Stift Essen

Stift Essen
Das Wappen des Stifts Essen: Krummstab und Schwert hinter dem Schild stehen für die geistliche und weltliche Gewalt der Äbtissinnen. Der Schild selbst ist zusammengesetzt aus den Einzelwappen der vier Territorien des Stifts: Schwerter und Lorbeerkranz für das eigentliche Stift, Pfeile und Kugeln für die Herrschaft Breisig, Kreuz und Fluss für das Stift Rellinghausen und das Rad mit Krone für die Herrschaft Huckarde
Das Essener Münster, ehem. Kirche des Damenstifts, von der Südseite aus gesehen
Die Goldene Madonna wurde über Jahrhunderte im Stift Essen aufbewahrt und verehrt

Das Stift Essen war ein Frauenstift, das von ungefähr 845 bis 1803 bestand. Das Stift war die Keimzelle für die Entwicklung der Stadt Essen. Die Stiftskirche, das Essener Münster, dient heute dem Ruhrbistum als Kathedrale. Der erhaltene Kirchenschatz umfasst einige der bedeutendsten ottonischen Kunstwerke wie auch Kunstschätze späterer Epochen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Quellenlage für die Zeit bis etwa 946 ist sehr ungünstig. Um diese Zeit brannte das Stift nieder, wodurch die Kirche beschädigt und Archive wie Bibliothek vernichtet wurden. Das Stift wurde vor 850 von einer Adelsgruppe um den sächsischen Adligen Altfrid († 874), den späteren Bischof von Hildesheim (851-874), in der Nähe eines Königshofes(?) Astnidhi gegründet, von dem sich der spätere Name von Stift und Stadt ableitet. Erste Äbtissin war Gerswit, vermutlich eine Verwandte Altfrids. Die erste Erwähnung findet sich in der um 864 entstandenen dritten Vita des Heiligen Liudger, des Gründers der benachbarten Abtei Werden, in Form eines Wunderheilungsberichts. Das geheilte Mädchen Amalburga nahm den Schleier und trat in das „monasterio sanctimonialium, quod Astnidhi appellatur“ ein. Vermutlich starb mit der Äbtissin Gersuith II. die Gründersippe aus.

Danach war das Stift möglicherweise Eigenkloster der Hildesheimer Bischöfe. König Lothar II. (855-869) schenkte dem Stift die Villae Homberg und Kassel bei Duisburg. Um 860 schenkte Ludwig der Deutsche dem Stift einen Hofverband in Huckarde und andere, nicht zu verortende Besitztümer, zudem das Salland mit seinen Hofverbänden Archem, Olst und Irthe in der Provinz Overijssel. Karl III. schenkte dem Stift einen Weinberg bei Godesberg, Zwentibold von Lothringen schenkte ihm 898 linksrheinische Gebiete, die allerdings wieder verloren gingen.

Bald wurde ein Interesse der Liudolfinger erkennbar, Einfluss in Essen zu gewinnen. Schon Herzog Otto von Sachsen schenkte dem Stift die Villikation Beek bei Duisburg. Der genaue Zeitpunkt, an dem das Stift reichsunmittelbar wurde, ist nicht sicher, vermutlich war es in der Regierungszeit König Konrads I.

Seine Blütezeit erlebte das Stift ab Mitte des 10. Jahrhunderts unter fünf aufeinanderfolgenden Äbtissinnen aus dem Geschlecht der Liudolfinger. Mathilde II, Enkelin Kaiser Ottos I. führte das Stift von etwa 973 bis 1011, unter ihr kamen die bedeutendsten Kunstschätze des Essener Domschatzes nach Essen. Auch ihre beiden Vorgängerinnen Hathwig und Ida und ihre beiden Nachfolgerinnen Sophia und Theophanu entstammten dem liudolfingischen Geschlecht und mehrten damit Reichtum und Einfluss des Stiftes. 1228 wurden die Äbtissinnen erstmals als Fürstin bezeichnet, ab 1300 nahmen sie zunehmend ihre Residenz in Borbeck. Es entstand eine Herrschaft zwischen den Flüssen Emscher und Ruhr, zu der die Stadt Essen gehörte. Deren Bestrebungen, Reichsstadt zu werden, wurden vom Stift 1399 und endgültig 1670 vereitelt.

Im Norden des Territoriums befand sich seit 1073 das Kloster Stoppenberg, im Süden das Stift Rellinghausen. Zu den Besitzungen des Stifts gehörte auch die Umgebung um Huckarde, an der Grenze zur Grafschaft Dortmund und vom Essener Territorium durch die Grafschaft Mark getrennt.

Das Stift besaß rund zwei- bis dreitausend Besitztitel in der Umgebung, im Vest Recklinghausen, am Hellweg sowie um Breisig und bei Godesberg. Insgesamt gehörten rund 40 Grundherrschaften dazu, abgesehen vom Salland, rheinaufwärts bis in die Gegend von Andernach, genauer Breisig. Verstreuter Besitz bestand zudem in Westfalen und an der Lahn um Fronhausen südlich von Marburg.

Von 1512 bis zur Auflösung gehörte die Reichsabtei zum Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis. Die Äbtissin gehörte seit 1653 dem Rheinischen Reichsprälatenkollegium an.

1495 schloss die Abtei einen Erbvogteivertrag mit den Herzögen von Kleve und Mark, wodurch das Stift Essen einen Teil seiner politischen Unabhängigkeit, in der Form, sich selbst einen Vogt zu wählen, verlor. Seit August 1802 war das Territorium von preußischen Truppen besetzt. Im Zuge der Säkularisation wurde das Stift im Jahre 1803 aufgelöst. Das drei Quadratmeilen große Gebiet des geistlichen Territoriums ging 1803 an Preußen, gehörte von 1806/1807 bis 1813 zum Großherzogtum Berg, und gelangte danach wieder an Preußen. Die letzte Äbtissin, Maria Kunigunde von Sachsen, starb am 8. April 1826 in Dresden.

Siehe auch

Literatur

  • Ute Küppers-Braun: Macht in Frauenhand – 1000 Jahre Herrschaft adeliger Frauen in Essen. Essen 2002, ISBN 3-89861-106-X.
  • Katrinette Bodarwé u. Thomas Schilp (Hrsg.): Herrschaft, Liturgie und Raum – Studien zur mittelalterlichen Geschichte des Frauenstifts Essen. Klartext Verlag, Essen 2002, ISBN 3-89861-133-7.
  • Günter Berghaus, Thomas Schilp u. Michael Schlagheck (Hrsg.): Herrschaft, Bildung und Gebet. Klartext Verlag, Essen 2000, ISBN 3-88474-907-2.
  • Thomas Schilp: Die Grundherrschaftsorganisation des hochadligen Damenstifts Essen. Von der wirtschaftlichen Erschließung zur politisch-administrativen Erfassung des Raumes, in: Vergessene Zeiten. Mittelalter im Ruhrgebiet (Ausstellungskatalog), Bd. 2, hg. von Gudrun Gleba und Ferdinand Seibt, Essen 1990, S. 89–92, ISBN 3-89355-052-6.
  • Thomas Schilp (Hrsg.): Reform – Reformation – Säkularisation. Frauenstifte in Krisenzeiten, Klartext Verlag, Essen 2004, ISBN 3-89861-373-9
  • Thomas Schilp (Hrsg.): Frauen bauen Europa. Internationale Verflechtungen des Frauenstifts Essen. Klartext Verlag, Essen 2011, ISBN 978-3-8375-0672-3
  • Thomas Schilp (Bearb.): Essener Urkundenbuch. Regesten der Urkunden des Frauenstifts Essen im Mittelalter. Band 1 von der Gründung um 850 bis 1350, Droste Verlag, Düsseldorf 2010, ISBN 978-3-7700-7635-2
  • Essen und die sächsischen Frauenstifte im Frühmittelalter. Klartext Verlag, Essen 2003, ISBN 3-89861-238-4.
  • Martin Hoernes/ Hedwig Röckelein (Hrsg.): Gandersheim und Essen – Vergleichende Untersuchungen zu sächsischen Frauenstiften, Klartext Verlag, Essen 2006, ISBN 3-89861-510-3.

Weblinks


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