Stiftsruine St. Georg (Goslar)

Stiftsruine St. Georg (Goslar)
Grundriss des Stift St. Georg zu Goslar nach den Grabungsergebnisssen von 1875-85
Turmfundament nordwestlich des Oktogonportals
Nordöstliche Apsis des Oktogons (im Hintergrund Nebengebäude und Choranbau)
Kreuzgang (Südgang)
Choranbau (Südlicher Nebenchor)
„Kaiser“-Säule

Die Stiftsruine St. Georg in Goslar geht auf eine Stiftsgründung Kaiser Konrads II. auf dem nördlich die Altstadt Goslars überragenden Georgenberg zurück. Das ehemalige Stift ist fast vollkommen verschwunden, lediglich Fragmente der Grundmauern sind erhalten. Diese können frei besichtigt werden.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Geschichte des dem heiligen Georg geweihten Stifts ist eng mit der Familie der Salier verknüpft. Das Totenverzeichnis des Stifts nennt Konrad II. als „fundator primus“, also ersten Gründer, Heinrich IV. als „zweiten Gründer“ und Heinrich V. als „besonderen Wohltäter“. Diese Entwicklung lässt sich anhand der archäologischen Funde nachvollziehen, obgleich die Salier auf noch ältere Vorgängerbauten zurückgreifen konnten.

Die ältesten Baureste

Bei Ausgrabungen in den Jahren 1963/64 hat sich, neben einigen wenigen noch älteren Bebauungsspuren, ein dem ersten Drittel des 10. Jahrhunderts zugehöriger, etwa 18,50 Meter langer Saalbau mit Ostapsis und Westempore als ältester Baukörper erwiesen.

Möglicherweise handelt es sich hierbei um die Kapelle einer bereits vor der heute noch erhaltenen Goslarer Kaiserpfalz vorhanden gewesenen Pfalz- oder Burganlage. Darauf deuten einige Aussagen verschiedener Quellen hin (etwa Thietmar von Merseburg, Adam von Bremen, Goslarer Domchronik). [1]

Das Oktogon Konrads II.

Westlich dieser Kapelle wurde um 1025 von Konrad II., die Ost-West-Achse der Kapelle aufnehmend, ein eingewölbtes Oktogon ähnlich der Aachener Pfalzkapelle errichtet. Die Nordsüd-Ausdehnung des Oktogons betrug an der Aussenseite etwa 27 Meter. Innen befand sich ein ebenfalls oktogonaler Kernraum (etwa 11 Meter Innendurchmesser) mit acht abgeknickten Pfeilern. Zwischen dem äußeren und dem inneren Oktogon befand sich ein etwa 4,50 Meter breiter Umgang.

Im Westen beschlossen zwei oktogonale Türme den Bau, dazwischen befand sich als Hauptzugang ein abgetrepptes Portal. Vor dem Portal soll sich nach einigen Quellen ein Paradies befunden haben, dies konnte archäologisch allerdings nicht nachgewiesen werden. An die beiden östlichen Schrägseiten schlossen sich im 5/8-Schluss ebenfalls oktogonale Apsiden an. Die gerade Ostseite beschloss eine halbkreisförmige Apsis, die bis unmittelbar an die Westseite der bereits vorhandenen älteren Kapelle reichte.

Der Choranbau Heinrichs IV.

Im Zeitraum zwischen 1065 und 1073 wurde unter Heinrich IV. diese alte Kapelle zu einem zweigeschossigen, dreischiffigen Choranbau umgestaltet. Dabei wich die halbkreisförmige Ostapsis des Oktogons einem Westriegel mit einem quadratischen zentralen und zwei kleineren, ebenfalls quadratischen, äußeren Türmen. Durch diesen Bau, der unmittelbar an die Ostseite des Oktogons angeklinkt wurde, wurde einerseits ein Durchgang zum Oktogon geschaffen, andererseits konnte so der Wölbungsdruck des Oktogons aufgenommen werden. Im Zentralturm befand sich möglicherweise eine Empore, auf die man über die beiden äußeren Treppentürme gelangte. An diesen Westriegel schloss sich ein Hauptchor mit Ostapsis und zwei Nebenchöre mit gegenüber der Hauptapsis um etwa 6 Meter zurückgesetzten Ostapsiden an. Der Choranbau hatte eine Länge (Ost-West) von etwa 23 Metern und eine Breite (Nord-Süd) von etwa 18 Metern.

Das gesamte Bauwerk (Oktogon und Choranbau) war nun etwa 55 Meter lang und maximal etwa 27 Meter breit.

Möglicherweise war bei diesem Umbau, wie beim Bau der nahegelegenen Harzburg, Bischof Benno II. von Osnabrück der verantwortliche Baumeister. [2]

Der Kreuzgang Heinrichs V.

Im Jahr 1108 schenkte Heinrich V. das bis dato reichsfreie Stift dem Hochstift Hildesheim und stattete es mit einigen Gütern aus. Weitere Güter erhielt das Stift von Heinrich 1120, um ganz gezielt weitere Ausbauten finanzieren zu können. Dabei handelte es sich wohl um den Bau des Kreuzgangs und einiger Nebengebäude, beispielsweise zwischen Kreuzgang und Choranbau. Für 1128 ist die Weihe dieser Erweiterungsbauten bezeugt. Vom Kreuzgang sind heute noch die Fundamentreste des Südgangs erhalten.

Die weitere Geschichte des Stifts

Zwischen 1124 und 1128 übernahmen die Augustiner-Chorherren das Stift.

1145 soll es einen größeren Brand im Stift gegeben haben, die Steterburger Annalen berichten von einem glänzenden Wiederaufbau unter Propst Gerhart.

1484/86 wurde das Stift im Zuge der „Großen Hildesheimer Fehde“ stark beschädigt, aber vom Hildesheimer Bischof wieder in Stand gesetzt.

Am 22. Juli 1527 entschieden die Goslarer Bürger, das Stift niederzubrennen und die Brandruine bis auf die Grundmauern zu schleifen. Sie wollten dadurch verhindern, dass Herzog Heinrich der Jüngere von Braunschweig-Lüneburg die strategisch günstige Lage des Stifts dazu nutzt, die Stadt im Zuge der Reformationsauseinandersetzungen von dort aus anzugreifen. Das gleiche Schicksal ereilte drei weitere außerhalb der Stadtmauern gelegene Kirchen. Seither blieb vom Stift nur die Ruine übrig. Der Konvent der Augustiner-Chorherren übersiedelte in das Stiftsvorwerk Grauhof, das bis zur Einführung der Reformation zum neuen Kloster ausgebaut wurde.

Eine erste archäologische Untersuchung fand in den Jahren 1875 bis 1885, eine zweite, unter der Leitung von Günther Borchers (s. Lit.), 1963/64 statt. Erst durch diese zweite Ausgrabung wurde die oben beschriebene Baureihenfolge ermittelt. So wurde beispielsweise die halbkreisförmige Apsis an der Ostseite des Oktogons in der ersten Grabung nicht erkannt und fehlt daher auch auf dem abgebildeten Grundriss.

Seit 1980 steht im Zentrum des Oktogons die „Kaiser“-Säule des Oldenburger Bildhauers Eckhart Grenzer. Die Krone wurde von dem Steinbildhauer symbolisch der alten deutsch-römischen Kaiserkrone nachgebildet, am Säulenschaft befindet sich ein Bleisiegel mit den Insignien des Künstlers.

Literatur

  • Günther Borchers: Die Grabungen und Untersuchungen in der Stiftskirche St. Georg zu Goslar. - in: Niederdeutsche Beiträge zur Kunstgeschichte ; 5, S. 9 - 60. - Dt. Kunstverlag, München, 1966
  • Günther Borchers: St. Georg. - in: Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern ; 35, S. 107 - 120. - Philipp von Zabern, Mainz, 1978
  • Heinrich Spier: Der Georgenberg als Stätte einer älteren Pfalz Goslar. - Goslar, 1991

Einzelnachweise

  1. vgl. hierzu: Spier, Der Georgenberg als Stätte einer älteren Pfalz Goslar.
  2. lt. Borchers, St. Georg, S. 118.

Weblinks

 Commons: Stiftsruine St. Georg (Goslar) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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