Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien

Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien

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Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien

Flagge der Vereinten Nationen

Dienstgebäude des Internationalen Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag
Englische Bezeichnung International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia (ICTY)
Französische Bezeichnung Tribunal pénal international pour l’ex-Yougoslavie (TPIY)
Organisationsart Ad-hoc-Strafgerichtshof
Sitz der Organe

Den Haag, Niederlande

Gründung

25. Mai 1993

Vorsitz Richter Patrick Lipton Robinson (Jamaika)
Oberorganisation Sicherheitsrats der Vereinten Nationen
www.icty.org

Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (französisch Tribunal pénal international pour l’ex-Yougoslavie, TPIY; englisch International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia, ICTY; umgangssprachlich häufig auch UN-Kriegsverbrechertribunal oder Haager Tribunal genannt) mit Sitz in Den Haag ist ein durch Resolution 827 des UNO-Sicherheitsrats vom 25. Mai 1993 geschaffener Ad-hoc-Strafgerichtshof. Er ist zuständig für die Verfolgung schwerer Verbrechen, die seit 1991 in den Jugoslawienkriegen begangen wurden. Der Sicherheitsrat forderte am 28. August 2003 in der Resolution 1503 den Strafgerichtshof auf, bis 2010 sämtliche Verfahren abgeschlossen zu haben.[1]

Die ehemalige Schweizer Chefanklägerin Carla Del Ponte wurde am 1. Januar 2008 durch den Belgier Serge Brammertz abgelöst.[2]

Inhaltsverzeichnis

Zuständigkeiten

Gemäß dem Statut hat der Strafgerichtshof folgende Zuständigkeiten:

  • Sachlich: Der Gerichtshof ist befugt, vier Kategorien von Straftaten zu verfolgen: schwere Verletzungen der Genfer Konventionen, Verstöße gegen die Gesetze oder Gebräuche des Krieges, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
  • Persönlich: Die Gerichtsbarkeit umfasst ausschließlich natürliche Personen (keine Organisationen oder Regierungen).
  • Räumlich: Auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawiens begangene Straftaten.
  • Zeitlich: Seit 1991 begangene Straftaten.
  • Konkurrierend: Der Gerichtshof hat Vorrang vor den einzelstaatlichen Gerichten.

Prozesse können nur gegen persönlich Anwesende geführt werden, Angeklagte haben als Höchststrafe lebenslange Freiheitsstrafe zu erwarten. Der Strafvollzug erfolgt in einem der Staaten, die sich in Verträgen mit den Vereinten Nationen bereit erklärt haben, Verurteilte entgegenzunehmen. Der Gerichtshof kann Verfahren auch an zuständige nationale Gerichte wie die Sonderkammer für Kriegsverbrechen am Bezirksgericht Belgrad überweisen.

Organisationsaufbau

Der Strafgerichtshof besteht aus der Gerichtsverwaltung, zuständig auch für die als United Nations Detention Unit bezeichnete Untersuchungshaftanstalt des Gerichts im Den Haager Stadtteil Scheveningen, in dem die Verdächtigten in Untersuchungshaft sitzen, einer Anklagebehörde sowie den Kammern.

Der Anklagebehörde steht ein unabhängig arbeitender Chefankläger vor. Ernannt wird dieser – auf Vorschlag des UN-Generalsekretärs – vom UN-Sicherheitsrat. Derzeitiger Chefankläger ist der Belgier Serge Brammertz, welcher der Schweizerin Carla del Ponte gefolgt ist. Von 1997 bis 1998 hatte die Kanadierin Louise Arbour, davor der Südafrikaner Richard Goldstone (1994–1996) diesen Posten inne – der ursprünglich als erster Chefankläger ausersehene Venezolaner Escovar Salom hatte letztlich abgesagt. Die Chefankläger von 1994 bis 2003 waren bis zur Umstrukturierung des Strafgerichtshofes im September 2003 auch gleichzeitig Chefankläger des zweiten UN-Tribunals, des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda.

Dem Gerichtshof gehören 16 ständige Richter an, die sich auf drei Strafkammern und eine Berufungskammer verteilen. 14 der ständigen Richter werden durch die UN-Generalversammlung aus einer vom UN-Sicherheitsrat festgelegten Liste gewählt. Die zwei weiteren ständigen Richter werden vom Präsidenten des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda nach Absprache mit dem Präsidenten des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien aus dem Kreis der Richter des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda ernannt.

Die ständigen Richter wählen aus ihren Reihen den Präsidenten des Strafgerichtshofes – derzeit der Jamaikaner Patrick Robinson, der im November 2008 den Italiener Fausto Pocar ablöste. Vor diesem hatten diese Position der US-Amerikaner Theodor Meron (2002-2005), der Franzose Claude Jorda (1999–2002), die US-Amerikanerin Gabrielle Kirk-McDonald (1997–1999) sowie der Italiener Antonio Cassese (1993–1997) inne.

Stellvertretender Präsident ist derzeit der Südkoreaner O-Gon Kwon.

Neben den ständigen Richtern stehen weitere zwölf sogenannte Ad-litem-Richter zur temporären Verstärkung für einzelne Prozesse bereit. Die drei Strafkammern verhandeln in erster Instanz. Sie sind jeweils mit dreien der durch die UN-Generalversammlung gewählten ständigen Richter besetzt. Die Berufungskammer besteht aus sieben ständigen Richtern, darunter die zwei durch den Präsidenten des Internationalen Gerichtshofs für Ruanda ernannten Richter. Der Präsident des Internationalen Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien ist kraft Amtes zugleich Vorsitzender der Berufungskammer. Die sieben Richter der Berufungskammer bilden gleichzeitig die Berufungskammer für den Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda.

Der Etat des Gerichtshofs wird von der UN-Generalversammlung verabschiedet. Ferner finanziert sich das Gericht durch Spenden von Staaten oder überstaatlichen Organisationen wie zum Beispiel der Europäischen Kommission. Über die Höhe des Etats und die Spender informiert der ICTY in seinen Jahresberichten [3].

Insgesamt sind 919 Angestellte aus 76 Nationen beschäftigt. Das Budget beträgt etwa 150 Millionen US-Dollar pro Jahr[4].

Die ständigen Richter: Patrick L. Robinson, Präsident (Jamaica), O-Gon Kwon, Vizepräsident (Südkorea), Carmel A. Agius (Malta), Jean-Claude Antonetti (Frankreich), Guy Delvoie (Belgien), Christoph Flügge (Deutschland), Mehmet Güney (Türkei), Burton Hall (Bahamas), Liu Daqun (China), Theodor Meron (USA), Bakone Justice Moloto (Südafrika), Howard Morrison (Vereinigtes Königreich), Alphons M.M. Orie (Niederlande), Fausto Pocar (Italien), Andresia Vaz (Senegal)

Die ad litem-Richter: Melville Baird (Trinidad und Tobago), Pedro David (Argentinien), Elizabeth Gwaunza (Zimbabwe), Frederik Harhoff (Dänemark), Flavia Lattanzi (Italien), Antoine Kesia-Mbe Mindua (Demokratische Republik Kongo), Prisca Matimba Nyambe (Zambia), Michèle Picard (Frankreich), Árpád Prandler (Ungarn), Stefan Trechsel (Schweiz)

Ehemalige ständige Richter: Georges Michel Abi-Saab (Ägypten), Mohamed Bennouna (Marokko), Iain Bonomy (Vereinigtes Königreich), Antonio Cassese (Italien), Jules Deschênes (Kanada), Amin El Abbassi El Mahdi (Ägypten), Mohammed El Habib Fassi Fihri (Marokko) (zuletzt ad litem), Asoka de Zoysa Gunawardana (Sri Lanka), David Anthony Hunt (Australien), Saad Saood Jan (Pakistan), Claude Jorda (Frankreich), Adolphus Godwin Karibi-Whyte (Nigeria), Georges Michel Abi-Saab (Ägypten), Germain Le Foyer De Costil (Frankreich), Haopei Li (China), Richard George May (Vereinigtes Königreich), Gabrielle Kirk McDonald (USA), Florence Ndepele Mwachande Mumba (Zambia), Rafael Nieto-Navia (Kolumbien) (zuletzt ad litem), Elizabeth Odio-Benito (Costa Rica), Kevin Parker (Australien), Almiro Simões Rodrigues (Portugal), Fouad Abdel-Moneim Riad (Ägypten), Wolfgang Schomburg (Deutschland), Mohamed Shahabuddeen (Guyana), Rustam S. Sidhwa (Pakistan), Sir Ninian Stephen (Australia), Lal Chand Vohrah (Malaysia), Patricia M. Wald (USA), Wang Tieya (China), Inés Mónica Weinberg de Roca (Argentinien),

Ehemalige ad litem-Richter Carmen Maria Argibay (Argentinien), Hans Henrik Brydensholt (Dänemark), Maureen Harding Clark (Irland), Justice Ali Nawaz Chowhan (Pakistan), Fatoumata Dembele Diarra (Mali), Albin Eser (Deutschland), Claude Hanoteau (Frankreich), Frank Höpfel (Österreich), Ivana Janu (Tschechien), Tsvetana Kamenova (Bulgarien), Uldis Kinis (Lettland), Per-Johan Viktor Lindholm (Finnland), Joaquín Martín Canivell (Spanien), Janet M. Nosworthy (Jamaica), Kimberly Prost (Kanada), Vonimbolana Rasoazanany (Madagaskar), Amarjeet Singh (Singapur), Ole Bjørn Støle (Norwegen), Albertus Swart (Niederlande), György Szénási (Ungarn), Chikako Taya (Japan), Krister Thelin (Schweden), Volodymyr Vassylenko (Ukraine), Sharon Williams (Kanada), Christine Van den Wyngaert (Belgien),

Jeweils drei Richter leiten das Hauptverfahren und bestimmen anschließend mit 2:1 Mehrheit oder einstimmig das Urteil ohne Hilfe von Schöffen oder Geschworenen Die Berufungskammer entscheidet mit einfacher Mehrheit. Manche Richter beurteilen zugleich mehrere Verfahren und es gibt aktenkundige Ersatzrichter.

Verurteilte und Ankläger können einmal berufen, in Ausnahmefällen, wenn neuere Ermittlungsergebnisse wesentliche Zweifel aufwerfen, hebt eine weitere Berufungskammer ein bereits rechtskräftiges Berufungsurteil auf. Im Fall Duško Tadić[5] wurde nach dem rechtskräftigen Schuldspruch die Anklage ausgeweitet und neuerlich verhandelt, ohne dass dies als unzulässige Doppelbestrafung angesehen wurde. Im Fall Haradinaj et al. kam es nach dem rechtskräftigen Freispruch zu einer weiteren Anklage, da nachträglich belastendes Material aufgetaucht war.

Strafen: Einzig zulässige Strafe ist die Haftstrafe, die nach oben unbegrenzt verhängt werden kann. Sowohl sehr lange Zeitstrafen (45 Jahre) als auch lebenslänglich wurden bereits ausgesprochen. Nach Abzug der Auslieferungs- und Untersuchungshaft wird die Reststrafe im gewöhnlichen Strafvollzug eines Vertragsstaates mit dem ICTY verbüßt.

Folgende Staaten inhaftieren rechtskräftig Verurteilte: Norwegen, Schweden, Finnland, Estland, Dänemark, Großbritannien, Belgien, Deutschland, Österreich, Italien, Frankreich, Spanien; Weitere Vertragsstaaten noch ohne Transfer: Polen, Slowakei, Ukraine, Albanien, Portugal[6]

Anklagen

Umfang

Eine der Haftzellen (15 m2) in der Haftanstalt des Tribunals.
Foto: ICTY.

Seitdem der Strafgerichtshof im Dezember 1994 seine Tätigkeit voll aufnehmen konnte, wurden richterlich bestätigte Anklageschriften gegen 161 Verdächtigte veröffentlicht, 133 davon fanden sich – zwangsweise oder freiwillig – beim Tribunal ein.

Seit der Festnahme von Goran Hadžić am 20. Juli 2011 ist keiner der Angeklagten mehr flüchtig.

In 36 Fällen wurde die Anklage zurückgezogen: Gegen 20 Personen wurde die Anklage im Vorverfahren mangels belastendes Material eingestellt, 10 Angeklagte starben noch vor ihrer Auslieferung, 6 während des Hauptverfahrens.

In den rechtsgültigen Urteilen des Strafgerichtshofes kam es bislang zu 64 Schuld- und 13 Freisprüchen, 13 Angeklagte wurden an andere Gerichte ausgeliefert. (Alle Angaben: Stand September 2011; verlinkte Az führen zum entsprechenden Case Information Sheet des ICTY).[7] 20 Angeklagte bekannten sich in wesentlichen Punkten schuldig.

Am 13. September 2011 gab es 35 laufende Verfahren: 16 Berufungsverfahren, 17 Verfahren der 1. Instanz und 2 Vorverfahren (Goran Hadžić und Ratko Mladić).[8]

Die Fälle der UÇK-Kommandeure Haradinaj, Balaj und Brahimaj wurden im Juli 2010 wieder aufgenommen.

Anklagen

Besonderes Interesse erregte der im Februar 2002 begonnene Prozess gegen Slobodan Milošević, Jugoslawiens sowie Serbiens ehemaligen Präsidenten, der im März 2006 kurz vor Ende seines Prozesses in Untersuchungshaft verstarb. Er war in der Rechtsgeschichte das erste noch amtierende Staatsoberhaupt, das vor einem internationalen Strafgericht angeklagt wurde.[9]

Angeklagt sind oder waren:

Name Schuld-
bekenntnis
Urteil*
1. Instanz
Berufungs-
urteil
Anmerkungen
Rahim Ademi nicht s. ausgeliefert -- in Kroatien freigesprochen
Mehmed Alagić nicht s. vor Prozessende verstorben
Zlatko Aleksovski nicht s. 2,5 7
Stipo Alilović vor Prozessbeginn verstorben
Milan Babić schuldig 13 13
Mirko Babić Anklage zurückgezogen
Haradin Bala nicht s. 13 13
Idriz Balaj nicht s. Freispruch Aufhebung neue Anklage
Nenad Banović Anklage zurückgezogen
Predrag Banović schuldig 8 -- keine Berufung
Ljubiša Beara nicht s. lebenslang laufend
Vidoje Blagojević nicht s. 18 15
Tihomir Blaškić nicht s. 45 9
Janko Bobetko vor Prozessbeginn verstorben
Ljubomir Borovčanin nicht s. 17 -- keine Berufung
Goran Borovnica vor Prozessbeginn verstorben
Ljube Boškoski nicht s. Freispruch Freispruch
Lahi Brahimaj nicht s. 6 6 neue Anklage
Miroslav Bralo schuldig 20 20
Radoslav Brđanin nicht s. 32 30
Mario Čerkez nicht s. 15 6
Ivan Čermak nicht s. Freispruch Freispruch
Ranko Češić schuldig 18 -- keine Berufung
Valentin Ćorić nicht s. laufend
Zejnil Delalić nicht s. Freispruch Freispruch
Hazim Delić nicht s. 18 18
Rasim Delić nicht s. 3 -- keine Berufung (verstorben)
Miroslav Deronjić schuldig 10 -- keine Berufung
Slavko Dokmanović nicht s. vor Prozessende verstorben
Vlastimir Đorđević nicht s. 27 laufend
Damir Došen schuldig 5 -- keine Berufung
Simo Drljača vor Prozessbeginn verstorben
Đorđe Đukić nicht s. vor Prozessende verstorben
Dražen Erdemović schuldig 10 5
Anto Furundžija nicht s. 10 10
Dušan Fuštar nicht s. ausgeliefert -- in Bosnien 9 Jahre Haft
Dragan Gagović vor Prozessbeginn verstorben
Stanislav Galić nicht s. 20 lebenslang
Ante Gotovina nicht s. 24 laufend
Zdravko Govedarica Anklage zurückgezogen
(?) Gruban Anklage zurückgezogen
Momčilo Gruban nicht s. ausgeliefert -- in Bosnien 7 Jahre Haft
Milan Gvero nicht s. 5 laufend
Goran Hadžić nicht s. Vorverfahren
Enver Hadžihasanović nicht s. 5 3,5
Sefer Halilović nicht s. Freispruch Freispruch
Ramush Haradinaj nicht s. Freispruch Aufhebung neue Anklage
Janko Janjić vor Prozessbeginn verstorben
Nikica Janjić vor Prozessbeginn verstorben
Gojko Janković nicht s. ausgeliefert -- in Bosnien 34 Jahre Haft
Goran Jelisić schuldig 40 40
Dragan Jokić nicht s. 9 9
Miodrag Jokić schuldig 7 7
Drago Josipović nicht s. 15 12
Radovan Karadžić nicht s. laufend
Marinko Katava Anklage zurückgezogen
Duško Knežević nicht s. ausgeliefert -- in Bosnien 31 Jahre Haft
Dragan Kolundžija schuldig 3 -- keine Berufung
Dragan Kondić Anklage zurückgezogen
Dario Kordić nicht s. 25 25
Milojica Kos nicht s. 6 -- keine Berufung
Predrag Kostić Anklage zurückgezogen
Radomir Kovač nicht s. 20 20
Milan Kovačević nicht s. vor Prozessende verstorben
Vladimir Kovačević nicht s. ausgeliefert -- in Serbien verhandlungsunfähig
Momčilo Krajišnik nicht s. 27 20
Milorad Krnojelac nicht s. 7,5 15
Radislav Krstić nicht s. 46 35
Amir Kubura nicht s. 2,5 2
Dragoljub Kunarac nicht s. 28 28
Mirjan Kupreškić nicht s. 8 Freispruch
Vlatko Kupreškić nicht s. 6 Freispruch
Zoran Kupreškić nicht s. 10 Freispruch
Miroslav Kvočka nicht s. 7 7
Goran Lajić Anklage zurückgezogen
Esad Landžo nicht s. 15 15
Vladimir Lazarević nicht s. 15 laufend
Fatmir Limaj nicht s. Freispruch Freispruch
Paško Ljubičić nicht s. ausgeliefert -- in Bosnien 10 Jahre Haft
Milan Lukić nicht s. lebenslang laufend
Sredoje Lukić nicht s. 30 laufend
Sreten Lukić nicht s. 22 laufend
Zoran Marinić Anklage zurückgezogen
Mladen Markač nicht s. 18 laufend
Milan Martić nicht s. 35 35
Vinko Martinović nicht s. 18 18
Željko Mejakić nicht s. ausgeliefert -- in Bosnien 21 Jahre Haft
Radivoje Miletić nicht s. 19 laufend
Slobodan Miljković vor Prozessbeginn verstorben
Dragomir Milošević nicht s. 33 29
Slobodan Milošević nicht s. vor Prozessende verstorben
Milan Milutinović nicht s. Freispruch Freispruch
Ratko Mladić nicht s. Vorverfahren
Darko Mrđa schuldig 17 -- keine Berufung
Mile Mrkšić nicht s. 20 20
Zdravko Mucić nicht s. 7 9
Agim Murtezi Anklage zurückgezogen
Isak Musliu nicht s. Freispruch Freispruch
Mladen Naletilić nicht s. 20 20
Dragan Nikolić schuldig 23 20
Drago Nikolić nicht s. 35 laufend
Momir Nikolić schuldig 27 20
Mirko Norac nicht s. ausgeliefert -- in Kroatien 6 Jahre Haft
Dragan Obrenović schuldig 17 -- keine Berufung
Dragoljub Ojdanić nicht s. 15 laufend
Naser Orić nicht s. 2 Freispruch
Vinko Pandurević nicht s. 13 laufend
Dragan Papić nicht s. Freispruch Freispruch
Nedeljko Paspalj, Anklage zurückgezogen
Nebojša Pavković nicht s. 22 laufend
Milan Pavlić Anklage zurückgezogen
Momčilo Perišić nicht s. 27 Berufung möglich
Biljana Plavšić schuldig 11 -- keine Berufung
Milivoj Petković nicht s. laufend
Milutin Popović Anklage zurückgezogen
Vujadin Popović nicht s. lebenslang laufend
Slobodan Praljak nicht s. laufend
Dragoljub Prcać nicht s. 5 5
Draženko Predojević Anklage zurückgezogen
Jadranko Prlić nicht s. laufend
Berislav Pušić nicht s. laufend
Miroslav Radić nicht s. Freispruch Freispruch
Mlađo Radić nicht s. 20 20
Ivica Rajić schuldig 12 -- keine Berufung
Mitar Rašević nicht s. ausgeliefert -- in Bosnien 8,5 Jahre Haft
Željko Ražnatović „Arkan“ in Belgrad ermordet
Nikola Šainović nicht s. 22 laufend
Ivan Šantić Anklage zurückgezogen
Vladimir Šantić nicht s. 25 18
Dragomir Šaponja Anklage zurückgezogen
Željko Savić Anklage zurückgezogen
Vojislav Šešelj nicht s. laufend
Duško Sikirica schuldig 15 -- keine Berufung
Franko Simatović nicht s. laufend
Blagoje Simić nicht s. 17 15
Milan Simić schuldig 5 -- keine Berufung
Pero Skopljak Anklage zurückgezogen
Veselin Šljivančanin nicht s. 5 17 auf 10 Jahre reduziert
Milomir Stakić nicht s. lebenslang 40
Jovica Stanišić nicht s. laufend
Mićo Stanišić nicht s. laufend
Radovan Stanković nicht s. ausgeliefert -- in Bosnien 20 Jahre Haft
Bruno Stojić, nicht s. laufend
Vlajko Stojiljković vor Prozessbeginn verstorben
Pavle Strugar nicht s. 8 7,5
Nedjeljko Timarac Anklage zurückgezogen
Duško Tadić nicht s. 20 20 nachträglich weitere Anklage
weiteres Urteil von 25 Jahren
zweites Berufungsurteil: 20 Jahre
Miroslav Tadić nicht s. 8 -- keine Berufung
Momir Talić nicht s. vor Prozessende verstorben
Johan Tarčulovski nicht s. 12 12
Stevan Todorović schuldig 10 -- keine Berufung
Savo Todović nicht s. ausgeliefert -- in Bosnien 12,5 Jahre Haft
Zdravko Tolimir nicht s. laufend
Milorad Trbić nicht s. ausgeliefert -- in Bosnien 30 Jahre Haft
Mitar Vasiljević nicht s. 20 15
Zoran Vuković nicht s. 12 12
Simo Zarić nicht s. 6 -- keine Berufung
Milan Zec. Anklage zurückgezogen
Dragan Zelenović schuldig 15 15
Zoran Žigić nicht s. 25 25
Stojan Župljanin nicht s. laufend

Quelle: [10]
*) Die Zahl bezeichnet die Haftdauer in Jahren; „laufend“ bedeutet laufendes Verfahren noch ohne Urteil

Wenn es kein Berufungsurteil gibt wurde entweder auf die Berufung verzichtet oder diese als unbegründet verworfen, weil im Antrag keine gravierende Fehleinschätzung der 1. Instanz behauptet und begründet worden war.

Kritik

Kosta Čavoški, serbischer Professor für Völkerrecht, dem wegen behaupteter Verbindungen zu Kriegsverbrechern die Einreise nach Bosnien-Herzegowina nicht mehr gestattet ist[11], kritisierte unter anderem, dass das Tribunal völkerrechtswidrig gegründet worden sei. Es basiere auf einer großzügigen Interpretation des Kapitels VII der UN-Charta, in dem von „besonderen Maßnahmen, um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren oder wiederherzustellen“ die Rede sei.[12] Angeklagte wie der ehemalige serbische Präsidenten Slobodan Milošević seien in verfassungswidriger Weise entführt oder ausgeliefert worden.[12] Dieser sei auch nicht ordnungsgemäß medizinisch behandelt worden.[13] Dieser Argumentation folgt der Rechtswissenschaftler Konstantinos D. Magliveras, der beklagt, dass das Tribunal seine eigenen Regeln nach Belieben gestalte und keiner unabhängigen Kontrolle unterstehe. Da der Ankläger ein Organ des Tribunals sei, komme ihm eine dominierende Stellung im Verfahren zu. Aussagen von Zeugen, deren Identität vom Gericht geheim gehalten werde, seien als Beweismittel zulässig. [14] Ebenso sei zu kritisieren, dass keine Appellationsmöglichkeit für verurteile Angeklagte gegeben sei. Norman Paech, emeritierter Hochschullehrer und Politiker der Linken, ist der Ansicht, dass das Tribunal politisch instrumentalisiert werde[15]. Weiterhin hieß es, dass sich das Tribunal nur für Verbrechen interessiere, die von Tätern ehemals jugoslawischer Nationalität verübt worden seien, während Hinweisen auf Kriegsverbrechen von NATO-Mitgliedsstaaten nicht nachgegangen werde.[16][17] Schließlich würden Angeklagte serbischer Nationalität gegenüber anderen benachteiligt: Während viele muslimische oder kroatische Angeklagte mit verhältnismäßig geringen Haftstrafen davonkämen, würden Angeklagte wie zum Beispiel Biljana Plavšić meist zu langen Haftstrafen verurteilt.[12]

Dagegen hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am 4. Mai 2000 im Fall Naletilic gegen Kroatien entschieden, dass das Jugoslawien-Tribunal ein internationales Gericht sei, das in Anbetracht des Inhalts seines Statuts und seiner Prozessordnung alle notwendigen Sicherheiten für einen fairen Prozess biete, einschließlich derjenigen der Unbefangenheit und Unabhängigkeit (in view of the content of its Statute and Rules of Procedure, offers all the necessary guarantees including those of impartiality and independence).[18]

Siehe auch

Literatur

Quellen

  1. Resolution 1503 vom 28. August 2003 (englisch)
  2. „SECURITY COUNCIL APPOINTS SERGE BRAMMERTZ, FORMER LEAD INVESTIGATOR OF LEBANESE PRIME MINISTER’S DEATH, TO HEAD INTERNATIONAL TRIBUNAL FOR FORMER YUGOSLAVIA“, Resolution 1786 des UN-Sicherheitsrates, 28. November 2007
  3. ICTY-Jahresbericht 2007, pdf 198 kb, S.23-25, ICTY-Jahresbericht 2006, pdf 222 kb, S.24, ICTY-Jahresbericht 2005, pdf 405 kb, S. 47, 61, Seite mit allen ICTY-Jahresberichte seit 1994
  4. [1] Budget und Personal laut ICTY
  5. [2]
  6. [3]
  7. http://www.un.org/icty/cases-e/factsheets/procindex-e.htm
  8. offizielle Anklagestatistik des Tribunals
  9. Eintrag auf der Website des ICTY
  10. [ http://www.icty.org/action/cases/4] Case Information Sheet
  11. Bosnia to expel Serbian professor, B92, June 4, 2008
  12. a b c Kosta Čavoški: The Hague against Justice, Center for Serbian Studies, Belgrade 1996
  13. Jonathan Widell, Dr Patrick Barriot and Jacques Vergès: Moscow Calling. Why Milošević was never trated in Russia? serbianna.com, 25. August 2006
  14. Konstantinos D. Magliveras: "The Interplay Between the Transfer of Slobodan Milosevic to the ICTY and Yugoslav Constitutional Law" In: EJIL (2002), Vol. 13, No. 3, pp. 661-677.
  15. Sinn und Missbrauch internationaler Gerichtsbarkeit, AG Friedensforschung an der Uni Kassel
  16. Paolo Benvenuti: The ICTY Prosecutor and the Review of the NATO Bombing Campaign against the Federal Republic of Yugoslavia, EJIL (2001) Vol. 12, No. 3, pp. 503-529
  17. Avner Gidron & Claudio Cordone: Faut-il juger l'OTAN? Le Monde Diplomatique, Juli 2000
  18. European Court of Human Rights, Decision as to the Admissibility of Application no. 51891/99 by Mladen Naletilić against Croatia, 4. Mai 2000

Weblinks

52.0944444444444.2844444444444

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