Hause geh'n wir nicht, Die Geschichte von Hertha BSC Berlin, Verlag Die Werkstatt GmbH, Göttingen 2006, ISBN 3-89533-535-5
  • Luther, Jörn/Willmann, Frank (2000): Und niemals vergessen - Eisern Union!, BasisDruck Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-86163-106-7
  • Tragmann, Harald/Voß, Harald (2005): Die Union-Statistik, Ein Club zwischen Ost und West, Verlag Harald Voß, Berlin 2005 (2. überarbeitete und erweiterte Auflage), ISBN 3-935759-09-6

Einzelnachweise

  1. Luther, J./Willmann, F. (2000), S. 31.
  2. Vgl. Jahn, M. (2006), S. 69 ff.
  3. Vgl. Tragmann, H./Voß, H. (2005), S. 40.
  4. Vgl. Tragmann, H./Voß, H. (2006), S. 40 ff.
  5. Vgl. Luther, J./Willmann, F. (2000), S. 34 f.
  6. Vgl. Tragmann, H./Voß, H. (2005), S. 46.
  7. Vgl. Jahn, M. (2006), S. 88 ff.

Weblinks


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