- Stari most
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Stari most (deutsch: Alte Brücke) ist das namensgebende Wahrzeichen der Stadt Mostar in Bosnien-Herzegowina. Die Brücke überspannt die Neretva und verbindet den mehr bosniakisch geprägten Ostteil mit dem stärker kroatisch geprägten Westteil der Stadt. Mit einer lichten Weite von 28,7 Meter und 19 m Höhe (im Scheitelpunkt über der Neretva) war sie zur Zeit ihrer Erbauung ein Meisterwerk der Ingenieurbaukunst. Die Alte Brücke war zudem von den 1960ern bis Ende der 1980er-Jahre ein beliebtes Reiseziel, u. a. auch deutscher Touristen.
Inhaltsverzeichnis
Bau
Die Brücke wurde 1556 bis 1566 vom osmanischen Architekten Mimar Hajrudin (auch Hayreddin) im Auftrag des osmanischen Sultans Süleyman I. als Einbogenbrücke erbaut. Er war Schüler des bedeutendsten osmanischen Architekten Mimar Sinan. Bevor der Bau der eigentlichen heute als „Stari Most“ bekannten begann, testete Hajrudin das völlig neue Konzept des Brückenbaus in kleinerem Maßstab. Dazu wurde in der Nähe des eigentlichen Standortes eine baugleiche Miniatur errichtet, die heute noch existiert. Bis dahin war der Architekt nur durch den Bau von Moscheen bekannt geworden. Diese Miniatur trägt den Namen Kriva Ćuprija und überspannt den Fluss Radobolja.
Legende
Hajrudin hatte die fertig gestellte Brücke nie gesehen. Alten Legenden zufolge sei Hajrudin nach einem Einsturz der Brücke zur Strafe der Kopf abgeschlagen worden. Zuvor war die Brücke bereits zweimal in den Fluss gefallen, weshalb die Bevölkerung sagte: „Der Fluss lässt sich nicht überspringen.“ Hajrudin zog sich zurück unweit der Stadt Mostar, in das Gebiet Bijelo Polje (Weißes Feld), und wartete auf die Nachricht von seinen Emissären, welche den Abbau des Gerüstes überwachten. Nachdem ihm die Nachricht überbracht wurde, dass mit der Brücke alles in Ordnung ist, ritt er über das Bergmassiv Velež Richtung Türkei. Während der Reise erkrankte er an Gelbsucht und starb an der Krankheit in Jedrenè (im heutigen Bulgarien).
Laut einer weiteren Legende wurde für den Bau der Brücke ungewaschene Schafwolle, Eiweiß und Honig als Bindemittel (Mörtel) benutzt, weshalb im gesamten Gebiet Eierverzehr absolut verboten war. Angeblich wurden 300.000 Eier verwendet.
Konstruktion
Der Bogen mit der Form einer Ellipse hat eine lichte Weite von 28,7 Meter und eine Pfeilhöhe von 12,0 Meter. Im Scheitel betrug die Dicke 0,77 Meter bei einer Bauwerksbreite von 4,0 Meter. Zwei Hohlräume im Bogen verminderten das Eigengewicht der Brücke und ermöglichten so die schlanke Bogenkonstruktion. Der Bogen endet in Stützpfeilern aus Kalkstein, die über Flügelmauerwerk mit den Ufermauern verbunden sind, was zu einem monolithischen Eindruck führt. Die Steinblöcke der Brücke sind so mit Klammern und Zapfen aus Metall verbunden, dass diese von außen nicht sichtbar sind.
Symbolik und Zerstörung
Die Brücke galt seit Jahrhunderten als die symbolische Brücke zwischen Ost und West, nicht nur zwischen der Welt des Christentums und der islamischen Welt, sondern auch zwischen den katholischen Kroaten und orthodoxen Serben.
Nach Meinung der Anklage des ICTY im Fall Prlic et al. wurde die Brücke am 9. November 1993 im Laufe des Krieges in Bosnien und Herzegowina nach mehrstündigem Beschuss durch den Kroatischen Verteidigungsrat, der durch Amateurkameras dokumentiert wurde, gezielt zerstört.[1][2]
Eine Untersuchung der Filmaufnahmen durch kroatische Wissenschaftler, veröffentlicht als Beweismittel der Verteidigung im Prozess gegen Slobodan Praljak, kam dagegen zu dem Ergebnis, dass die Brücke mit hoher Wahrscheinlichkeit nach dem Beschuss und den damit einhergehenden starken Beschädigungen endgültig durch eine, an der Brücke angebrachte, explosive Ladung gesprengt worden sei. Das Sprengkabel zur Ladung habe demnach zur charakteristischen Wassersäule zum Zeitpunkt der Sprengung geführt.[3]
Ein abschließendes Urteil dazu wurde in den bisherigen Prozessen noch nicht gefällt.
Wiederaufbau
Nach dem Ende des jugoslawischen Bürgerkrieges wurde zunächst eine Behelfsbrücke in Form einer Drahtseilhängekonstruktion errichtet. Sie blieb bis zum eigentlichen Beginn des originalgetreuen Wiederaufbaus der Brücke „Stari Most“ bestehen. Dieser begann bereits im Jahre 1995 mit Unterstützung der UNESCO, der Weltbank und der Türkei [4]. Er kostete etwa 15 Millionen Euro. Den Wiederaufbau der Brücke übernahm die türkische Firma ER-BU. Dabei wurden, soweit noch vorhanden und nutzbar, die alten Steine wiederverwendet und fehlende aus demselben Steinbruch wie 1566 ersetzt. Insgesamt sollen 1088 Steinquader verbaut worden sein. Die offizielle Wiedereröffnung der Brücke fand unter Anwesenheit von Vertretern aus sechzig Staaten am 23. Juli 2004 statt.
Weltkulturerbe
Nicht nur wegen ihrer architektonischen Einmaligkeit, sondern auch aufgrund der großen Symbolkraft der Brücke wurde das Bauwerk und seine historische Umgebung am 15. Juli 2005 in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen und ist damit die erste Welterbestätte in Bosnien-Herzegowina. Die UNESCO würdigte die Brücke als "Symbol der Versöhnung und internationalen Zusammenarbeit [...] und [...] Symbol für das Zusammenleben von verschiedenen religiösen, kulturellen und ethnischen Gemeinden"[5]. Des Weiteren ist sie ein geschütztes Kulturgut nach der Haager Konvention.
Aufgrund des Wiederaufbaus und der Aufstockung des benachbarten Hotels Ruza war der Status als Welterbe von der UNESCO in Frage gestellt worden. Auf einer Sonderkonferenz, die Ende Januar 2008 in Sarajevo stattfand, kündigten bosnische Vertreter den Rückbau der obersten Etage des Hotels an, um den Titel zu retten[6].
Brückenspringer
Es besteht unter den jungen Männern der Stadt die Tradition, von der Brücke in die Neretva zu springen, heutzutage nach Bezahlung durch Touristen. Da die Neretva sehr kalt und die Brücke recht hoch ist, erfordert dies Mut und entsprechende Kondition. Der Brauch geht angeblich zurück bis in die Zeit der Erbauung; die erste Aufzeichnung eines Sprunges ist aus dem Jahr 1664. Seit 1986 wird jeden Sommer ein Wettbewerb ausgetragen.
Literatur
- Gorazd Humar: Schönheit und Konstruktion der zerstörten Alten Brücke über die Neretva in Mostar (1566-1993). In: Beton- und Stahlbetonbau 91. Jahrgang 1996, Heft 1, S.18-20
- Martin Coward: Urbicide: the Politics of Urban Destruction, Routledge, New York 2008, S. 1–7, ISBN 978-0-415-46131-3.
- Léon Pressouyre: Le pont de Mostar aléas et limites d'une reconstruction "à l'identique". In: Bulletin archéologique du Comité des Travaux Historiques et Scientifiques / Archéologie, histoire de l'art, époques médiévale et moderne (Paris : Ed. du CTHS).N.S. 34 2008, S. 187–198. ISSN 1286-0999.
- Léon Pressouyre: Merveilles médiévales. In: Les cahiers de science et vie.Nr. 91 (Themenheft: Sept merveilles pour faire un monde) 2006, S. 78–81. ISSN 1157-4887.
- Gabi Dolff-Bonekämper: Mostar. Un pont suspendu dans l’histoire. In: Les cahiers de science et vie.Nr. 91, février 2006 (Themenheft: Sept merveilles pour faire un monde) 2006, S. 100–103. ISSN 1157-4887
- Decision - 29COM 8B.49 - Nominations of Cultural Properties to the World Heritage List (The Old Bridge area of the Old City of Mostar) http://whc.unesco.org/en/decisions/514
Einzelnachweise
- ↑ Anklageschrift des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien, 2. März 2004 (Anklagepunkte 116 und 118)
- ↑ Die Brücke von Mostar. Seite zu einer Fernsehdokumentation des ZDF (2003)
- ↑ Analyse der Brückenzerstörung
- ↑ http://portal.unesco.org/geography/en/ev.php-URL_ID=3162&URL_DO=DO_TOPIC&URL_SECTION=201.html
- ↑ Bericht der ARD-Tagesschau (nicht mehr online verfügbar)
- ↑ Bericht der SF Tagesschau
Weblinks
Commons: Stari most – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien- Detaillierte technische Beschreibung des italienischen Generalauftragnehmers für den Wiederaufbau der Brücke (englisch)
- Umfangreiche Dokumentation einschließlich Fotogalerie des Zentrums für Frieden (Centar za mir) zum Wiederaufbau der Brücke, bosnisch
- Die Brücke von Mostar - Schätze der Welt - SWR Dokumentarfilmreihe
- Jerrilynn D. Dodds: Hearts and Stones. Artikel in Saudi Aramco World (englisch)
- Stari most Artikel, Linkliste, Bibliographie auf archnet.org (englisch)
43.33710277777817.815277777778Koordinaten: 43° 20′ 14″ N, 17° 48′ 55″ OKategorien:- Osmanische Brücke
- Brücke in Bosnien und Herzegowina
- Bogenbrücke
- Steinbrücke
- Weltkulturerbe in Bosnien und Herzegowina
- Rekonstruiertes Bauwerk
- Mostar
- Geschütztes Kulturgut
- Erbaut in den 1550er Jahren
- Erbaut in den 1560er Jahren
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