- Stift Reichersberg
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48.33694444444413.360555555556Koordinaten: 48° 20′ 13″ N, 13° 21′ 38″ O
Das Stift Reichersberg ist ein Kloster der Kongregation der österreichischen Augustiner-Chorherren. Es liegt am Inn im oberösterreichischen Reichersberg.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Das Kloster wurde 1084 durch Dietburga und Wernher von Reichersberg (aus der Hemma-Askuin-Familie) gegründet. Sie wählten als Patron den heiligen Erzengel Michael. Eine Gründungsurkunde besteht für das Stift nicht, es wurde auch in späterer Zeit keine „nachträglich angefertigt“, wie es damals oft geschah. Erste Aufzeichnungen des Stifts beginnen Mitte des 12. Jahrhunderts.
Der einzige Sohn der Stifter namens Gebhard verstarb früh. Er ertrank im Inn bei einem Jagdunfall. Das nun kinderlose Paar wandelte die bisherige Burg Reichersberg in ein Kloster um, was Wernhers Bruder sehr enttäuschte, da dieser auf das Erbe gehofft hatte. Aus diesem Streit heraus war die Existenz des Klosters mehr als einmal vom Scheitern bedroht. Zum Kloster gehörten auch Gebiete außerhalb, zum Beispiel ein Weinberg in Aschbach a. d. Donau und Besitz am Millstättersee.
Das Gebiet lag damals im Gebiet der Diözese Passau, aber auch im Einflussbereich des Salzburger Erzbischofs. Der Stifter Wernher war mit dem Salzburger Erzbischof Gebhard von Helfenstein verschwägert und bat diesen, der sich noch bis 1086 im Exil befand, um Schutz für seine Gründung. Wernher bedang sich aus, dass das Kloster direkt dem Salzburger Vogt unterstehen solle und nicht etwa einem Untervogt. Vor allem im 12. Jahrhundert konnte der Adel über die Herrschaft in Erbvogteien seine Macht ausbauen und daher gewann diese Bedingung für die Schreiber der Reichersberger Chronik wohl an Bedeutung.
Welche Glaubensgruppe zu Beginn im Kloster tätig war, ist nicht bekannt, die Chronik aus dem 12. Jahrhundert spricht von Kanonikern nach Regeln des heiligen Augustinus, aber dies ist wie ihre Herkunft nicht gesichert. Wernher trat selbst bei und starb vermutlich vor 1086, erst um 1470 wurde für die Stifterfamilie ein Grabmal errichtet, welches man in der Stiftskirche bewundern kann.
Nach dem Tod Wernhers wurden die Chorherren mehrmals vertrieben, der erste bekannte Propst Berwin (1110-1116) kehrte aus diesem Grund mit einem Teil der Chorherren nach Sachsen zurück. Auch der zweite Propst Gottschalk (1122-1132) konnte sich nicht halten, aber immerhin 1126 die Stiftskirche des heiligen Erzengels Michael einweihen.
Erst Propst Gerhoch (1132-1169) konnte das Stift zur ersten Blüte führen. Gerhoch ist schon vor seiner Zeit als Propst als radikaler Theoretiker der Chorherren-Reform bis hin zu Papst Innozenz II. bekannt. Gerhoch verfasste auch mehrere wichtige Werke seiner Zeit. Er wurde 1132 vom Salzburger Erzbischof Konrad I. berufen, um das bedrohte Stift zu bewahren. Es gelang ihm trotz feindseliger Nachbarn eine solide Grundlage zu schaffen. Dazu gehört zum Beispiel das Chorfrauenkloster, das von 1137 bis ins 15. Jahrhundert bestand, sowie das Hospital, das in der Mitte des 12. Jahrhundert eingerichtet wurde. Bei einer Reise nach Rom im Jahre 1142 bat er erfolgreich um päpstlichen Schutz für das Doppelkloster und seine Besitzungen. Bis 1144 wurden auch Streitigkeiten mit Passau beigelegt.
Von Erzbischof Konrad erhielt das Stift 1144 Zehnte für das Gebiet der Pfarreien Pitten und Bromberg an der niederösterreichisch-ungarischen Grenze, was bis 1149 genug Geld für eine eigene Kapelle der Chorherren einbrachte. 1153 konnte der Besitz um das nahe Gut Münsteuer erweitert werden und drei Jahre später übertrug der Passauer Bischof Konrad auch die dazugehörige Pfarrei zur seelsorgerischen Betreuung. Der Streit mit Erchenbert von Stein von der nahen Burg Stein um Münsteuer dauerte allerdings bis zur Klärung durch Heinrich den Löwen im März 1156 an.
Einen kaiserlichen Schutzbrief konnte Gerhoch im Jahre 1162 von Friedrich I. erbitten, fiel aber bald in Ungnade, da er im Investiturstreit wie der Salzburger Erzbischof Konrad II. auf Seiten des Papstes stand. Nach der Verhängung der Reichsacht über Salzburg plünderte Heinrich von Baumgarten, ein Sohn von Erchenbert, zuerst am 27. Oktober 1166 das streitige Lehen Münsteuer zweimal und brannte das Stift 1167 nieder. Gerhoch konnte erst 1168 zurückkehren und starb am 27. Juni 1169 im zwar verwüsteten, aber für die Zukunft gut gerüsteten Stift.
Die relativ kleine romanisch-gotische Klosteranlage ging 1624 zusammen mit der mittelalterlichen Bibliothek bei einem Brand fast vollständig verloren. Die Klosteranlage wurde bis 1695 im Stile des Barock neu errichtet. Im Neubau erhielten die Chorherren Einzelzimmer statt der bis dahin üblichen Gemeinschaftsräume.
1779 kam das bis dahin bayerische Stift durch die Abtretung des Innviertels im Frieden von Teschen an Österreich und entging damit der Säkularisation. 1839 bis 1928 gehörte dem Stift das Schloss Hackledt samt einem bedeutenden Grundbesitz.
In der NS-Zeit musste das Stift 1940 bis 45 eine Fliegerschule aufnehmen, wurde aber nicht aufgelöst.
Stift Reichersberg in der Gegenwart
Die Klosteranlage gruppiert sich um zwei Höfe. Die Liegenschaften werden von den Chorherren bis heute intensiv genutzt: Ein Gasthof bietet regionale Spezialitäten aus dem Innviertel an. Im Klosterladen sowie der Stiftsvinothek gibt es Spezialitäten aus österreichischen Klöstern. Das Stift produziert selbst Wein verschiedener Rebsorten, Liköre und Edelbrände. Im Stift ist zudem ein Bildungszentrum untergebracht, seit 2004 auch ein Kongress- und Veranstaltungszentrum mit Übernachtungsmöglichkeit. Neben dem jährlich stattfindenden Reichersberger Sommer mit Konzerten, Ausstellungen und Lesungen ist im Stift eine Dauerausstellung zu unbekannten Werken der Bildhauer-Familie Schwanthaler untergebracht. Der Konvent der Chorherren besteht heute (2011) aus 22 Mitgliedern, die in Seelsorge, Schule, Wirtschaft und Gästebetreuung tätig sind.
Pröpste des Stifts (Auswahl)
- Berwin 1110-1116
- Gottschalk 1122-1132
- Gerhoch von Reichersberg 1132-1169
- Arno 1169-1175, Bruder von Gerhoch
- Gerloch 1189-1194
- Heinrich I. 1218-1227
- Friedrich Graf von Ortenburg 1227-1231
- Ortholf von Teufenbach 1326-1329 und 1335-1346
- Paul Tellenpeck 1415-1468 († 25. Mai 1470)
- Bartholomäus Hoyer 1469-1482
- Matthäus Purkner 1495-1527 († 20. Juli 1527)
- Bernhard Strall 1548-1558
- Wolfgang Gassner 1558-1573 († 11. Mai 1573)
- Johann Radlmayr 1578-1581
- Thomas Radlmayr 1581-1588 - ein Vetter von Johann
- Magnus Keller 1588-1612
- Jakob Christian 1637–1643
- Adam Pichler 1650-1675 (*1606, †1675)
- Anton Ernst 1675-1685 (*1625, †1685)
- Theobald Antißner 1685-1704 (*1673, †1704)
- Hieronymus Schwegler 1704-1707 (*1656, †1707)
- Herkulan Kalchgruber 1707-1734 (*1664, †1737) - regte große Bautätigkeit an
- Matthias Führer 1735-1752 (*1688, †1752)
- Karl Stephan 1752-1770 (*1700, †1770)
- Ambros Kreuzmayr 1770-1810 (*1726, †1810)
- Petrus Schmidt (*1776, †1822)
- Anton Straub (*1780, †1860)
- Bernard Appel 1878-1899 (* 27. September 1815, † 7. September 1899)
- Konrad Meindl 1900-1915 (* 15. September 1844, † 14. Juli 1915)
- Roman Wörgerbauer (* 26. Februar 1866, † 30. August 1935)
- Gerhoch Weiß 1935-1946 (* 27. April 1880, † 7. Juli 1946)
- Eberhard Vollnhofer 1980-2005
- Werner Thanecker (seit 2005)
Siehe auch
Literatur
- 900 Jahre Augustiner-Chorherrenstift Reichersberg. OLV-Buchverlag, Linz 1983, ISBN 3-85214-330-6.
- Bernard Appel: Geschichte des regulirten lateranensischen Chorherrenstiftes des heiligen Augustin zu Reichersberg. Linz 1857 (Digitalisat)
- Konrad Meindl: Catalogus omnium canonicorum regularium Reichersbergensium a prima fundatione usque ad annum jubilaei 1884 e documentis fide dignis conscriptus. Feichtinger, Linz 1884 (später fortgesetzt durch Weiß)
- Dietmar Straub (Hrsg.): 900 Jahre Stift Reichersberg. Augustiner Chorherren zwischen Passau und Salzburg. Land Oberösterreich, Amt d. Oö. Landesregierung, Abt. Kultur, Linz 1984, (Ausstellungskatalog, Ausstellung des Landes Oberösterreich, 26. April bis 28. Okt. 1984 im Stift Reichersberg am Inn).
- Gerhoch Weiß (Hrsg.): Katalog der reg. lat. Chorherren des Stiftes Reichersberg am Inn. Reichersberg, 1948 (Fortsetzung von Meindl, Biographien der Chorherren aus den Jahren 1884 bis 1945)
Weblinks
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